Frage an Ursula von der Leyen von Stefan M. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau von der Leyen,
im Zusammenhang mit ihrem kürzlich beim Hamburger Abendblatt erschienenen Interview möchte ich Sie nach ihrem Verhältnis zum Begriff der Menschenwürde fragen. Sie sagten insbesondere: "Doch wir werden weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten."
Daraus lese ich, dass sie aus der Menschenwürde einen Schutzauftrag des Staates ableiten, den Bürger vor rechtswidrigen Inhalten zu schützen. Wie gelangen sie zu dieser Ansicht? Meiner Ansicht nach (und scheinbar auch der Ansicht der Bundesverfassungsrichter nach) ist die Menschenwürde ein Schutzrecht des Menschen vor Eingriffen des Staates und somit das genaue Gegenteil der Interpretation, die ich aus ihren Aussagen entnehme.
Selbst der zweite Satz des Art. 1 GG ("Sie [die Menschenwürde] zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.") bekräftigt nur die Pflicht des Staates, sich (salopp formuliert) soweit wie möglich aus den persönlichen Angelegenheiten des einzelnen herauszuhalten, und nicht, sich unter dem Vorwand moralischer "Säuberung" in die Privatsphäre jedes einzelnen einzumischen. (Mit "Säuberung" beziehe ich mich auf den im zitierten Abendblatt-Artikel beschworenen "Kampf gegen Schmutz im Internet".)
Wie kommt es zu dieser Diskrepanz zwischen Ihrer und der allgemeinen Definition von Menschenwürde?
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Majewsky
(Zitatquelle: http://www.abendblatt.de/politik/article1120772/Kampf-gegen-Schmutz-im-Internet-wird-verschaerft.html )
Sehr geehrter Herr Majewsky,
mir geht es nicht um ein Gesetz, sondern um eine gesellschaftliche Diskussion darüber, wie wir mit solch ernsten Verletzungen wie beispielswiese Mobbing und Cyberbullying umgehen. Es geht darum, dass wir uns auf bestimmte Grundregeln verständigen - und zwar freiwillig.
Ein gutes Vorbild, wie so etwas gelingen kann, ist ein Verhaltenskodex, dessen Einhaltung für die Beteiligung in vielen Foren notwendig ist.
Jeder Anbieter hat seine speziellen Anforderungen. Verstößt ein Internetnutzer gegen diese Regeln, kann er verwarnt oder zeitweise von der Nutzung ausgeschlossen werden. Das geht bis hin zur Sperrung des Accounts oder Anzeige bei den Vermittlungsbehörden. Das zeigt: Es ist durchaus möglich, für alle Beteiligten verständliche und akzeptable Spielregeln aufzustellen, die das Miteinander im Netz wirksam regeln.
Auf die Tatsache, dass sich leider nicht alle daran halten, haben einige Forenbetreiber bereits reagiert. Ein gutes Vorbild ist die Vereinbarung zur freiwilligen Selbstkontrolle, die die Social- Community-Betreiber Lokalisten, StudiVZ und wer-kennt-wen unter dem Dach der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia Diensteanbieter e.V. (fsm) miteinander getroffen haben.
Die Unternehmen verpflichten sich, vor allem junge Nutzer durch technische Maßnahmen vor Missbrauchshandlungen Dritter zu schützen und durch eine verstärkte Aufklärung von Minderjährigen, Eltern und Pädagogen gezielt darauf hinzuweisen, welche Schutzmöglichkeiten bestehen. Das ist ein gutes Beispiel gesamtgesellschaftlichen Verantwortungsbewusstseins und freiwilligen Engagements der Unternehmen. Und es ist ein guter Ansatz, der zum Nachahmen animieren sollte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ursula von der Leyen