Sehr geehrter Herr Schulz, welche politischen Instrumente kann die AfD anwenden, um die schicksalhaft steigende Inflation aufzuhalten?
Hintergrund: Das Jahr 2022 neigt sich dem Ende und die Europäische Zentralbank, die US-Notenbank Fed sowie die Bank of England erhöhen noch einmal die Zinsen. Ob das ein gutes Zeichen ist, bleibt abzuwarten.
Sehr geehrter Herr H.,
auch beim Geld gilt: Je größer das Angebot, desto geringer der Preis (in dem Fall: der Wert des Geldes). Inflation ist der in Prozent ausgedrückte Wert, mit der das Geld an Kaufkraft verliert bzw. das Preisniveau ansteigt. Bis zur Einführung des Euro war die Deutsche Bundesbank die „Hüterin der DM“ und strebte durch ihre Geldpolitik in der Regel ein Inflationsziel im Bereich zwischen 1,2 bis 2,0 Prozent an. Diese Aufgabe hat mit dem Euro die Europäische Zentralbank (EZB) übernommen. Durch geldpolitische Maßnahmen regelt die EZB die Geldversorgung und das Kreditangebot der Banken. Im Vordergrund steht das Ziel der Preisniveaustabilität, also den Wert des Geldes zu sichern.
Eine solche geldpolitische Maßnahme war das sog. „Quantitative Easing“ (quantitative Lockerung, QE), anders gesagt: Geldschöpfung durch die Zentralbank. Dabei kaufte die EZB schon vergebene, teure Staatsanleihen an, ersetzte diese durch zinsgünstige und schreibt den Banken im Gegenzug dafür Geld auf dem Zentralbankkonto gut.
Im ersten Schritt passierte dies im Zeitraum von 2015 bis Ende 2018 in Höhe von rund 2.500 Milliarden Euro, ein zweiter Schritt folgte dann im Zeitraum 2020 bis Ende 2021 mit weiteren ca. 2.300 Milliarden Euro. Ziel sollte sein, dass die Banken leichter Kredite für die Wirtschaft geben und somit das Wirtschaftswachstum ankurbeln sollten. Vorweggenommen: Dieser Effekt ist relativ verpufft.
Die QE-Politik hat daher vielmehr den Anschein, die Zinslast von hoch verschuldeten Euro-Ländern zu senken. Bereits vergebene, für den jeweiligen Staat teure Anleihen wurden durch neue und zinsgünstige Anleihen der EZB ersetzt. Diese sog. „monetäre Staatsfinanzierung“ durch die Notenpresse der EZB ist jedoch verboten. Daher wendete die EZB einen Taschenspielertrick an: Nicht sie selbst, sondern die Geschäftsbanken kauften die Staatsanleihen an, hielten sie für eine Sekunde in ihrem Bestand und verkauften die Anleihen dann an die EZB.
Wie bereits gesagt, wurde das Ziel einer vereinfachten Kreditvergabe an die Wirtschaft nicht erreicht. Die Geldmengenausweitung hätte aber ein entsprechendes Wirtschaftswachstum benötigt. Durch die politischen Lockdown-Maßnahmen während Corona wurde die Wirtschaft vollständig ausgebremst, die Nachwirkungen sind entsprechend bei der Inflation zu spüren. Und durch die ebenfalls politisch verursachte Energiepreis-Krise wird die Wirtschaft erneut stark belastet. Die Folgen aus der Corona-Politik war ein erster Anstieg der Inflation: Im November 2021 betrug diese bereits 5,2%, im Dezember 5,3%, im Januar 2022 sank sie kurzfristig auf 4,9%, im Februar 2022 stieg sie wieder auf 5,1%. Durch die, aus meiner Sicht, falsche Entscheidung, russisches Gas und Erdöl zu boykottieren und die damit verbundene Verteuerung der Energie, sprang die Inflation im März auf 7,3% und weiter bis November 2022 auf 10%.
Es sollte deutlich werden:
- Die QE-Politik der EZB, also die Geldmengenausweitung bei gleichzeitig ausbleibendem Wirtschaftswachstum ist der Grund dafür, warum die Inflation stieg.
