Frage an Verena Häggberg von Gert H. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Die Finanzlage ist schlecht - die Renten sind ein globales Problem mit vielen Lösungsansätzen - jedoch mit der Gewissheit, dass auch trotz der Änderungen auf Dauer die Rentenkassen nicht voll genug sind!
Warum setzen Sie und Ihre Partei sich nicht dafür ein, dass Frauen gleich behandelt werden - beim Renteneintrittsalter!! Frauen arbeiten genauso wie Männer - wenn nicht sogar besser - Sie werden sogar älter als Männer - bekommen also auch mehr Rente! Aber warum sollen sie nicht auch so lange arbeiten wie Männer?
Liebe Grüße,
Gert Hildebrandt
Sehr geehrter Herr Hildebrandt,
zumindest seit 1957 besteht der grundlegende Konstruktionsfehler unseres Sozialsystems darin, dass zwar das von alters her in den Familien praktizierte Umlageverfahren auf die ganze Gesellschaft (zumindest auf die Gesamtheit der Arbeitnehmer) übertragen, aber der innere Zusammenhang zwischen Kindererziehungsleistung und Altersversorgung nicht beachtet wurde. Der Rentenanspruch wurde fast ausschließlich an Erwerbstätigkeit gekoppelt und sachwidrig an die Sozialabgaben gebunden. Diese Abgaben dienen aber im Umlageverfahren nur der Altersversorgung der Elterngeneration. Die Sozialabgaben sind daher *kein* Beitrag für die *eigene* Rente.
Das gegenwärtige System missachtet die Erziehungsleistung der Eltern, indem es ihnen weiter überwiegend die Kinderkosten überlässt, den „Ertrag“ der Kindererziehung in Form der Altersversorgung aber dem kinderlosen Bevölkerungsteil in der Regel in höherem Maß zuspricht als den Eltern. Hier liegt die weitaus wichtigste Ursache für die zunehmende relative Verarmung der Familien, die seit Jahrzehnten nachweisbar ist und die zu erheblichemWandel von Wertvorstellungen und Erziehungsbedingungen geführt hat. Die Gebote der Leistungsgerechtigkeit (Anerkennung der Elternleistung) und der Nachhaltigkeit (dauerhafte Funktionsfähigkeit des Systems) verlangen deshalb, dass der Zusammenhang zwischen dem Rentenanspruch und dem individuellen Aufwand für die Heranwachsenden wieder hergestellt wird.
Auch eine ganze Generation darf im Umlageverfahren nur in dem Umfang Altersversorgung fordern, wie sie selbst zuvor Leistungen für die Kinder erbracht hat. Sinken diese Leistungen, z. B. infolge eines Geburtenrückgangs, sind auch nur geringere Rentenforderungen zu rechtfertigen. Der sich ergebende Fehlbetrag ist von den gesparten Kinderkosten über Kapitaldeckung zu finanzieren.
Oft wird behauptet, durch die angestrebte Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre werde Nachhaltigkeit im Rentenrecht erreicht. Selbst wenn dadurch die Folgen der gestiegenen Lebenserwartung ausgeglichen werden können - vorausgesetzt die Arbeitslosigkeit kann vorher abgebaut werden - so verbleibt noch die durch den Geburtenrückgang verursachte Deckungslücke bei der Alterssicherung, die mehr als doppelt so groß ist. Ein Rentenkonzept, das Nachhaltigkeit beansprucht, muss somit vor allem eine Antwort darauf finden, wie diese Deckungslücke zu schließen ist. Auf Wirtschaftswachstum zu setzen, ist schon aus ökologischen Gründen abzulehnen.
Wird die fehlende Nachhaltigkeit im Sozialsystem nicht korrigiert, werden die dadurch verursachten überhöhten Lohnnebenkosten und Steuern zu weiterer Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland führen. Unser Sozialsystem bleibt damit mitverantwortlich für die hohe Arbeitslosigkeit. Die daraus folgenden sozialen Probleme werden dann die Lösung drängender ökologischer Aufgaben erschweren und sogar die bereits erreichten ökologischen Standards wieder gefährden.
Herzlichst
Verena Häggberg