Frage an Ulrich Vanek von Angelika R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
1. Der Bundestag hat 1996 eine Resolution zu Tibet verabschiedet. Sie enthielt konkrete Forderungen an die VR China bezüglich der Verbesserung der Menschenrechte und der Gewährung kultureller Autonomie.
Ist Ihre Fraktion bereit - auch in der Regierungsverantwortung - die Forderungen der Resolution gegenüber der chinesischen Führung aufzugreifen, da bislang keine davon erfüllt worden ist?
2. Deutschland gehört zu denen wenigen Staaten der westlichen Welt, in denen der Dalai Lama noch nie von einem amtierenden Regierungschef empfangen worden ist.
Wird Ihre Fraktion im Falle einer Regierungsverantwortung darauf drängen, dass dies Versäumnis endlich nachgeholt wird und der Dalai Lama nach der nächsten Wahl vom Regierungschef empfangen wird?
3. Die Verknüpfung von Menschen- und Völkerrechten mit Wirtschaftsbeziehungen wurde bislang als unerfüllbar abgelehnt.
Halten Sie an diesem Grundsatz fest, oder können sie sich unter bestimmten Umständen - etwa bei besonders gravierenden Fällen von Menschenrechtsverletzungen -vorstellen, von dem Grundsatz abzuweichen?
4. Einer der besonders gravierenden Fälle von Menschenrechtsverletzungen ist das Schicksal des Panchen Lama, des zweithöchsten tibetischen Würdenträgers. Seit seiner Entführung durch die chinesischen Behörden 1995 hat ihn kein unabhängiger Augenzeuge mehr gesehen, sodass es keine verlässlichen Informationen über seinen Verbleib gibt.
a] Welche Möglichkeiten der Einflussnahme auf die chinesische Führung sehen Sie, um das Schweigen um den Panchen Lama zu brechen?
b] Sind Sie bereit in diesem Fall auch Wirtschaftssanktionen in Erwägung zu ziehen, um etwas über das Schicksal des Panchen Lama in Erfahrung zu bringen?
5. Bundeskanzler Schröder hat sich mit Nachdruck für eine Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen die VR China eingesetzt.
Welche Position vertritt Ihre Fraktion in der Frage? Sind Sie bereit, sich für den Fortbestand des Waffenembargos zu engagieren?
Sehr geehrte Frau Rockel,
vielen Dank für Ihr Interesse an der Haltung meiner Partei zu der Problematik, die Tibet betrifft. - In diesem Wahlkampf ist dies sicherlich keines der Kernthemen. Trotzdem werde ich mich im Folgenden bemühen, Ihre Fragen zu beantworten und tue dies gerne.
1)
Wir haben uns 1996 der Resolution nicht angeschlossen, da wir für die Einhaltung der Grundrechte, für kulturelle Selbstbestimmtheit und Religionsfreiheit für a l l e Völker dieser Welt eintreten. Die damalige Resolution war stark politisch motiviert, ausschließlich gegen die VR China gerichtet und insofern heuchlerisch, da hier aus politischem Kalkül partikulare Interessen verfolgt wurden.
Im Übrigen unterstützt gerade DIE LINKSPARTEI.PDS eine ganze Reihe von außerparlamentarischen Initiativen, die sich im Kampf für Durchsetzung bzw. Einhaltung der Menschenrechte engagieren.
2)
Wir würden uns nicht dafür einsetzen, dass dem Dalai Lama als Exilpolitiker, der nicht durch Wahlen legitimiert ist, auf Regierungsebene eine Sonderbehandlung zukommt. Es gäbe dann einen Erklärungsnotstand, warum diese besondere Würdigung nicht auch weiteren 30 oder 40 Exilpolitikern entgegengebracht werden sollte.
Von meiner Partei aus, der LINKSPARTEI.PDS, gibt es übrigens Angebote und eine qualifizierte Bereitschaft, mit dem Dalai Lama in einen Dialog einzutreten und ihn zu einem Gespräch einzuladen. Und dies auf der Ebene der ParlamentarierInnen der EU, des nationalen Parlaments und seitens der Parteivorstandes.
3)
Die wirtschaftlichen Beziehungen sind nicht von den politischen zu trennen. Unser Ziel, Pragmatismus mit moralischen Ansprüchen in Einklang zu bringen, ist sehr hochgesteckt. Und - machen wir uns keine Illusionen - solange Wirtschaftsbeziehungen eher in imperialen Strukturen als in nationaler Verantwortung funktionieren, werden wir keine kurzfristigen Erfolge bei der Verwirklichung dieses Ziels erreichen können. Aber wir kämpfen dafür. Nähere Einzelheiten können Sie auch unserem Parteiprogramm entnehmen, dass Sie gerne über mich anfordern dürfen.
Der Abbruch von Wirtschaftsbeziehungen würde allerdings bedeuten, dass parallel dazu die Möglichkeiten politischer Einflussnahme gegen Null tendieren würden und im Übrigen davon auch fast ausschließlich die Zivilbevölkerung betroffen wäre (sh. US-Embargo ggen den Irak).
4)
Hierzu fehlen mir Infos. - Entführungen, ganz gleich welche vermeintlich politische Motivation dahinter steht, verurteilen wir scharf und betrachten sie als kriminellen Akt. Auf diesem Feld haben sich eine ganze Reihe von Geheimdiensten hervorgetan, besonders die CIA.
5)
Hierzu hat DIE LINKSPARTEI.PDS eine klare Haltung. Im Unterschied zu den GRÜNEN und natürlich auch der SPD lehnen wir die Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen die VR China strikt ab und werden in der EU und im Bundestag gegen die Aufhebung stimmen (sollte es denn so weit kommen).
DIE LINKSPARTEI.PDS ist überhaupt gegen alle Waffenexporte und wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass als erster Schritt zur Abrüstung auf die Realisierung neuer Rüstungsprojekte verzichtet wird und der internationale Waffenhandel geächtet und unterbunden wird.
Ich hoffe, dass ich Ihnen erschöpfend geantwortet habe. - Für weiteren Gesprächsbedarf dürfen Sie mich auch gerne über e-Mail direkt ansprechen: r.bauschke@t-online.de
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Vanek
DIE LINKE/Wahlkreiskandidat für den WK 34
Vors. KV DH-NI