Lieferkettengesetz: So lobbyierten Unternehmen gegen Standards zu Menschenrechten | abgeordnetenwatch.de Direkt zum Inhalt
Lieferkettengesetz
So lobbyierten Unternehmen gegen Standards zu Menschenrechten
Eigentlich soll die große Koalition noch in diesem Jahr ein Lieferkettengesetz umsetzen, das deutsche Unternehmen auf stärkere Standards zu Umweltschutz und Menschenrechten verpflichtet. Doch wie interne Dokumente der Bundesministerien zeigen, laufen die Konzerne dagegen erfolgreich Sturm.
Die E-Mails der Unternehmen ans Bundeskanzleramt, Wirtschaftsministerium, Auswärtige Amt und Entwicklungsministerium belegen, dass vor allem die Arbeitgeberverbände einen besonders kurzen Draht ins Kanzleramt und Wirtschaftsministerium haben.
So wandte sich etwa Steffen Kampeter, der Hauptgeschäftsführer des BDA, vergangenes Jahr an den „lieben Helge“ Braun im Kanzleramt, und drohte damit, dass sich deutsche Unternehmen bei Zustandekommen des Gesetzes aus Ländern mit „herausfordernder Menschenrechtslage“ zurückziehen müssten.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier berichtete Kampeter sogar aus internen Prozessen der Bundesregierung. Bei der Vorbereitung einer Umfrage zum Lieferkettengesetz habe sich sein Ministerium „leider“ nicht „gegen die ganz überwiegende Mehrheit“ der Ministerien durchsetzen können. Für die „klaren Positionierungen“ des BDA bedankt sich Altmaier – sie seien „hilfreich“.
Industrie redet mit
Bei der Erarbeitung des Gesetzes setzt die Bundesregierung darauf, viele Unternehmen zu beteiligen. Das Wirtschaftsministerium setzte ein „Stakeholder-Meeting“ mit 22 Unternehmen an, das Auswärtige Amt traf sich im vergangenen Jahr mit dem VDMA. Das Entwicklungsministerium steht ebenfalls im Austausch mit dem Arbeitgeberverband BDA – der durch ein Kooperationsprojekt mit der staatsnahen GIZ sogar über GIZ-Mailadressen verfügt.
Nach Ende der Sommerpause wird sich entscheiden, ob die große Koalition noch bis zu den Bundestagswahlen im Herbst 2021 ein Lieferkettengesetz auf die Beine stellt – oder ob der Druck der Arbeitgeber auch angesichts der Corona-Krise zu stark ist.
Arne Semsrott
Der Autor ist Leiter unserer Partnerinitiative FragDenStaat.de. Über das Portal können alle Menschen Dokumente von Behörden per Informationsfreiheitsgesetz anfordern.