- Die Maßnahmen, wie Lockdown etc., während der Corona-Pandemie trugen maßgeblich in den letzten zwei Jahren zu dem fehlenden Wirtschaftswachstum bei. Die Nachwirkungen sind in der Inflationsrate, die auf durchschnittlich 5% stieg, abzulesen.
- Die Maßnahme, die günstige Energieversorgung aus Russland für den hoch technologisierten Wirtschaftsstandort Deutschland zu boykottieren, führte zu dem enormen Preisanstieg von Strom und Gas und belastet nicht nur die Bürger, sondern auch die Wirtschaft. Auch hier zeigen sich diese Auswirkungen in der weiter steigenden, mittlerweile bei 10%+x angekommenen Inflationsrate.
Nicht der völkerrechtswidrige Einmarsch der Russen in der Ukraine für sich betrachtet, sondern die politischen Entscheidungen der Ampel-Koalition, die Energie zu verteuern, in dem günstige Beschaffung ausgesetzt wird, schlagen sich als zweiter Grund in der Inflationsrate nieder.
Die eigentlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation besitzt nur die EZB, denn nur die EZB kann die Geldmenge regulieren und muss dies angesichts der aktuellen Situation auch zwingend tun. Die Folge daraus wiederum wäre eine weitere Verringerung des Produktionswachstums, was dann jedoch zum Anstieg der Arbeitslosenquote führt. In einem ersten Schritt hat die EZB nun den Leitzins auf 2,5% angehoben, um damit dem Kreislauf Geld zu entziehen (Geld anlegen soll somit wieder attraktiv werden). Es bleibt strittig, ob diese Erhöhung ausreichend ist, um die Inflation wirksam zu bekämpfen.
Einer Regierung bleiben nur recht wenige, durchschlagende Möglichkeiten, der Inflation maßgeblich entgegenzutreten. Der Staat kann durch eine restriktive Ausgabenpolitik in die Volkswirtschaft eingreifen und müsste dies nun auch tun. Die Ausgaben der öffentlichen Haushalte müssen gesenkt werden, indem z. B. Subventionen abgeschafft oder gekürzt werden. Jedoch ist das genaue Gegenteil zu beobachten: Die Sozialausgaben steigen auf allen Ebenen, Sondervermögen (nur ein anderes Wort für neue Schulden) werden aufgesetzt – von Sparen kann unter der aktuellen Regierung also nicht die Rede sein.
Statt geldpolitische Entscheidungen zur Sicherung des Preisniveaus der EZB zu überlassen, wurden politische Entscheidungen getroffen, den Euro zu „retten“. Die enorme Geldmengenausweitung stützte die schwachen Südländer und verhindert (wahrscheinlich nur zunächst) den Ausstieg aus dem Euro. Gleichzeitig führte aber das ausbleibende Wirtschaftswachstum, nicht zuletzt auch aufgrund der ebenfalls politischen Lockdown-Ausbremsung zu einer ersten Erhöhung der Inflationsrate. Die ebenfalls politisch gewollten Sanktionen gegen Russland, insbesondere der von Rot-Grün gewollte Ausstieg aus der günstigen russischen Gas- und Erdölversorgung, ließen die Inflation in einem zweiten Schritt auf nun über 10% ansteigen. Die Regierung muss zwingend für Wirtschaftswachstum sorgen, dies darf aber nicht durch einen weiteren Anstieg der Ausgaben der öffentlichen Hand geschehen. Steuersenkungen, Abbau der Bürokratie und Vorschriften, Abschaffung von Subventionen, vor allem auch die Sicherstellung günstiger Energie für die Wirtschaft und Bürger sind nur einige Beispiele, was die Regierung tun müsste. Dies widerspricht jedoch der politischen Grundauffassung der Roten und Grünen. Die Kurzsichtigkeit der aktuellen Ampel-Regierung trifft– wie immer – den Steuerzahler, der am Ende für deren falsche politischen Entscheidungen geradestehen muss.
Die Antwort war lang aber ausführlich. Ich hoffe, Ihre Frage somit hinreichend beantwortet zu haben. Herzliche Grüße, Uwe Schulz, Wahlkreis 173 Gießen/Alsfeld