Frage an Volker Bulla von Birgit B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag!
Wie stehen Sie persönlich, bzw. ihre Partei zum bedingungslosen Grundeinkommen?
Mit freundlichem Gruß,
Birgit Bossbach
Sehr geehrte Frau Bossbach,
auch wer nicht arbeitet, muss ein Leben in Würde und Selbstbestimmung führen können. Diesem Anspruch sind die Arbeitsmarkt-Reformen und das Arbeitslosengeld II nicht gerecht geworden. Mit dem derzeitigen Satz von Hartz IV ist eine Teilhabe am sozio-kulturellen Leben nicht möglich. Wenn jemand zum dritten Computerkurs geschickt wird, obwohl schon die ersten beiden keine Vermittlungschancen eröffneten; wenn mit Einberufung zu sinnlosen Maßnahmen überprüft wird, ob jemand dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, obwohl der ihm gar kein Angebot machen kann; wenn junge Leute unter 25 Jahren gezwungen werden, wieder bei ihren Eltern einzuziehen, um volle Leistungen zu bekommen, dann wird die Würde von ALG-BezieherInnen missachtet.
Mit der grünen Grundsicherung wollen wir eine Grundabsicherung schaffen, die es mit der Selbstbestimmung und Würde von Menschen ohne Arbeit und in sonstigen Notlagen ernst nimmt. Wir wollen die Regelsätze für Erwachsene auf 420 Euro erhöhen. Sie müssen regelmäßig an die Lebenshaltungskosten angepasst werden. In besonderen Not- oder Lebenslagen müssen zusätzlich wieder individuelle Leistungen ermöglicht werden. Die Zahlung einer sozialen Grundsicherung soll weiterhin an die Bereitschaft geknüpft werden, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Aber wir wollen ihre Rechte gegenüber den Arbeitsagenturen stärken. Niemandem darf das Existenzminimum weggekürzt werden. Wir wollen die Zumutbarkeitsregeln beim Arbeitslosengeld II entschärfen, die die Notsituation der Menschen missbraucht und sie zu jeder Arbeit zwingt, auch unter Tarif oder außerhalb der Sozialversicherung. Wir wollen die Zuverdienstmöglichkeiten verbessern und die Anrechnung von Partnereinkommen reduzieren. Und wir wollen die private Altersvorsorge besser schützen.
Armut von Kindern hat viele Gesichter: Chancenarmut und Mangel an Entwicklungsmöglichkeiten, aber eben auch materielle Armut. Kinder kann man von 211 Euro nicht gesund ernähren, ausreichend einkleiden, mit Schul- und Bildungsmaterialien versorgen und angemessen an gemeinsamen Aktivitäten mit anderen teilhaben lassen. Für Kinder und Jugendliche brauchen wir deshalb endlich Regelsätze, die dem Bedarf von Kindern und Jugendlichen gerecht wird. Wir setzen uns für eine Kindergrundsicherung ein, die jedes Kind, entsprechend seiner individuellen Bedürfnisse fördert - damit jedes Kind, egal welcher Herkunft, eine Zukunft, bekommt.
Mir ist dabei bewußt, dass die grüne Grundsicherung nicht alle Forderungen eines bedingungslosen Grundeinkommens erfüllt, aus meiner Sicht ist es aber wichtig, hier als ersten Schritt einen wesentlichen Schritt in Richtung menschenwürdiger Sicherung des Existenzminimums zu begehen, der auch mehrheitsfähig ist. Darüber hinausgehende Fragestellungen werden auch in unserer Partei diskutiert und die Meinungsbildung ist hier - auch für mich - noch nicht abgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Bulla