Frage an Ulrich Kelber von Claus B. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Kelber,
in ihrem aktuellem Bericht beschuldigt die Organisation OXFAM die Industriestaaten, durch ihre Biospritpolitik für die Teuerung der Nahrungsmittel (bis zu 30 %) und damit für die Verarmung von 30 Millionen Menschen verantwortlich zu sein.
Was sagen Sie dazu? Wie könnte dem Abhilfe geleistet werden?
Mit freundlichen Grüßen,
Claus Blauer
Sehr geehrter Herr Blauer,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Für die weltweite Verteuerung der Nahrungsmittel gibt es eine Vielzahl von Ursachen: wachsende Weltbevölkerung, Verlust von Anbauflächen durch Erosion, Zersiedelung und Flächenversiegelung, Veränderung der Nahrungsgewohnheiten (für die Produktion von einem Kilo Fleisch sind ca. sieben Kilo Getreide nötig) und die erhöhte Nachfrage von Agrarrohstoffen für die Biotreibstoffproduktion. Internationale Studien gehen tatsächlich davon aus, das rund 20 bis 30 Prozent des momentanen Preisanstiegs bei Nahrungsmitteln auf die Nachfrage nach Biokraftstoffen, Biostrom und Biogas zurückzuführen ist. Allerdings werden derzeit nur rund 2 Prozent der Weltackerflächen für den Anbau von Bioenergiepflanzen genutzt.
Die EU und die Bundesrepublik Deutschland verfolgen beim Einsatz von Biokraftstoffen den klaren Kurs, dass nur solche Biomasse eingesetzt werden darf, die nachhaltig erzeugt und eingesetzt werden kann. Die von der Bundesregierung beschlossene Nachhaltigkeitsverordnung für Biokraftstoffe, die in einem zweiten Schritt auf Strom und Wärme ausgedehnt werden muss, ist und bleibt die richtige Antwort. Danach wird Biokraftstoff auf die Quote nur dann angerechnet, wenn über den gesamten Lebenszyklus im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen eine Minderung der Treibhausgase um mindestens 40% nachgewiesen wird. In der EU wird eine entsprechende Richtlinie derzeit erarbeitet. Die Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass es Jahre dauern wird, bis es praktisch funktionierende Zertifizierungssysteme gibt, mit denen die Einhaltung der Standards nachgewiesen werden kann. Für eine Übergangszeit werden wir deshalb in den Gesetzen die Kriterien so handfest konkretisieren, dass sie durch zugelassene Umweltgutachter überprüft werden können. Der Kern dieser Prüfung besteht darin, auf welchen Standorten die Biomasse angebaut wurde und welche Anbaustandorte zu einem Ausschluss der Anrechenbarkeit auf die Biokraftmassenutzung oder Biomasseförderung (z.B. im Rahmen des EEG oder des Erneuerbaren Wärmegesetzes) führen. Diese Kriterien sollten dann auch für den Anbau von Futtermitteln gelten.
Auch wenn kein Urwald für den Anbau von Biomasse gerodet wurde, kann doch nicht ausgeschlossen werden, dass der Wald für eine andere Nutzung, Beispiel Soja, gerodet wird, die nicht den Nachhaltigkeitskriterien unterliegt. Vor diesem Hintergrund soll der Schwerpunkt bei der Nutzung der heimischen Biomasse und bei Importen aus Europa liegen. Darüber hinaus sollen auf der Basis von bilateralen oder multilateralen Abkommen Importe aus solchen Entwicklungsländern erleichtert werden, die durch wirksame nationale Maßnahmen einen nachhaltigen Anbau von Biomasse gewährleisten.
Die Biokraftstoffe der 2. Generation haben durchweg eine positive Klimabilanz als die heutigen Biokraftstoffe. Zudem führen sie nicht zu Nahrungsmittelkonkurrenzen. Die Forschung und Entwicklung dieser Kraftstoffe wird deshalb verstärkt gefördert.
Der verstärkte Einsatz von Bioabfällen ist eine weitere Möglichkeit, um die Klimabilanz zu verbessern und gleichzeitig die Nahrungsmittel als Lebensmittel zu erzeugen. Große Potenziale bestehen hier in der Nutzung von Bioabfällen aus Haushalten. Deren Einsatz in der Verwertung von Biogasanlagen kann von heute rund einer Millionen Tonnen auf rund vier Millionen Tonnen erhöht werden.
Wie ich an dieser Stelle schon einmal dargestellt habe, bin ich fest davon überzeugt, dass wir die Entwicklungs- und Schwellenländer nur dann von einer nachhaltigen Energiepolitik überzeugen können, wenn wir selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb ist es wichtig, dass die EU diese Nachhaltigkeitskriterien erstellt und einhält.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber