Frage an Ursula von der Leyen von Torsten T. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Dr. von der Leyen,
(1) Könnten Sie sich vorstellen auch alle Sendungen aus einem Briefzentrum der Deutschen Post zu sperren, wenn über dieses einzelne Briefe, Pakete o.ä. mit kinderpronorgrafischem Inhalt versendet werden? Wenn nein, warum nicht - mittels des ZugErschwGes haben Sie nichts anderes umgesetzt.
(2) Wie stellen Sie sicher, dass das ZugErschwGes nicht missbraucht wird? Keine unabhängige Instanz, schon gar nicht der Souverän (!) kann prüfen warum, was, wer auf der Liste steht. Sehen Sie hier nicht eine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltenteilung?
(3) Müssen wir in einer möglichen nächsten Legislaturperiode mit weiteren Restriktionen der Freiheits- und Bürgerrechte unter dem Deckmantel von Terrorismus, Kinderpornographie und anderen populistischen Themen rechnen?
viele Grüße, T.T.
Sehr geehrter Herr Thau,
1.
Gerade durch das Internet werden Bilder von sexueller Gewalt an Kindern weltweit verbreitet. Der Einstieg geschieht oft zufällig und ist unkompliziert von zu Hause aus möglich. Dadurch ist die Anzahl der Zugriffe in den vergangenen Jahren drastisch angestiegen. Laut polizeilicher Kriminalstatistik hatte sich die Verbreitung von Kinderpornografie in 2007 um 110 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Über die Erhöhung der Nachfrage wird das Angebot nach immer neuen und brutaleren Bildern angeheizt.
Mit den jetzt beschlossenen Zugangssperren wird deutlich: Die grausamen und abscheulichen Misshandlungen von Kindern dürfen nicht frei zugänglich über deutsche Zugangsprovider zu den Kunden und Nutzern von kinderpornografischem Material gelangen. Was in anderen Ländern seit geraumer Zeit funktioniert, sollte auch in Deutschland, dem größten Land der EU, ganz oben auf der Tagesordnung stehen: die öffentliche und gesellschaftliche Ächtung der Kinderpornografie.
2.
Beim genauen Durchlesen des Gesetzestextes werden Sie sehr schnell sehen, dass das Bundeskriminalamt einen klar geregelten Gestaltungsspielraum hat. Auf die Liste kommen nur kinderpornografische Seiten oder solche, die auf kinderpornografische Seiten verweisen, Linklisten beispielsweise.
Die Erstellung der Sperrliste durch das BKA unterliegt dabei selbstverständlich der gerichtlichen Kontrolle. Sollte im Rahmen eines Rechtsstreits die Frage maßgeblich sein, ob eine bestimmte Webseite auf der Sperrliste war bzw. ob eine dort geführte Webseite zu Recht gelistet wurde, müsste die Liste dem zur Entscheidung berufenen Gericht zur Verfügung gestellt werden.
Das BKA muss nachweisen, dass es den betreffenden Eintrag auf der Liste zu Recht vorgenommen hat. Hinzu kommt, dass das BKA letztlich dafür haftet, dass nur kinderpornografische Einträge in der Sperrliste enthalten sind.
Auch die Stopp-Seite sorgt dafür, dass Transparenz hergestellt wird. Hier wird eine Ansprechstelle benannt, an die sich der Betroffene wenden kann, wenn er meint, dass ein bestimmter Eintrag zu Unrecht vorgenommen wurde.
Eine größere Transparenz ist Anbetracht der Zahl derjenigen, die Zugang zum Internet haben (über 40 Mio. Deutsche) kaum denkbar.
Ferner kann ein beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit bestelltes Expertengremium jederzeit Einsicht in die Sperrliste nehmen und die Einträge überprüfen.
3.
Ziel des Gesetzes ist die Erschwerung des Internetzugangs zu kinderpornografischen Inhalten durch die großen Zugangsanbieter in Deutschland. Dabei geht es ausschließlich um den Straftatbestand § 184 b StGB, nämlich Kinderpornografie. Das ist ein klar abgrenzbarer Bereich. Eine Ausweitung auf andere Inhalte ist nicht beabsichtigt. Davon abgesehen wäre eine Ausweitung auch gar nicht - wie teilweise suggeriert wird - mit einem einfachen Federstreich möglich. Wenn ein künftiger Gesetzgeber Sperren ausweiten will, muss er unter Berücksichtigung aller Beratungen und Anhörungen ein neues Gesetz schaffen, das vor der Verfassung Bestand hat. Niemand kann ein Gesetz unbemerkt und nach eigenem Gutdünken ändern.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ursula von der Leyen