Frage an Wolfgang Tiefensee von Marianne H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Tiefensee,
ich glaube, wir sind uns einig, dass Bildung eine der drei elementaren Säulen eines Staates sind. Auch die Zukunft betreffend.
Gibt es eine Umfrage oder Daten dazu, wer von den Bundestagsabgeordneten, mithin Entscheidungsträgern, Kinder an öffentlichen Schulen haben?
Mich beschleicht nämlich der Zweifel, dass es einen Abgeordneten überhaupt betrifft, inwieweit der öffentliche Sektor des Bildungssystems mit Mitteln versorgt wird, weil deren Kinder alle an privaten Schulen unterrichtet werden.
Ich weiß, Bildung liegt in der Regelungshoheit der Länder. Aber ich glaube, auch da könnten wir schnell Einigkeit erzielen, dass der Bund da ein sehr viel gewichtigeres Wort mitreden könnte, wenn es den einzelnen Abgeordneten interessieren würde. Bundestagsabgeordnete kommen aus den Ländern!
Ich wünsche Ihnen viel Glück bei der Wahl.
Mit geneigtem Gruß
Marianne Hengstermann
Sehr geehrte Frau Hengstermann,
Sie können gewiss sein, dass Bildung auch uns Bundestagsabgeordnete angeht, wenngleich Bildung im Kern Sache der Bundesländer ist. Ich habe häufig Schulklassen zu Besuch im Bundestag oder in meinem Leipziger BüroCafé und besuche regelmäßig Schulen in meinem Wahlkreis. Um mit den Schülerinnen und Schülern und ihren Lehrerinnen und Lehrern zu diskutieren, aber auch, um mir vor Ort einen eigenen Eindruck zu machen.
Mir ist eine solche Umfrage nicht bekannt. So wie es allein in der Entscheidung jedes Elternpaares liegt, auf welche Schule ihr Kind gehen soll, so liegt diese Entscheidung auch allein bei den Eltern eines Kindes, bei denen ein Elternteil Abgeordnete oder Abgeordneter ist.
Ich stimme Ihnen zu, dass der Bund die Länder wieder stärker in der Bildungsfinanzierung unterstützen können soll. Es war meiner Meinung nach ein Irrweg, dass im Rahmen der Föderalismusreform ein Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern beschlossen wurde.
Das Kooperationsverbot ermöglicht gegenwärtig nur eine zeitlich begrenzte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, wenn es um die Finanzierung von Wissenschaft und Forschung geht, z.B. bei der Exzellenz-Initiative. Der SPD geht das nicht weit genug: wir wollen, dass der Bund zukünftig nicht nur Forschungsprojekte an Universitäten und Hochschulen längerfristig fördern darf – sondern z.B. auch den Ausbau von Kitas, Ganztagsschulen und Bildungshilfen für Behinderte.
Denn Bildung ist die zentrale Aufgabe für unsere Zukunft. Wenn wir nicht dafür sorgen, dass jedes Kind die bestmögliche Ausbildung erhält, dann wird bald nicht mehr hohe Arbeitslosigkeit, sondern der Mangel an Fachkräften die größte Bedrohung für unseren Wohlstand in Deutschland sein. Deshalb müssen wir in bessere Schulen, in Ganztagsbetreuung und in mehr Lehrer investieren. Das können Länder und Kommunen nicht allein stemmen. Da muss der Bund helfen, und deshalb muss das unsinnige Kooperationsverbot weg.
Die SPD will außerdem die staatlichen Bildungsausgaben massiv erhöhen. Ab 2014 wollen wir schrittweise aufbauend jährlich 20 Milliarden Euro mehr für Bildung investieren. Davon soll der Bund 10 Milliarden Euro bereitstellen. Die Länder sollen in ihrer eigenen finanziellen Handlungsfähigkeit so gestärkt werden, dass sie weitere 10 Milliarden Euro mehr in Bildung investieren können. Wir halten an dem Ziel fest, die staatlichen Bildungsausgaben in Deutschland mindestens auf das Durchschnittsniveau der OECD-Staaten zu heben. Dem Ziel von sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung kommen wir mit 20 Milliarden Euro mehr pro Jahr einen großen Schritt näher und schaffen damit die Grundlage für einen neuen Bildungsaufbruch in Deutschland.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Tiefensee