Frage an Ulrike Gauderer von Vlado V. bezüglich Energie
Sehr geehrte Frau Gauderer,
sehen Sie persönlich die Ökosteuer als einen Erfolg an? Wo genau ist der ökologische Aspekt wenn man bedenkt, daß a) die Einnahmen aus der Steuer NICHT in ökologische Projekte investiert wurden / werden, b) der ÖPNV und generell der Bahnverkehr mit den Einnahmen nicht subventioniert wird, um so einen weiteren Anreiz zum Umstieg zu schaffen, und c) Einnahmen des Bundes ohnehin per Gesetz nicht zweckgebunden sein dürfen?
Generell fehlt m.E. der hier der ökologische Aspekt, da mit der Einführung der Steuer Haushaltslöcher gestopft werden (meist zu Lasten von Bürgern mit besonders hohem Spritverbrauch = Familien). Ich würde gerne mal eine Familie sehen, die ihre Einkäufe (sagen wir mal 4 Kisten Getränke und 2 Kisten mit Nahrungsmitteln) mit Bus und Bahn transportiert ... es geht einfach nicht. Familien können Kraftstoff nicht einfach durch etwas anderes substituieren, sie MÜSSEN eine gewisse Menge verbrauchen - und sind somit besonders von dieser Steuer betroffen. Bedingt durch Punkt (b) steht gerade den Familien weniger real verfügbares Einkommen zur Verfügung. Den Firmen ists egal, sie setzten es von ihrer Steuerlast ab.
Damit komme ich zum zweiten Punkt: Wie gedenken Sie, dieses Land familienfreundlicher zu gestalten?
Und zu guter letzt: Halten Sie es nicht für falsch, Wasser zu predigen und Wein zu trinken? Abgeordnete (auch die Grünen) werden regelmäßig im "dicken Benz" (sehen Sie es bitte als Analog für große Autos mit hohem Verbrauch) von A nach B transportiert - wo bleibt die Verantwortung gegenüber der Umwelt, für die Ihre Partei so sehr steht?
Vielen Dank für Ihre Zeit und die Antwort.
MfG
Vlado Vidovic
Sehr geehrter Herr Vidovic,
Vielen Dank für Ihre Fragen. Ja ich persönlich sehe die Ökosteuer als Erfolg an. Grundüberlegung der Ökologischen Steuerreform ist, das knappe und wertvolle Gut Umwelt, dessen überdimensionierte Nutzung zu hohen externen Kosten für die gesamte Volkswirtschaft führt, mit einem (umwelt)gerechten Preis zu versehen, um damit einen sorgsameren Umgang anzureizen.
Mit den daraus resultierenden Steuereinnahmen werden nicht, wie von Ihnen behauptet, Haushaltslöcher gestopft, sondern die fiskalische Belastung des Faktors Arbeit gesenkt. Damit wird ein Baustein zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geliefert. Diese Verlagerung von Steuer- und Abgabenlast verringert die zu lange bestehende Absurdität, dass das
zu schonende Gut "Umwelt" fiskalisch nur äußerst gering belastet ist und damit den Charakter eines Billigartikels hat, das durch hohe Arbeitslosigkeit im Überfluss vorhandene Gut "menschliche Arbeit" dagegen geradezu prohibitiv belastet wurde. Durch die Ökologische Steuerreform wurde hier eine Trendwende eingeleitet. Die
Treibhausgasemissionen des Verkehrs wurden um 10 Prozent gesenkt.
Innerhalb der Ökologischen Steuerreform wurden auch die Steuersätze für den öffentlichen Verkehr reduziert. Die Einnahmen aus der "Ökosteuer" gehen jedoch fast vollständig in die Rentenkasse und sorgen so für eine Stabilisierung und Senkung der Rentenbeiträge, die ohne die Ökosteuer um 1,7 Prozentpunkte höher liegen würden als jetzt. Dies ist wohl auch der Grund, warum die CDU die immer gegen die Ökologische Steuerreform gewettert hatte, jetzt angekündigt hat, dass auch sie daran festhalten
wird.
Zur Familienpolitik:
Vor einigen Jahren noch Kinder und Familien kein wirkliches Thema in Deutschland. Das hat sich mit Rot-Grün grundlegend geändert. Themen wie die Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die Qualität unserer Bildung und familiengerechte Strukturen haben wir in den Mittelpunkt des politischen Interesses gerückt.
Bis jetzt haben wir einiges erreicht. Wir haben den Familienlastenausgleich ausgebaut, indem wir insgesamt rund 60 Milliarden Euro pro Jahr in die direkte Förderung von Familien
investieren. Das sind 20 Milliarden mehr als zu Zeiten der CDU/FDP-Regierung. Deutschland ist nun das einzige Land in der Europäischen Union, in dem eine Familie mit zwei Kindern und Durchschnitteinkommen weniger Einkommenssteuer zahlt als sie Kindergeld bekommt. Sie wird also nicht nur weniger als andere belastet, sondern
netto gefördert.
Wir haben Kinderrechte gestärkt. Kinder haben jetzt ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Wir haben Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt ergriffen.
Wir haben die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert. Die Elternzeit können Mütter und Väter jetzt gleichzeitig in Anspruch nehmen. Wir haben die Qualität in den Kindertagesstätten verbessert, den Ausbau der Betreuung gefördert und einen Rechtsanspruch auf Teilzeit eingeführt. Für den Ausbau von Ganztagsschulen stehen vier Milliarden Euro Bundesmittel bis 2007 zur Verfügung.
Angebot und Qualität der Kinderbetreuung (Kita, Tagesmütter, Schülerbetreuung) müssen jedoch noch besser werden und auch für unter Dreijährige brauchen wir einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Kinderbetreuung ist die Voraussetzung, um Familie und Beruf zu vereinbaren. Infrastruktur für Kinder und Bildung schafft
familienfreundliche Bedingungen. Gute Kitas fördern die soziale, emotionale und kognitive Entwicklung von Kindern. Ich werde mich dafür einsetzen, diesen Weg konsequent fortzuführen.
Zu den "dicken Autos": Ich kann natürlich nicht für alle sprechen. So weit ich informiert bin, achten Grüne jedoch immer darauf, dass es sich bei ihren Dienstfahrzeugen um Fahrzeuge handelt, die entweder besonders niedrig im Verbrauch sind oder sogar mit einer alternativen Form des Antriebs ausgestattet sind.
Ich hoffe, Ihre Fragen zufrieden stellend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Gauderer