Uwe Behrens
FDP
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Frage von Joachim D. •

Frage an Uwe Behrens von Joachim D. bezüglich Familie

Hallo Uwe,

ich würde gerne etwas aus dem FDP-Konzept zur Bekämpfung der Jugendkriminalität erfahren.

Viel Erfolg wünscht dir
Joachim Dahlke

Antwort von
FDP

Hallo Joachim,

anbei die gewünschte Info. Solltest Du noch mehr Infos benötigen dann melde Dich einfach wieder bei mir.

1. Generelle Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren

Das bestehende System hat sich unserer Auffassung nach bewährt. Es gibt dem Gericht die Möglichkeit, sehr flexibel und individuell auf die unterschiedlichen Persönlichkeiten, Lebenssituationen und Lebensperspektiven zu reagieren. Auch wenn die Volljährigkeit mit 18 Jahren eintritt und im Bereich des Wahlrechts sogar eine weitergehende Vorverlagerung von Rechten zu beobachten ist, spricht dies nicht entscheidend gegen die praktizierte regelmäßige Anwendung von Jugendrecht auf Heranwachsende nach den bestehenden Regeln. Im Strafrecht ist im Gegensatz zu der Frage der Volljährigkeit und des Wahlrechts eine individuelle Betrachtung unerlässlich. Diese Betrachtung vorzunehmen ist Aufgabe der am Jugendstrafverfahren Beteiligten und letztlich des erkennenden Gerichts und wird u. E. verantwortungsbewusst wahrgenommen, auch wenn sich dies nicht immer in dem gewünschten Umfang in der schriftlichen Urteilsbegründung wiederfindet.

2. Anhebung der Höchststrafe von 10 auf 15 Jahre Jugendstrafe

• Dieser Vorschlag wird oft mit brutalen Überfällen oder Mordfällen begründet, ebenso wird häufig angeführt, ein erhöhtes Strafmaß hätte präventive – da abschreckende – Wirkung. Wir meinen, dass man durchaus darüber nachdenken kann, ob zehn oder 15 Jahre die richtige Höchstgrenze für Jugendstrafe bei Heranwachsenden sein soll, zumal am Ende die Gerichte zu entscheiden haben, was sachgerecht ist. Nur fehlt es – zumindest in den bisher vorliegenden und diskutierten Gesetzesentwürfen – hierfür an einer tragfähigen Begründung, die sich maßgeblich an dem Erziehungsgedanken orientiert, der im Jugendstrafrecht unabdingbar vorrangig zu beachten ist. Der pauschale Hinweis auf mehrere brutale Mordfälle oder andere brutale Straftaten reicht hierfür gewiss nicht aus.
• Zu beachten ist weiterhin, dass die Politik alleine diese Frage nicht abschließend beantworten kann, ohne vorher verlässliche kriminologische Erhebungen/ Untersuchungen zu Rate zu ziehen, die belegen – oder dies eben nicht tun – dass eine Höchststrafe von 15 Jahren wirkungsvoller ist als eine Höchststrafe von 10 Jahren.

3. Einführung des sog. Warnschussarrestes

Wir fordern in unserem Wahlprogramm, den sog. Warnschussarrest einzuführen. Dieser sieht vor, dass neben der Verurteilung zu einer Jugendstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, zusätzlich ein Dauerarrest von bis zu vier Wochen Dauer verhängt werden kann. Dieser wird in Jugendarrestanstalten und nicht in Jugendgefängnissen vollstreckt. Dieses Instrument ermöglicht es, den Angeklagten, bei denen eine Jugendstrafe zur Bewährung auszusetzen war, den Ernst der Lage vor Augen zu führen. Dadurch wird den Gerichten ein weiteres Instrument an die Hand gegeben, mit dem flexibel auf die konkrete Situation im Einzelfall SONDERAUSGABE - AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 10 reagiert werden kann, ohne dass eine zu umfassende Anwendung zu befürchten wäre.

