Frage an Ursula Männich-Polenz von Hubert H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Männich-Polenz,
wie stehen Sie zur Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung in ganz Niedersachsen durch Änderung des Kommunalen Abgabengesetzes? Kann ich als Betroffener mir von Ihrer Hilfe erhoffen oder sollte ich lieber eine andere Partei wählen?
Mit freundlichen Grüßen
H. H.
Sehr geehrter Herr H.,
leider komme ich erst heute dazu, Ihre Frage zum Thema Straßenausbaubeítragssatzung zu beantworten. Bei den kleinen Parteien läuft halt sehr viel ehrenamtlich und die Arbeit ist auf wenige Schultern verteilt. Hinzu kommt, dass wir Grünen hier im Norden im Gegensatz zu den großen Parteien CDU und SPD kein Regionalbüro mit angestellten Kräften haben. Hier kommt also meine persönliche Antwort an Sie:
Aufgrund Ihrer Leserbriefe im Stader Tageblatt zum Thema Straßenausbaubeitragssatzung verorte ich Sie in Stade und verbinde damit auch den Einsatz der Anwohner*innen der Schölischer Straße im Rahmen der Sanierung. Einen nicht zu unterschätzenden Erfolg hat der Einsatz ja gebracht, wenn ich die Senkung der Anteilsbeiträge durch die Stadt so werten darf. Hier in Himmelpforten hatten wir vor gut 13 Jahren einen ähnlichen Fall. Auch hier hat es wütende Proteste gegeben, als die Straße Stubbenkamp ausgebaut wurde.
Seither frage ichz mich immer wieder, warum Gemeinde- und Stadträte sich immer wieder diesen Protesten aussetzen. Es wäre doch viel bequemer, wenn die Sanierung komplett aus dem Stadtsäckel bezahlt würde. Und da fangen die Probleme schon an, denn die meisten Gemeinden haben einen begrenzten Haushalt, da begrenzte Einnahmen. Sollte die Straßenausbaubeitragssatzung, die ja in ihrer Fassung zunächst einmal Gemeinde-/Stadtangelegenheit ist, wegfallen, müssten die meisten Gebietskörperschaften dafür an anderer Stelle Einnahmen schaffen. Ich persönlich fände dazu eine regelmäßig zu zahlende Straßenausbaugebühr ein charmantes Modell, eine Alternative wäre die Erhöhung der Grundsteuern. Doch wenn neue Einnahmequellen geschaffen werden, dann sind die Grunstücksbesitzer auch nicht glücklich und gehen Poltiker oft hart an.
Bei einer Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung entstünde zudem eine Ungerechtigkeit gegenüber allen, die bereits ihren Anteil am Ausbau ihrer Straßen geleistet haben. Auch in der Stadt Stade wurde mit Sicherheit in den letzten 20 Jahren und vielleicht auch schon länger, in den Neubaugebieten die Straßenausbaugebühr eingefordert. Je nach Größe des Grundstücks sind dies unterschiedliche Beträge, ein Durchschnittsgrundtück in Stade liegt da schnell bei 25.000 Euro. Auch hier in Himmelpforten haben die Häuslebauer*innen ihren Betrag bereits geleistet. Und was ist mit denjenigen, die in der Vergangeneheit schon für die Sanierung ihrer Straße zahlen mussten? Gibt es dafür eine gerechte Ausgleichs-Lösung? Eine schwere Aufgabe für Verwaltung und Politik.
Im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen ist das Thema nicht explizit aufgeführt, da es offenbar keine landesweite Relevanz hat. Doch es gibt ein Kapitel Straßenbau, in dem die Priorität auf die Sanierung der vorhandenen Infrastruktur gelegt wird, statt das Geld in ständig neue Verkehrswege zu stecken. Nach dem Motto: Sanieren vor Planieren.
Viele Jahre waren durch die Vorgängerregierung die Sanierungsmittel reduziert worden. Dies betrifft auch die Mittel für die Straßen, für die der Landkreis verantwortlich ist, da weniger Zuschüsse aus Hannover flossen. Dies erklärt den beklagenswerten Zustand vieler Straßen, vor allem sind es oft die viel befahrenen Ortsdurchfahrten, die in einem desolaten Zustand sind. Das Land Niedersachsen hat in der letzten Legislaturperode mit einem Sonderprogramm zusätzlich 40 Millionen für die Sanierung der Landesstraßen einen wirkungsvollen Beitrag zum Erhalt des Landesvermögens - Straßen gehören einer Gebietschaft und zählen damit zum Vermögen - geleistet. Der Landkreis Stade hat nach einer gründlichen Bestandsaufnahme des Zustandes seiner Straßen bereits für dieses Jahr die Mittel zur Sanierung deutlich erhöht und plant, diesen Haushaltsposten auch im nächsten Jahr noch einmal zu erhöhen.
Und doch muss das Geld irgendwoher kommen. Es kommt bei den Städten und Gemeinden im Wesentlichen aus der Einkommenssteuer und den Abgaben, die Bürger einer Gemeinde/Stadt zu leisten haben. Die Einnahmen aus Abgaben sind immer zweckgebunden. Da viele Gebietskörperschaften immer noch hohe Schulden aus wirtschaftlich schlechten Zeiten haben, können sie Straßenausbaumaßnahmen nur mit Hilfe zusätzlicher Abgaben finanzieren. Wie diese gestaltet sein sollten, darüber kann man trefflich streiten. Das haben wir in letzter Zeit deutlich mitbekommen. Dass es auch unterchiedliche Lösungen gibt, zeigen die Städte Buxtehude und Stade. Sollte es auf Landesebene eine Möglichkeit geben, diese Entscheidungen für die Gebietskörperschaften einfacher zu machen, setze ich mich gerne dafür ein.
Persönlich würde ich mir wünschen, dass das Geld, dass z.B. im Landeshaushalt für die Planung von sowieso nicht finanzierbarer Autobahnen, wie die A20, festgeschrieben ist, für den gemeindlichen Straßenbau zur Verfügung gestellt würde. Das wäre doch mal ein zukunftsweisender und Bürger entlastender Anfang.
Ich hoffe, Sie sehen Ihre Frage damit als ausführlich genug beantwortet.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Männich-Polenz