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Uwe Rottermund
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Frage von Michael S. •

Frage an Uwe Rottermund von Michael S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Frage :
wie stehen sie zur Mitbestimmung ( z.b. wie in der Schweitz)
abstimmen bei wichtigen Themen die für NRW wichtig sind.

z.b.
- bei der Stromtrasse
wenn die Bürger im vorfeld mit eingebunden worden wären , und darüber mitbestimmt hätten.
Wäre es nicht zu solchen Reaktionen gekommen.Die Bürger fühlten sich übergangen. Nach dem motto : was interresieren schon die Menschen, deren Ängste wurden nicht beachtet.
erst auf die Proteste wurde Reagiert.
denn die Bürger fühlen sich von den Politikern nicht ernst genommen.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

wir leben in einer parlamentarischen Demokratie wo die Entscheidungen nicht direkt vom Bürger getroffen werden. Das soll bitte auch so bleiben. Und neben den Vorteilen gibt es natürlich Nachteile, genau wie anderes Vorgehen auch. Wir leben in einer globalisierten Welt. Hier sind europäische, nationale, regionale und lokale Abstimmungen, Vereinbarungen und Vorgehen notwendig. Diese Zusammenhänge gilt es bei Entscheidungen auch immer zu berücksichtigen bzw. man darf sie nicht aus den Augen verlieren.

Deshalb bin ich nicht dafür, alle Entscheidungen per Bürgerentscheid zu treffen. Im Ergebnis würde dies auch zu einem dauerhaften Werben um Stimmen, quasi zu permanenten kleinen Wahlkämpfen führen. Wohl aber bin ich dafür, die Mitbestimmung, insbesondere auch im regionalen und lokalen Bereich zu stärken. Also die Hürden für Bürgerbeteiligungen zu verringern. Das setzt in meinem Verständnis allerdings auch voraus, dass die Menschen sich ernsthaft und sachlich in den Diskurs einbringen.

Konkret zur Stromtrasse SuedLink: Die gesellschaftliche Entscheidung war, weiterhin auf eine zentrale Energieversorgung in Deutschland zu setzen und soweit wie möglich die vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Der Umbau des Netzes mit einer dezentralen Energieversorgung war nicht gewollt, einerseits durch die Lobby der Stromproduzenten und andererseits durch Widerstände in der Bevölkerung. Sie kennen die Diskussion um z.B. die Windräder onshore.

Ich bin für eine dezentrale Versorgungsstruktur gewesen, das ist auch die klare Parteilinie. Die demokratische Mehrheitsentscheidung war anders, damit muss man dann auch umgehen.

In der Folge muss der Strom im Nord-Süd-Gefälle transportiert werden und wir sind in einem europäischen Energieverbund. Insofern ist der Bau einiger Stromleitungen notwendig, einige davon werden als Gleichstromtrassen umgesetzt. Hier ist durch die Leitungsbetreiber (bei uns / Suedlink / Warburg ist die Firma TenneT zuständig) in alter Manier zunächst eine ganz schlechte Planung mit einer Bürgerbeteiligung, die den Namen nicht verdient, gelaufen. Hier stimme ich zu, dass muss besser gemacht werden. "Die Politik" hat da die Vorgabe an die private Firma gegeben, die Bürgerbeteiligung durchzuführen; deren Umsetzung war grottig. Im zweiten Durchgang lief es dann besser, hat aber unnötig Kosten erzeugt und vor allem wichtige Zeit gekostet.

Doch wenn es um die grundsätzliche Frage geht, ob die Versorgungssicherheit des Landes, auch als Teil Europas, gewährleistet ist, dann muss da länger geplant werden. Die Entscheidung darf nicht nur auf lokalen Interessen beruhen. Insofern ist hier eine direkte Bürgerbeteiligung nicht sinnvoll. Die Einflussnahme des Bürgers erfolgt entsprechend der von im gewählten Partei sowie die Mitwirkung bei der Erstellung der Netzentwicklungspläne. https://www.netzentwicklungsplan.de/ Und es gibt in unserem freien Land vergleichsweise viele Mitwirkungsmöglichkeiten. Es gilt sie auch zu nutzen. Ich bin selber manchmal überrascht, was alles geht, wenn ich da mal berate oder nachforsche.

Politik muss sich seriös an den Fakten orientieren und die Weichen für die Zukunft legen. Dabei sind Ängste ernst zu nehmen, sie dürfen uns aber nicht hemmen und leiten. Welche und wessen Ängste sind jetzt vorhanden, welche würde in Zukunft folgen? Was würde passieren, welche Situationen würden eintreten, wenn in ein oder zwei Jahrzehnten die Versorgung zusammenbrechen würde wegen fehlender Stromleitungen?

Dies gilt es auch bei verantwortungsbewusster Politik zu überlegen. Und da ist Angst ein schlechter Ratgeber. Und das gilt nicht nur in der Politik.

MlÖG

Uwe