Die Verbindungen des Bundesinstituts für Risikobewertung zur Industrie #KurzErklärt

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist dem Ernährungsministerium unterstellt und soll den gesundheitlichen Verbraucherschutz stärken. Nun hat das Institut unsere Partnerorganisation FragDenStaat wegen der Veröffentlichung eines BfR-Gutachtens zu Glyphosat abgemahnt, das von der staatlichen Forschungseinrichtung als „nicht krebserzeugend“ eingestuft wird. Verbindungen zur Industrie lassen jedoch Zweifel an der Unabhängigkeit des BfR aufkommen. #KurzErklärt

von Martin Reyher, 08.04.2019
BfR-Berater aus der Chemie-Industrie (Ausschnitt)

Das ist passiert:

 

 

 

Tweet von FragDenStaat zur Abmahnung durch das BfR

 

 

 

 

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat unsere Partnerorganisation FragDenStaat kürzlich von einer Anwaltskanzlei abmahnen lassen. Der Grund: FragDenStaat hatte ein BfR-Gutachten zum umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat veröffentlicht. FragDenStaat beruft sich auf die Pressefreiheit und argumentiert, dass ein aus Steuermitteln finanziertes Gutachten frei zugänglich sein müsse. Das BfR missbrauche das Urheberrecht, um eine nicht genehme Veröffentlichung zu verhindern.

Das Problem:

Das BfR ist eine staatliche Einrichtung, die den gesundheitlichen Verbraucherschutz stärken soll. Eine wichtige Rolle spielte das Bundesinstitut bei der Bewertung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. Das BfR stuft das Pestizid als „nicht krebserzeugend“ ein, während andere Forscher – etwa von der Weltgesundheitsorganisation WHO – Glyphosat als „wahrscheinlich krebserzeugend“ bewerten.

Die Unabhängigkeit des BfR, das Ernährungsministerin Julia Klöckner untersteht, ist wegen Verbindungen mit der Industrie allerdings zweifelhaft. 

So wird das BfR u.a. von Vertreterinnen und Vertreter der Chemieindustrie beraten. In der BfR-Komission für "Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte" sitzen seit Jahren große Pestizidhersteller. Aktuell sind dies

  • BASF (Dr. Monika Bross, Dr. Ivana Fegert)
  • Bayer CropScience (Dr. Frank Pierre Laporte / Bayer übernahm 2018 den Glyphosat-Hersteller Monsanto)
  • Syngenta Crop Protection AG (Dr. Sandra Vogel)

Hersteller von Unkrautvernichtungsmitteln sind also daran beteiligt, die gesundheitlichen Risiken von Produkten aus ihrer Branche zu bewerten.

2017 kam heraus, dass das BfR in einem Risikobericht zu Glyphosat wesentliche Teile wortwörtlich von der Industrie übernommen hatte, ohne dies kenntlich zu machen. Unter anderem war dies laut Süddeutscher Zeitung bei besonders kritischen Stellen der Fall, in denen es um Krebsrisiken des Pestizids geht.

 

 

 

Bayer-Firmenschild vor BfR-Gebäude (Screenshot Report-München-Beitrag von 2012)

 

 

 

 

Auch räumlich kommen sich BfR und die Chemieindustrie mitunter sehr nahe. So unterhielt der Bayer-Konzern ein Büro im selben Gebäude wie das Bundesinstitut für Risikobewertung, enthüllte das ARD-Magazin Report München 2012 (s. Screenshot). Titel des Beitrags: "Lobbyisten im Amt – Wie unabhängig sind Experten des Bundesinstituts für Risikobewertung?"

Um erst gar keine Zweifel an seiner Unabhängigkeit aufkommen zu lassen, sollte ein staatliches, aus Steuergeldern finanziertes Institut wie das BfR großen Abstand zur Industrie halten und größtmögliche Transparenz schaffen.

Ob die Veröffentlichung des BfR-Gutachtens zu Glyphosat rechtmäßig war, lässt FragDenStaat nun vor dem Landgericht Berlin klären. Dort hat die Initiative eine negative Feststellungsklage eingereicht.

Quellen:

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