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Frage von Dalia E. •

Frage an Wolfgang Tiefensee von Dalia E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

1. Wie beurteilen Sie das Wählerverhalten sowie die daraus resultierenden Wahlergebnisse in den jeweiligen Landtagswahlen und welche eigenen Schlüsse ziehen Sie daraus in Bezug auf schwindende Mehrheitsverhältnisse der so genannten Volksparteien?

2. Sollte das Wahlsystem geändert werden? Wenn ja, wie kann es konkret demokratisch und verfassungsrechtlich reformiert werden, um Politik auch künftig dazu zu befähigen, zu gestalten und tragfähig zu regieren?

3. Teilen Sie die These, dass dem Denken einer Vielzahl der Politiker/-innen in Legislaturperioden dadurch entgegen gewirkt werden könnte, indem man sachthemenbezogene Politik praktiziert und hierbei als Politiker/-in auch bereit ist, Fraktionszwänge aufzugeben?

4. Wie beurteilen Sie das Thema "elektronische Wahl"?

5. Wie schätzen Sie die These ein, dass Koalitionsverträge das eigentliche politische Doing behindern, statt zu fördern?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau E.,

vielen Dank für Ihre Frage, die Sie wortgleich an verschiedene Abgeordnete gesendet haben.

Wie beurteilen Sie das Wählerverhalten sowie die daraus resultierenden Wahlergebnisse in den jeweiligen Landtagswahlen und welche eigenen Schlüsse ziehen Sie daraus in Bezug auf schwindende Mehrheitsverhältnisse der so genannten Volksparteien?

Die letzten Landtagswahlergebnisse, wie auch das Ergebnis der Europawahl, zeigen, dass sich das politische System und die Parteienlandschaft in Deutschland in den letzten Jahren deutlich verändert haben. Für mich und meine Partei zeigt diese Entwicklung klar auf, dass wir den Menschen neue Angebote machen müssen.

Ich glaube, dass die SPD wieder ihr eigenes Profil schärfen muss. Es bleibt dabei, die SPD steht für die drei Ziele: Soziale Ungerechtigkeiten beseitigen, wirtschaftlich vernünftig handeln und die Umwelt schützen. Wir müssen noch stärker auf unsere ureigenen Schwerpunkte Bildung und Arbeit setzen. Gleichzeitig müssen wir als Partei neue Wege gehen, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Mit dem derzeitigen Verfahren zum Bundes-Parteivorsitz binden wir beispielweise unsere Mitglieder und doe Öffentlichkeit direkt mit ein und werden zukünftig von einer Doppelspitze angeführt. Auf die lange Sicht bedeutet dies auch, dass wir auf neue Koalitionsoptionen setzen, die eine unverwechselbare sozialdemokratische Handschrift tragen.

Sollte das Wahlsystem geändert werden? Wenn ja, wie kann es konkret demokratisch und verfassungsrechtlich reformiert werden, um Politik auch künftig dazu zu befähigen, zu gestalten und tragfähig zu regieren?

Nein. Das System der Verhältniswahl bietet einen entscheidenden Vorteil: Das Parlament spiegelt durch die Verhältniswahl in hohem Maße das Ergebnis der Wahl wider. Gleichzeitig wird durch die Wahlkreisstimme die Anbindung der Menschen vor Ort ans Parlament durch ihren Direktkandidaten gesichert. Reine Mehrheitswahlsysteme schließen kleinere Parteien aus, wie man gut in den USA und in Großbritannien besichtigen kann.

3. Teilen Sie die These, dass dem Denken einer Vielzahl der Politiker/-innen in Legislaturperioden dadurch entgegen gewirkt werden könnte, indem man sachthemenbezogene Politik praktiziert und hierbei als Politiker/-in auch bereit ist, Fraktionszwänge aufzugeben?

Parlamentarier sind gehalten, zunächst die möglichst objektiven Fakten in ihrer Entscheidung zu berücksichtigen, Parteiideologie und doe Frage der Durchsetzbarkeit stehen zunächst hintan. Ich kann ihnen versichern, dass meine Partei und ich persönlich sachbezogene, faktenbasierte Politik praktizieren wollen, nicht immer gelingt das optimal. Grundsätzlich gilt zudem immer und jederzeit, dass jeder Abgeordnete in seinem Abstimmungsverhalten nur seinem Gewissen verpflichtet ist. Aber Politik hat auch etwas mit Durchsetzbarkeit zu tun, also mit Mehrheiten und politischer Macht. Deshalb muss eine Fraktion auch zusammenstehen können, auch wenn nicht jeder Einzelne nicht hundertprozentig überzeugt ist.

4. Wie beurteilen Sie das Thema "elektronische Wahl"?

Zum jetzigen Zeitpunkt sind die verschiedenen möglichen Optionen, wie eine Wahl digitalisiert oder elektronisch durchgeführt werden könnte, nicht ausreichend sicher, um die Integrität der Wahlentscheidung zu sichern. Ein Blick in die USA zeigt beispielsweise, dass mit Wahlcomputern durchgeführte Abstimmungen höchst anfällig für Fehler und/oder Manipulationen waren. In näherer Zukunft wird dies aber sicherlich auch eine Option sein.

5. Wie schätzen Sie die These ein, dass Koalitionsverträge das eigentliche politische Doing behindern, statt zu fördern?

Koalitionsverträge basieren auf Kompromissen, nur absolute Mehrheiten ermöglichen, die reine Lehre umzusetzen. Da in einer politischen Parteienlandschaft und einem Wahlsystem wie dem unseren Parteien also im der Regel Koalitionen eingehen müssen, um ihre Ziele zu verwirklichen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger, sollte eher die Frage sein, wie sich Koalitionen gestalten. Koalitionsverträge selbst sind die Zusage der Partner, Stabilität für die kommende Jahre für alle Koalitionspartner zu bieten und möglichst viele der eigenen politischen Projekte umzusetzen. Es ist eine Frage des Vertrauens, der politischen Zielsetzungen und der Frage nach Anpassungsfähigkeit an die Zeit, ob dann am Ende ein Koalitionsvertrag hinderlich wirkt oder nicht.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen beantworten und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Wolfgang Tiefensee