4. Weitere wichtige Gesichtspunkte

• Weiterhin ist auf den Passus unseres Wahlprogrammes zu verweisen, der wie folgt lautet:

Wirksame Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität Die Kriminalität von Kindern und Jugendlichen ist ein bedrückendes gesellschaftliches Problem, das die FDP sehr ernst nimmt. Besonders besorgniserregend ist die hohe Zahl der Gewalt- und Körperverletzungsdelikte durch junge Straftäter. Auch wenn kriminelles Verhalten für viele Kinder, Jugendliche und Heranwachsende nur ein einmaliges Ereignis bleibt, muss konsequent und gezielt gegengesteuert werden. Die FDP setzt bei der Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität auf eine wirksame Prävention und ein abgestuftes strafrechtliches Instrumentarium. In erster Linie sind verstärkt vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Dabei kommt neben der Schule der wirkungsvollen Kinder-, Jugend- und Sozialarbeit eine wichtige Aufgabe zu. Durch eine zügige Verfolgung und Ahndung von Straftaten Jugendlicher und Heranwachsender muss verdeutlicht werden, dass schon kleine Vergehen nicht akzeptiert werden und strafrechtliche Konsequenzen haben. Das niedersächsische Modell des vorrangigen Jugendverfahrens für jugendliche Intensivtäter muss daher weiter ausgebaut werden. Eine Absenkung der Strafmündigkeitsgrenze unter 14 Jahren lehnt die FDP ab.
Dafür setzen wir uns ein:
o Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen durch die Optimierung von Bildungs-, Ausbildungs- und zukünftigen Beschäftigungschancen mittels regionaler Netzwerke von Jugendhilfe, Schulen, Handwerksorganisationen, Industrie und Arbeitsverwaltung;
o Ausbau der Konfliktlotsenmodelle, Antiaggressionslehrgänge als Präventionsmaßnahmen an Schulen sowie nachhaltige Aufklärung über Drogen und Alkohol;
o Verbesserung der personellen Ausstattung der Polizei und Staatsanwaltschaften speziell zur Bekämpfung der Jugendkriminalität;
o bei wiederholt straffälligen Kindern ist durch staatliche Erziehungsmaßnahmen einzugreifen;
o Einrichtung von Schülergerichten; denn Jugendliche haben eine andere Sprache und akzeptieren die Sanktionen von Gleichaltrigen eher;
o Einführung eines so genannten Warnschussarrestes neben der Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung.
• Bzgl. der speziellen Diskussion über kriminelle ausländische Jugendliche ist es wichtig zu differenzieren, ob es sich um jugendliche Deutsche mit Migrationshintergrund handelt oder um Jugendliche aus anderen Ländern. Bzgl. Der erstgenannten Gruppe gehen nämlich alle populistischen Forderungen, diese schnellstmöglich auszuweisen, ins Leere. Bei der zweitgenannten Gruppe ist wiederum der Einzelfall entscheidend, so z.B. wie sich der Lebenshintergrund und die SONDERAUSGABE - AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 11 sozialen Verhältnisse darstellen. Denn es sich sicherlich unterschiedlich zu entscheiden, je nachdem, ob ein ausländischer Jugendlicher erst seit kurzem und ohne soziale Bindungen lebt oder ob er/sie seit vielen Jahren hier lebt und seine Familie ebenfalls.
• Unbestreitbar notwendig ist in jedem Falle eine bessere finanzielle und sachliche Ausstattung der Gerichte, der Jugendgerichtshilfen sowie von privaten Vereinen mit Jugendhilfe-Angeboten.
• Auch wenn Niedersachsens Justiz auf Platz 4 aller 16 Bundesländer liegt, was das Tempo bei Jugendstrafsachen angeht, ist eine Verkürzung der Verfahren notwendig und hilfreich; die Strafe muss in engem zeitlichen Zusammenhang zur Tat erfolgen, denn ansonsten kann eine Einsichtsfähigkeit des Delinquenten nicht oder nur schwer erreicht werden. Dabei ist zudem darauf hinzuweisen, dass allein die Dauer der Jugendstrafsache bei Gericht wenig aussagekräftig ist. Entscheidend ist, dass zwischen Tat und Vollstreckung der Strafe ein möglichst kurzer Zeitraum liegt. Die Vollstreckung obliegt ebenfalls den Jugendrichtern, die bei einer Vielzahl von Sanktionen (z. B. soziale Trainingskurse oder Anti-Gewalt-Kurse) aber auf die Jugendgerichtshilfe und/oder freie Träger der Jugendhilfe angewiesen sind, die die pädagogischen Maßnahmen durchführen. Sofern es insoweit zu Engpässen kommt, hilft auch ein schnelles Jugendstrafverfahren nichts. Träger der Jugendhilfe sind in der Regel die Landkreise bzw. die kreisfreien Städte.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Behrens