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Ute Kumpf
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Frage von Christof T. •

Frage an Ute Kumpf von Christof T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kumpf,

der letzten Diätenerhöhung um fast 10% haben Sie (selbstverständlich) zugestimmt. Angesichts der erneuten Pläne die Diäten zu erhöhen (um einen Betrag der größer ist als der Regelsatz des ALG II), interessiert mich Ihr Standpunkt als Mitglied der Regierungskoalition. Werden Sie dieser Erhöhung auch wieder zustimmen?
Ich freue mich auf eine konkrete und dierekt Antwort!

Mit freundlichen Grüßen,
Christof Türk

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Türk,

vielen Dank für Ihre Email zu den Diäten der Abgeordneten. Ich weiß, dass das Thema "Diätenerhöhung" in den vergangenen Tagen viele Menschen bewegt hat. Die Kritik -- öffentlich wie auch parteiintern -- haben wir aufgenommen.

Das Besoldungsanpassungsgesetz soll nun ohne die in Artikel 13 vorgesehene Angleichung der steuerpflichtigen Abgeordnetenentschädigung an die Besoldungsstufe R6/ B6 beraten und verabschiedet werden. Das heißt, dass, wie 2007 beschlossen, die Diäten bis 2009 in zwei Stufen auf die Höhe von 7.668 Euro (B6/ R6) angeglichen, zeitgleich aber nicht mit etwaigen Besoldungserhöhungen angehoben werden. Wenn gleich der geplante zusätzliche Anpassungsschritt nicht vollzogen wird, möchte ich Ihnen einige Fakten liefern, die helfen, die Diskussion etwas zu versachlichen.

Nicht nur zusehen und meckern, sondern mitreden, mitgestalten, Ideen verwirklichen und sozialdemokratische Politik durchsetzen -- das waren und sind meine Beweggründe, als ich begonnen habe, mich politisch zu engagieren. Mit Politik Geld zu verdienen war nie meine Motivation -- schließlich war ich nach meinem Studium der Volkswirtschaft 25 Jahre berufstätig und habe gut verdient. Ich halte es für notwendig die Debatte darüber zu führen, auf welcher Grundlage und in welcher Höhe Abgeordnete ihre Diäten erhalten sollen.

Was ist die Grundlage für die Diäten? Abgeordnete haben nach Artikel 48 Grundgesetz und der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung ("Diät"). Die Diäten oder wie es im Grundgesetz heißt die "Entschädigung" der Abgeordneten sind eine demokratische Errungenschaft. Ich bin der Auffassung, dass nicht nur diejenigen in die Politik gehen sollen, die es sich finanziell leisten können. Abgeordnete brauchen eine angemessene Entlohnung für ihre Arbeit -- wie jeder andere auch. Ich bin aber auch dafür, dass ich als Abgeordnete voll meiner Funktion verpflichtet bin.

Was schreibt das Bundesverfassungsgericht in Sachen Diäten vor? Grundgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schreiben vor, dass die Höhe der Entschädigung durch Gesetz festgelegt werden muss. Die Übertragung der Entscheidung über die Höhe der Abgeordnetenentschädigung an eine unabhängige Kommission oder die automatische Anpassung der Entschädigung ist daher ausgeschlossen. Der Bundestag und damit die Abgeordneten selbst müssen entscheiden. Selbst über die Höhe des einem zustehenden Geldes zu entscheiden, ist nicht einfach. Diese Vergabe könnte nur über eine Grundgesetzänderung verändert werden, dafür sehe ich aber keine Mehrheiten im Bundestag.

Wie wurde der Spruch des Verfassungsgerichts im November 2007 umgesetzt? Der Bundestag hat in 2007 eine Neuregelung der Abgeordnetenentschädigung verabschiedet. Die Entschädigung der Abgeordneten soll sich an dem Gehalt anderer Amtsinhaber mit ähnlicher Verantwortung und Belastung orientieren. Als Richtgröße sollen die Bezüge von Bürgermeistern kleiner Städte und Gemeinden mit 50 bis 100 Tausend Einwohnern gelten. Sie erhalten als kommunale Wahlbeamte auf Zeit eine Vergütung der Besoldungsgruppe B6. Als vergleichbar wurden auch die einfachen Richter bei einem obersten Gerichtshof des Bundes (Bundesgerichtshof, Bundesarbeitsgericht, etc.) angesehen, die bei der Ausübung ihres Amtes ähnlich wie Abgeordnete unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Sie erhalten eine Vergütung nach der Besoldungsgruppe R6.

Trotz des Stopps der jetzigen Diätenerhöhung sehe ich nach wie vor in der Besoldung eines Bürgermeisters nach B6 oder eines Bundesrichters nach R6 den richtigen Maßstab für eine angemessene Abgeordnetenentschädigung im Sinne von Artikel 48 Absatz 2 Grundgesetz. Es war deshalb richtig, dass wir im vergangenen Jahr nach vier Nullrunden die Entschädigung bis 2009 in zwei Stufen auf die derzeit geltende Höhe von B6/ R6 (7.668 Euro/ 2007) angeglichen haben und uns vorgenommen hatten, die Diäten künftig zeitgleich mit etwaigen Besoldungserhöhungen anzuheben.

Die aufgrund der Tarifvereinbarungen jetzt erneut vorzunehmenden Anpassungen an die künftige Höhe von B6/ R6 (8.159 Euro) sind leider in der öffentlichen und parteiinternen Diskussion nicht als eine logische Folge der Grundentscheidung für B6/ R6 als Orientierungsgröße verstanden worden. Stattdessen wurden sie als willkürliche Erhöhung wahrgenommen. Wir brauchen offenkundig mehr Zeit, um in der breiten Öffentlichkeit, aber auch in der eigenen Partei, die notwendige Akzeptanz dafür herzustellen, dass es angemessen ist, wenn Bundestagsabgeordnete wie Landräte, Bürgermeister und Bundesrichter bezahlt werden.

Übrigens: Entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung müssen die Abgeordneten ihre Diäten voll versteuern, ich komme selbst für meine Krankenversicherung (AOK) auf und erhalte auch keine jährlichen Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder ein 13. Monatsgehalt. Und habe auch keine Beraterverträge oder sonstige Nebentätigkeiten. Dabei wird es auch bleiben.

Mit freundlichen Grüßen
Ute Kumpf