Wer immer schon gewusst haben will, dass Unternehmer und Unternehmen unseren Parteien fünf- oder sechsstellige Summen allein deswegen zustecken, um diese gewogen zu stimmen - nun, der liegt grandios daneben. Dass dieser Gedanke ziemlich realitätsfern ist, zeigt zum Beispiel eine Umfrage, die das Hamburger Abendblatt gerade unter den Hanseatischen Großspendern zu den Motiven ihrer finanziellen Wohltaten durchgeführt hat.
Da ist etwa die Berenberg Bank, Deutschlands ältestes privates Geldhaus. Natürlich seien die 531.000 Euro, die zwischen 2002 und 2009 als Spende an die CDU flossen, mit "keinen Auflagen verknüpft" gewesen, heißt es von Seiten der Bank. Alles andere hätte die Christdemokraten auch in eine missliche Lage gebracht. Man stelle sich vor, wie der CDU-Kassenwart beim Berenberg-Chef anruft und sagt: „Schade um das liebe Geld, aber wir dürfen es leider nicht annehmen. Das verbietet das Parteiengesetz.“ („Von der Befugnis der Parteien, Spenden anzunehmen ausgeschlossen sind … Spenden, die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden.“)
Die Berenberg-Bank, die das Vermögen von etwa 7.000 Millionären in ganz Europa verwaltet, verfolgt mit ihren Großspenden an die Christdemokraten, natürlich!, hehre Ziele. "Wir erachten die politische Willensbildung, die unter anderem durch Parteien stattfindet, als wichtig und unterstützen die Parteien bei ihren Aufgaben", erklärt ein Unternehmenssprecher. Auch der FDP wurde von Berenberg bei der politischen Willensbildung mit 65.000 Euro unter die Arme gegriffen. Das allerdings sind Peanuts angesichts eines Jahresüberschusses von 61,5 Millionen Euro, den das Geldhaus 2010 erwirtschaftete.
Aus ähnlich altruistischen Motiven wie die Berenberg Bank engagieren sich auch andere Unternehmer mit Großspenden an unsere Parteien. Gut 600.000 Euro ließen sich in den vergangenen Jahren die Clou Container Leasing GmbH und die Capital Lease GmbH des Hamburger Unternehmers Ian Karan ihre Unterstützung der CDU kosten - und zwar der Demokratie wegen. „Mir geht es um die Demokratie, nicht um eine einzelne Partei“, versicherte der Firmenchef, ein ehemaliger CDU-Wirtschaftssenator, gegenüber dem Hamburger Abendblatt. Er sei viel rumgekommen in seinem Leben und wisse deshalb, wie viel Elend es auf der Welt gebe. „Daher bin ich so froh, dass ich in einer lebendigen Demokratie leben darf.“ - Und nun, alle finanzschwachen, demokratischen Parteien, aufgepasst: „Wenn mich eine demokratische Partei um Hilfe bittet, helfe ich gern,“ verspricht der Mäzen. Die SPD ist offenbar schon vorstellig geworden. 14.500 Euro spendierte Karan den Sozialdemokraten im Wahljahr 2009, die CDU erhielt damals 220.000 Euro.
Die Bauunternehmer-Familie Bruhn, die der CDU bis 2009 rund 225.000 Euro gespendet hat, sieht ihre Zuwendungen als „Unterstützung für die wirtschafts- und gesellschaftspolitische Arbeit des ehemaligen Ersten Bürgermeisters Ole von Beust.“ Selbstverständlich, das betonen auch die Bruhns, seien die Großspenden "nicht mit irgendeiner Form von Auflagen oder Zweckbindung" einher gegangen.
In den Jahren 2008 und 2009 erfolgte der Spendenfluss aus dem Hause Bruhn auf das CDU-Parteikonto allerdings auffallend diskret. Im ersten Jahr überwiesen die beiden Eheleute jeweils 25.000 Euro, was den Vorteil hatte, dass sie Dank der getrennten Überweisungen unterhalb der 50.000 Euro-Grenze blieben, ab der eine Parteispende unverzüglich veröffentlicht werden muss. Und so wurden die Zuwendungen der Bruhns erst mit gut eineinhalbjähriger Verspätung im Rechenschaftsbericht der CDU bekannt - und zwar nach der Bundestagswahl 2009. Im Wahljahr selbst ließen die Bruhns der CDU sogar 75.000 Euro zukommen, aufgeteilt in drei gleich große Tranchen. 25.000 Euro fanden so den Weg von der Hermann Friedrich Bruhn GmbH & Co. KG an die CDU. Öffentlich wurden die drei Einzelspenden erst im Februar diesen Jahres.
Politische Willensbildung! Lebendige Demokratie! Wichtige gesellschaftspolitische Arbeit! Da möchte man sich als Staatsbürger aber so richtig freuen über soviel gemeinwohlorientierte Großzügigkeit! Aber irgendwie will man es diesen verantwortungsbewussten Unternehmern nicht so ganz abnehmen. Ausgerechnet sie wollen sich jahrelang über das Aktien- und GmbH-Gesetz hinweggesetzt haben? Denn dort ist geregelt, dass Vorstände und Geschäftsführer nur Geld zum Wohle ihres Unternehmens ausgeben dürfen, alles andere sei Untreue, wie der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim nicht müde wird zu predigen. Ans Wohl des eigenen Unternehmens will all die Jahre aber niemand gedacht haben, als er Hunderttausende Euros - vollkommen legal - vom Firmen- auf die Parteikonten transferierte?
Das schönste Motiv für eine großzügige Parteispende nannte übrigens eine Privatperson, die ihren Namen eigentlich nicht in der Zeitung sehen will. Aber ein Großspender, der über mehrere Jahre hinweg insgesamt 150.000 Euro an die CSU überwies, bleibt schon wegen der Veröffentlichungspflicht in den Rechenschaftsberichten nicht geheim. Und so erklärt Horst Möller, so heißt der Mann, dann doch öffentlich, warum er so gerne gibt: Aus Liebe zu Bayern. "Ich bin oft und gerne in Bayern, das ist meine politische Linie."
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