Frage an Walter Frölich von Lutz H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Dr. Frölich,
Mühlacker ist der Standort der Johann-Christoph-Blumhardt-Schule. Diese Schule wird laut Selbsbeschreibung durch ein "christlich-bibelgebundenes Schulprofil" geprägt ( http://www.jcbs-online.de/index.php?id=11 ).
Teil dieses Schulprofils ist nach Schulleiter Reinhard Wurster: "Gerade in einem Fach wie Biologie bekommen die Schüler sowohl die im Bildungsplan vorgeschriebene Evolutionstheorie als auch das biblische Schöpfungsmodell vermittelt." ( http://www.pz-news.de/Home/Nachrichten/Muehlacker/arid,226343_puid,1_pageid,87.html )
Wie stehen Sie zu dieser Art von Unterricht? Halten Sie den Unterricht der Naturwissenschaft Biologie für den angemessene Ort zur Vermittlung von Glaubensinhalten? Sind Sie der Meinung, dass die für einen erfolgreichen Biologieunterricht notwendige Vermittlung der kritischen, wissenschaftlichen Methode eine solche Erweiterung zulässt, ohne den Erfolg des gesamten Unternehmens Biologieunterricht zu gefährden?
Würden Sie als Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg verstärkt auf die Unterrichtsinhalte von Schulen in freier Trägerschaft Einfluss nehmen wollen?
Mit freundlichen Grüßen,
Lutz Horn
Sehr geehrter Herr Horn,
vielen Dank für Ihre höchst interessante Anfrage !
Zu deren ausführlicher Beantwortung bitte ich um einige Tage Geduld.
Wie das Leben so spielt, bin ich in diesem speziellen Fall nicht nur als Landtagskandidat - also auf der politischen Ebene - angesprochen, sondern auch - im naturwissenschaftlichen Umfeld - als Biologielehrer an einer (anderen) Schule mit freier Trägerschäft.
Vorab : auch die Evolutionstheorien bedürfen wie jede wissenschaftliche Hypothese von Zeit zu Zeit einer kritischen Überprüfung. Der Unterricht in einer Abiturklasse scheint mir hierfür besonders geeignet. Ich freue mich schon darauf, denn unter meinen Schüler/inne/n gibt es einige sehr wissbegierige und diskussionsfreudige junge Leute, und wir werden uns nach dem schriftlichen Abitur Ende März dieser Lehrplaneinheit zuwenden.
Mit den besten Grüßen
Dr. Walter Frölich
Sehr geehrter Herr Horn,
durch eine Umstellung im Lehrplan konnten meine Schülerinnen und Schüler und ich die LP-Einheit "Evolutionstheorien" mittlerweile abschliessen. Dieses Thema wird dann letztmalig Anfang April aktuell, als Teil der Biologie-Abitursprüfung.
Als Unterrichtsmaterial - in Folienprojektion - sehr bewährt haben sich Beiträge, die von Schülern höherer Klassen nach eigenem Erleben ins Internet gestellt worden sind, teilweise fehlerbehaftet sind und dadurch die Diskussion zusätzlich beleben. Ein Beispiel finden Sie im Anhang.
Wir haben diese Aussagen im Unterricht zerpflückt, und die Schüler/innen haben selbständig erkannt, dass es sich mehr um eine Auflistung von Behauptungen handelt, denn um eine einheitliche Theorie. Selbst eine klare Trennung nach Makro-, Meso- und Mikro-Ebene haben wir vermisst.
Ihr Postulat der "Naturwissenschaft Biologie" sehe ich auch deshalb als so nicht behauptbar an, da in meinen Augen die Biologie ein Konstrukt aus mehreren grundlegenden Naturwissenschaften darstellt, als da sind Physik, Chemie, (angewandte) Mathematik, davon schon abgeleitet z.B. Kernphysik, Biochemie, Molekularbiologie, Genetik, dann biologische Teilbereiche wie Botanik, Zoologie, Paläontogie etc. etc.
Ich habe den nachstehenden Text auch deshalb ausgewählt, weil in dem Abschnitt "Folgerungen der Paläontologie" die Entwicklungsschritte von den "niederen" zu den "höheren" Lebewesen in einer Abfolge dargestellt sind, die mit den Aussagen im Schöpfungsbericht der Genesis konform geht - sieht man von deren altertümlicher Ausdrucksweise einmal etwas ab und sich aber auf einen "Schöpfergott" beruft.
Ich vermute einmal, dass es genau das ist, was Sie stört.
Mich hingegen stört, dass im Text auf ein "materialistisches Weltbild" hingewiesen wird - was immer das sein mag - und somit die Suche nach einem "Faktor X" weitergeht, vermutlich bis zum Ende der Zeiten.
Eine schlüssige, wissenschaftlich abgesicherte These habe ich trotz einer Vielzahl von Deutungsversuchen in der Literatur noch nicht finden können.
Am meisten leuchtet mir noch Cuvier´s Kataklysmentheorie ein - aber da begeben wir uns schon in eine gefährliche Nähe zum "Schöpfungsbericht".
Was Sie nun von mir wissen wollten, aber sicher nicht in dieser Aussage:
- als Mandatsträger und Teil der Legislative würde ich mich nicht in die Lehrplangestaltung einmischen. Dies ist Aufgabe der Exekutive in Form der aufsichtsführenden Behörde, in diesem Fall des Regierungspräsidiums, hier Karlsruhe.
- als Mandatsträger würde ich eine Gesetzesinitiative mit dem Ziel, den Schöpfungsbericht aus dem Unterricht an Schulen in Freier Trägerschaft zu verbannen, weder einleiten noch unterstützen.
Ich bin mir sicher, Sie werden dafür genügend Unterstützer/innen unter den BIG FIVE - Union, SPD, FDP, Grüne, Linke - finden (ursprünglich ein von Großwildjägern im östl. und südl. Afrika kreierter Oberbegriff für : Elefant, Nashorn, Löwe, Leopard, Büffel).
Die ÖDP hat sich im Übrigen vom "Raubtierkapitalismus" immer fern gehalten, seit ihrer Gründung und ausgehend von ihrem Ursprung in der Grün Alternativen Zukunft (GAZ). Sie steht im Übrigen auch zu den wesentlichen christlichen Grundwerten.
Gerne stehe ich für weitere Fragen und Auskünfte zur Verfügung.
Mit ökologisch-demokratischen Grüßen
Dr. sc.agr. Walter Frölich