Frage an Wolfgang Ziller von Sandra M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Ziller,
Wirtschaftsminister Michael Glos fordert, dass das Atomkraftwerk in Grafenrheinfeld länger am Netz bleiben soll. Er schlägt sogar vor, neue Atomkraftwerke zu bauen. Was halten Sie davon? Ich persönlich finde, dass man den Menschen in Unterfranken nicht länger die Gefahren, die vom Atomkraftwerk Grafenrheinfeld ausgehen zumuten darf. Falls Sie auch dafür eintreten, aus der Kernenergie auszusteigen, würde ich gerne wissen, welche Alternativen die Partei Die Linke hier vorschlägt.
Sehr geehrte Frau Michalke,
gerne beantworte ihre Fragen.
Wir brauchen keine neuen gefährlichen Atomkraftwerke, deren Entsorgungsprobleme bis heute ungelöst sind und die in unmittelbarer Nähe die Kinder-Krebsrate eminent steigen lassen. Wir verlangen den konsequenten Ausstieg aus der Atomenergienutzung.
Zahlreiche bedrohliche Störfälle auch in deutschen Atomanlagen haben gezeigt, dass die Energieerzeugung durch Kernspaltung nicht zu beherrschen ist. Hinzu kommen Gefahren durch Zwischenlagerung, Wiederaufbereitung, Atommüll-Transporte und die völlig ungelöste Frage der Endlagerung. Äußerst umweltgefährdend und sehr teuer, insbesondere auch für nachfolgende Generationen ist diese Technologie samt ihren Folgen.
Es ist ein Skandal wie der stets schläfrig wirkende Müllermeister Glos, unser Wirtschaftsminister, aber auch die CDU/CSU mit dem so genannten Atom-Kompromiss umgehen. Das waren und sind nach wie vor verpflichtende Regierungsbeschlüsse, die es endlich umzusetzen gilt. Sie entsprechen sowohl einer Vereinbarung der Vorgänger-Regierung als auch der Großen Koalition. Außerdem liegen entsprechende Parlamentsbeschlüsse vor.
Verpflichtend war und ist für erneuerbare Energien zu sorgen. Stattdessen wurde das Ganze bewusst ausgesessen. Inzwischen benutzen Atomlobby und die hinter ihnen stehenden Konzernherren und Politiker die weltweite Klima-Diskussion, sowie die aus Spekulations- bzw. Profit-Gründen künstlich hochgetriebenen Energiepreise zur Erpressung mehrerer Regierungen in Europa und in der Welt. Sie wollen für wenige bestimmende Energie-Konzerne die profitableren längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke durchsetzen. Außerdem spekulieren sie auf staatlich geförderte Forschungseinrichtungen und Investitionsspritzen, damit sie modernere Kraftwerkstypen höchst gewinnbringend weltweit verkaufen können.
Spätestens bei der nächsten Bundestagswahl werden wir zum Gesamtproblem eine der ganz großen Auseinandersetzungen haben.
Der Anteil an der Energieerzeugung aus Kernkraft liegt in Deutschland z.Zt. weit unter 20 %. Mit gezielter Förderung erneuerbaren Energien hätte der Anteil längst ausgeglichen werden können. Dies wurde von Kernkraft-Befürwortern aus Industrie und Politik bisher vereitelt. Da muß endlich entschieden gegen gesteuert werden. In Hessen z.B. gibt es dazu eine Menge Vorschläge (von Rot-Grün), die auch für Bayern gut wären und die auch Die Linke unterstützt.
DIE LINKE fordert insgesamt einen beschleunigten und konsequenten Ausstieg aus der Atomenergienutzung. Die zukünftige Energieversorgung basiert auf dem cleveren Umgang mit Energie. Halbieren wir den Verbrauch bei Strom, Wärme und Kraftstoffen, kann der verbleibende Bedarf mit den erneuerbaren Energien gedeckt werden.
Die zusätzlichen Vorteile der Energiewende liegen auf der Hand: geringere Importabhängigkeit bei fossilen und nuklearen Brennstoffen, mehr wirtschaftliche Wertschöpfung in Deutschland und zukunftsfähige Arbeitsplätze. Geopolitisch wäre eine Abkehr von der fossil-nuklearen Energieversorgung ein wichtiger Beitrag zur Friedenssicherung.
DIE LINKE in Bayern unterstützt die "Energie-Vision Bayern" der Umweltverbände, nach der der Energieverbrauch im Freistaat bis 2030 halbiert werden soll. Unabhängig davon muss gelten, dass das Ziel "100% erneuerbare Energien" möglichst schnell erreicht und am Atomausstieg festgehalten wird.
Die Politik hat dafür die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen: Neben der Förderung erneuerbarer Energieträger und der Speichertechnologie Energiesparprogramme, Einführung intelligenter Stromzähler, Förderung der dezentralen Kraft- Wärme- Kopplung und dem Aufbau der dafür notwendigen Netzstrukturen.
Auch wenn man davon ausgeht, dass der Energieverbrauch bis 2020 bei einer aktiven Einsparpolitik spürbar sinken wird, können konventionelle Energieträger nur zum Teil durch regenerative innerhalb Bayerns ersetzt werden. Deren Anteil am Endenergieverbrauch liegt gegenwärtig bei 10%. Ein Neubau von Kohlekraftwerken als Ersatzkapazitäten wäre dagegen ein Weg in die Vergangenheit und ein Schlag gegen den Klimaschutz.
DIE LINKE wird im Landtag dafür eintreten, dass die Energieversorgung wieder zunehmend in die öffentliche Hand kommt. Es gilt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Rückkauf von Stadtwerksanteilen von E.ON oder anderen Energie-Versorgungs-Unternehmen befördern. Die bayerische Staatsregierung muss die Bundesregierung auffordern und unterstützen, die Übertragungsnetze eigentumsrechtlich von den Stromkonzernen zu trennen und in geeigneter öffentlicher Form zu übernehmen.
DIE LINKE stemmt sich außerdem dagegen, ärmere Haushalte von einem angemessenen Wärme- und Stromverbrauch auszuschließen. Sie fordert von den Stromversorgern Sozialtarife für Haushalte mit niedrigem Einkommen oder die Einführung kostenloser Grundkontingente.
Der Ausstieg aus der Atomenergie ist für Bayern eine große Chance. Das Land muss sich als Innovationsmotor für Energieeffizienz, regenerative Energien und moderne Energie-Managementsysteme profilieren.
Um sie wirklich umfassend zu informieren, habe ich mir u.a. erlaubt aus unserem Landtagswahl-Programm zu zitieren. Wenn sie weiteres über Die Linke wissen wollen, verweise ich auf diesen Link:
http://www.die-linke-bayern.de/wahlen/landtagswahl_2008/programm/
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Ziller