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Verena Häggberg
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Frage von Katarina N. •

Frage an Verena Häggberg von Katarina N. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Häggberg,

Zur Familienpolitik hätte ich aber eine Frage:

"Die ödp fordert die Bezahlung der Erziehung: das Erziehungsgehalt“.

Was entgegnen Sie auf die Position einer anderen Partei:

> "Keinesfalls dürfen Prämien für häusliche Betreuung gezahlt werden, da zu befürchten ist, dass vor allem Kleinkinder, die aus sozial schwachen Familien kommen und daher besonders gefördert werden müssen, von der Frühförderung ausgeschlossen werden."

Das ist doch angesichts vieler Schreckensmeldungen in den Medien eine berechtigte Sorge - oder?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrte Frau Nagel,

der ödp geht es darum, die Benachteiligungen, die oft mit Kindererziehung verbunden sind zu beseitigen (geringere Rente, Abhängigkeit von einem Hauptverdiener, Arbeistlosenversicherung...) - und zwar für alle in gleicher Weise. Es kann nicht sein, dass besserverdienende Eltern mehr gefördert werden, wie es jetzt durch das Elterngeld passiert.

Das von der ödp geforderte Erziehungsgehalt als "Prämie für häusliche Betreuung" zu bezeichnen ist ziemlich frech. Mit Recht wurde ja auch das Wort "Herdprämie" zum Unwort des Jahres gekürt. Dann könnte man ja auch die 1000 EUR staatlicher Gelder, die ein Krippenplatz kostet, als "Krippenprämie" bezeichnen, mit der die Eltern gelockt werden sollen, ihre Kinder in eine Krippe zu geben.

Die Position der ödp ist, dass der Staat überhaupt keine "Prämie" zahlen soll. Er hat vielmehr die Leistung der Kindererziehung zu honorieren, da es sich dabei bei unserer heutigen Sozialgesetzgebung um eine Leistung handelt, von der nicht nur die Eltern, sondern auch Kinderlose, also alle profitieren.

Die Entscheidung, wie Kinder erzogen werden sollen, ordnet das Grundgesetz den Eltern zu. Nur dann, wenn Eltern nachweislich dieser Aufgabe nicht gerecht werden, hat der Staat das Recht und auch die Pflicht einzugreifen. Das ist auch gut begründet, da in der Regel die Eltern selbst am besten beurteilen können, was für ihr Kind gut ist, auf jeden Fall besser als irgendwelche staatliche Instanzen.

Dass "sozial schwache Eltern" ihre Kleinkinder schlechter betreuen ist ein Vorurteil. Außerdem habe ich auch schon Fälle von "Wohlstandsverwarlosung" erlebt. Sicher gibt es sehr ungünstige Verhältnisse etwa in Alkoholikerfamilien. Aber viele "sozial schwache Eltern" erziehen ihre Kinder gerade in den ersten Lebensjahren weit besser als viele akademisch gebildete Eltern. Sicher ist Armut auch ein Risiko für Kinder Aber es gäbe ja viel weniger "sozial schwache Familien", wenn sie das Geld zur Verfügung hätten, was ein Krippenplatz kostet, wenn sie also ein Erziehungsgehalt bekämen.

Die von mancher Seite heute zu hörende Behauptung, Kleinkinder seien in einer Krippe besser aufgehoben als zu Hause, steht in krassem Gegensatz zu allen praktischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen. Hier werden Ausnahmefälle zum Maßstab gemacht, bei denen tatsächlich eine Krippenbetreuung besser ist als zum Beispiel die Betreuung durch einen kranken oder unzufriedenen Elternteil.

Wenn in einer Krippe eine vergleichsweise intensive Zuwendung erfolgen sollte wie durch eine elterliche Bezugsperson, dürfte eine Betreuerin höchstens zwei bis drei Kleinkinder versorgen. Einen solchen Personalschlüssel gibt es aber in keiner Krippe. Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber von den derzeitigen Regierungsparteien soll die Ausnahme zur Regel erklärt werden.

In der Diskussion, gerade auch durch Frau von der Leyen, wird immer wieder die Betreuung von Kleinkindern (bis drei Jahre) und Kindergartenkindern durcheinander gebracht. Für Kinder von 4 bis 6 ist es sicher sehr wichtig, dass sie mit anderen Kindern zusammenkommen und gezielt gefördert werden, was übrigens auch durch Geschwister, Nachbarskinder und Eltern erfolgen kann. Aber bei Kleinkindern ist die Entwicklung des Urvertrauens zu mindestens einer festen Bezugsperson entscheidend. Hier werden die Grundlagen dafür gelegt, dass sich ein Kind stabil entwickeln kann und später nicht für Sucht, Kriminalität und Leistungsverweigerung anfällig ist, also die Vorraussetzung dafür, dass es überhaupt optimal bildungsfähig wird.

Wenn Frau von der Leyen ihre sieben Kinder durch andere betreuen ließ, ist das ihre Sache und nicht zu kritisieren. Aber sie hat nicht das Recht, ihre persönlichen Ansichten für alle zum Maßstab zu machen. Im Übrigen konnte sie als Tochter eines Ex-Ministerpräsidenten und Frau eines Professors es sich sicher leisten, ihre Kinder durch mehrere Betreuerinnen viel besser versorgen zu lassen, als es in irgendeiner Krippe möglich ist.

Ein Sonderproblem ist sicher die schon im Kleinkindalter notwendige Sprachförderung bei Migrantenkindern. Aber dazu ist die Krippe völlig ungeeignet. Kleinkinder können da untereinander kaum etwas voneinander lernen und die ErzieherInnen haben gar nicht die Zeit, mit jedem Kind so viel zu reden, wie das die Eltern in der Regel tun. Hier wären z. B. gemischte Krabbelgruppen von deutschen und ausländischen Eltern mit ihren Kindern viel effektiver und kostengünstiger. So etwas sollte allerdings massiv gefördert werden.

Tatsächlich profitieren von der einseitigen Krippenförderung, ganz ähnlich wie beim Elterngeld, in erster Linie besser verdienende Eltern. Das Elterngeld verschärft sogar die Kinderarmut, weil etwa 60 % der Eltern jetzt weniger Geld erhalten als beim früheren Erziehungsgeld. Das gilt vor allem für Mehrkinderfamilien, Geringverdienende und StudentInnen.

Herzlichst Verena Häggberg