Portrait von Ute Kumpf
Ute Kumpf
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ute Kumpf zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Andreas H. •

Frage an Ute Kumpf von Andreas H. bezüglich Recht

Hallo Frau Kunz,

ich würde Ihre Aufmerksamkeit gerne auf einen Fall lenken, in dem ein Student angegriffen wurde und in der Notwehr den Angreifer fast erstochen hat. Das Urteil lautete knapp 4 Jahre Gefängnis.
Ich muss gestehen, ich kenne nicht alle Details. Die Grundsituation lässt dort aber meiner Meinung nach nicht viel Raum für Interpretationen:
Der Angreifer hat sich aus freien Stücken zu einem Angriff entschieden und ist an ein Opfer geraten, das sich wehren konnte. Meiner Meinung nach darf es auf gar keinen Fall passieren, dass das Opfer danach eine Haftstrafe absitzen muss - vollkommen unabhängig davon, in welchem Verhältnis Angriff und Notwehr standen.
Wie soll sich das Opfer denn verhalten? Erst einmal ein wenig wehren und dann mal schauen, ob es zur Abwehr der Gefahr reicht? Ich denke, wenn man angegriffen wird (und man mit viel Glück eine Chance hat), kann es nur eine Reaktion geben: Wehren so viel man kann und vor allem ohne Rücksicht auf den Täter - schließlich hat niemand den Täter zum Angriff gezwungen.

Im vorliegenden Fall wurde das Opfer zu Täter gemacht. Solche Urteile führen sicher nicht zu mehr Zivilcourage. Warum sollte man eingreifen, wenn Kinder überfallen werden, wenn man selber befürchten muss, dafür ins Gefängnis zu müssen.

Gibt es hier aus Ihrer Sicht, gesetzlichen Handlungsbedarf, um solche Situationen eindeutig zu klären? Ist da eventuell schon etwas unterwegs?

Sie finden einen Artikel über diesen Fall unter folgendem Link:
http://www.tz-online.de/aktuelles/muenchen/tz-messerstich-notwehr-student-bekommt-neuen-prozess-465262.html

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Hoffmann

Portrait von Ute Kumpf
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

für Ihre Anfrage vom 16. September bedanke ich mich.

Ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass wir mutige und couragierte Bürger brauchen, um Gewalt keinen stillschweigend geduldeten Freiraum in unserer Gesellschaft zu geben. Das gilt für Bürger, die sich für andere unter Einsatz ihres eigenen Lebens einsetzen und dabei Zivilcourage beweisen. Das gilt auch für Bürger, die selbst angegriffen werden. Für das Ziel einer Minimierung von Gewalt in unserer Gesellschaft trete ich überzeugt ein.

Minimierung von Gewalt bezieht sich aber auf jede Form von Gewalt und damit auch auf Gegengewalt. Sicher muss Notwehr erlaubt sein. Ich stimme aber nicht mit Ihnen überein, wenn Sie schreiben, es sei ganz gleich, in welchem Verhältnis Angriff und Notwehr stehen. Der Einsatz von Gewalt muss sicher meiner festen Überzeugung nach immer nach dem Anspruch der Verhältnismäßigkeit richten. Andernfalls droht die Gefahr, dass Gewalt und Gegengewalt in eine endlose Spirale eintreten.

Im Sinne einer friedlichen Konfliktlösung beeindruckt mich daher stärker, dass es zwischen dem angegriffenen Studenten und dem verletzten Angreifer in dem von Ihnen genannten Beispiel zu einer außergerichtlichen Verständigung kam. Die Entschuldigung des Studenten wurde vom verletzten Angreifer angenommen. Eine friedliche Verständigung wie diese ist sicher besser geeignet, die Spirale von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen.

Dass die Richter des Bundesgerichtshofes das auch so sehen und mit ihrer Revision des Urteils in erster Instanz einem neuen, angemessneren Urteil die Tür öffnen, zeigt meiner Ansicht nach, dass an dieser Stelle kein gesetzlicher Handlungsbedarf besteht.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Kumpf