Frage an Ulrich Lusche von Dr. Hans K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lusche!
Ich bin ja nun zum Glück nicht in Stuttgart und S21 geht mich eigentlich nichts an. Dennoch frage ich mich, wie Sie sich zu den heißen Auseinandersetzungen dort stellen. Immerhin vertreten Sie ja auch die gleiche Partei wie Herr Mappus und vermutlich auch die gleiche Meinung.
Was stört mich? Es wurde in einem langen, angeblich demokratischen Prozeß, der Jahre anhielt, ein Beschluß gefaßt, der nun mit Ellbogenmethode durchgesetzt werden soll. Inzwischen hat sich aber auch im "Ländle" einiges geändert, die Wirtschaftskrise, das Sparprogramm, der Ministerpräsident - und: Wahlen stehen vor der Tür. Sind die Demonstranten nicht berechtigt zu fragen, ob unter diesen neuen Gesichtspunkten ein solches Programm noch "durchsetzbar ist", ob die neuen Realitäten nicht ein Umdenken erfordern?
Aus der Ferne frage ich mich natürlich auch: Wie hoch muss denn die "Rendite" sein, um ein solches Mammutprojekt zu investieren? Es geht hier ja nicht um die Rettung einer Bank, damit nicht das ganze Finanzsystem ins Rutschen kommt. (Wenn man dagegen die relativ geringen Ausgaben im Millionenbereich der Bundesregierung für Pakistan ansieht, dann fragt man sich: Wofür investiert eigentlich die Politik? Ich würde sagen, von Pakistan geht eine viel größere Gefahr aus im Vergleich mit einem Kopfbahnhof!)
Auch das Land BW gibt seinen finanziellen Anteil zum Bau, und nicht zu wenig.
Für mich ist das Gebaren des neuen Ministerpräsidenten ein Kabinettsstück einer undemokratischen Muskelpartie. Man könnte sich ja vielleicht mal darüber unterhalten, ob man das Projekt nicht - unter den neuen politischen und finanzpolitischen Gesichtspunkten - verschlankt.
Oder was meinen Sie dazu?
Mit freundlichen Grüßen
Dr H. Kiermayer