Frage an Ulrich Kelber von Julian W. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Kelber,
als ihr potentieller Wähler habe ich mit Begeisterung ihre Tätigkeitsdokumentation auf ihrer Homepage gesehen und möchte Ihnen hiermit ein großes Lob für den Grad der Transparenz bezgl. Stimmverhalten, Finanzierung, Lobbyismus etc. aussprechen!
Eine inhaltliche Frage ist mir bei der Auseinandersetzung mit ihren Positionen, bzw. Zielen geblieben:
Als eines Ihrer Kernanliegen beschreiben Sie die Stärkung von regenerativen Energierträgern. Damit setzten Sie sich für eine Dekarbonisierung menschlichen Wirtschaftens ein.
Gleichzeitig geht aus ihrerm Abstimmungsverhalten hervor, dass Sie im Zuge des Konjunkturpaketes II auch der "Umwelt-"/Abwrackprämie zugestimmt haben.
Die Benennung als "Umweltprämie" ist hier aber mehr als irre führend, da der ökologische Nutzen dieser Prämie an zu zweifelen ist, da 1) die subventionierten Neuwagen keine geringeren Austoßraten haben und 2) die Verschrottung der Altautos (im Vergleich mit möglichen Alternativen, wie Altautosexport in andere Regionen der Welt, wo noch weniger effiziente Autos gefahren werden) global nicht zu einer Einsparung von CO² beiträgt, sondern im Gegenteil im Sinne von Materialverwertungsketten und Energieaufwand sehr kontraproduktiv zu Ziel ihrem Ziel der Dekarbonisierung zu bewerten ist.
Mit anderen Worten ist die "Umweltprämie" also eine Subventionierung der deutschen Automobilindustrie, die gerade wegen ihrer unökologischen Produkte in Absatzschwierigkeiten geraten ist. Durch die zusätzliche strukturelle Verzögerung, wirkt die Prämie also unter dem Strich weder jetzt noch zukünftig dekarbonisierend!
Wie stehen Sie zu diesem inhaltlichen Widerspruch, der sich aus Ihren Zielen und Ihrem Abstimmverhalten ergibt? Etwas anders formuliert: Warum sollte der Wähler einen Direktkanditaten wegen dessen persönlichen Zielen wählen, wenn am Ende nur die Parteizugehörigkeit ("Fraktionszwang") zählt? Muss ich nun deswegen die grüne Direktkanditatin wählen?
Mit freundlichem Gruß
Ihr
Julian Welzel
Sehr geehrter Herr Welzel,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Umwelt-/Abwrackprämie.
Ich persönlich hätte mir die Kriterien für den Erhalt der Umweltprämie auch deutlich stärker an Umweltkriterien (Verbrauch, Schadstoffausstoß) gewünscht und dies in meiner Fraktion auch immer wieder vorgebracht. Weil man die Abwicklung aber möglichst unbürokratisch gestalten wollte, bin ich mit meinen Vorschlägen aber in der Minderheit geblieben. Andererseits habe ich durch die Diskussionen im Gegenzug die Zusicherung der Finanzierung von mehr Elektromobilität, mehr Wärmedämmung und mehr Einsatz von erneuerbaren Energien im Wärmesektor durchgesetzt.
Die Abwrackprämie ist übrigens trotzdem eine Umweltprämie geworden, denn die meisten Neuwagenkäufer haben sich verbrauchsarme Neuwagen gekauft. Das Bundesumweltministerium hat dazu inzwischen eine Studie veröffentlicht, welche zu folgenden Ergebnissen kam: Im Durchschnitt betrug das Alter der durch neue Fahrzeuge ersetzten Altwagen mehr als 14 Jahre - das entspricht dem Alter der ansonsten aus dem deutschen Bestand abgemeldeten Pkw. Das beauftragte IFEU Institut hat errechnet, dass der Ersatz der alten durch neue Fahrzeuge zu bedeutend geringeren Luftschadstoffemissionen führt. So stoßen die Neufahrzeuge im Schnitt 99 Prozent weniger Rußpartikel, 87 Prozent weniger Stickoxide und immerhin noch 74 Prozent weniger Kohlenmonoxid aus, als dies die Altfahrzeuge bei weiterem Betrieb getan hätten. Auch der Spritverbrauch und damit die CO2-Emissionen sind durchschnittlich um rund 20 Prozent niedriger als zuvor. Die Umweltbilanz der Abwrackprämie ist also durchaus positiv, was auch ich so nicht erwartet hatte.
Was den Fraktionszwang angeht, so gibt es den nicht. In meiner Fraktion ist es - wie in allen anderen Fraktionen auch - üblich, dass man nach der fraktionsinternen Diskussion und Abstimmung den Mehrheitsbeschluss mitträgt, auch wenn man selbst anderer Meinung ist (Ausnahme: Gewissensentscheidungen). Nur so ist belastbare und berechenbare Politik zu machen. Dieses Verfahren gilt übrigens in allen Gruppen, in denen man etwas gemeinsam erreichen möchte - in Familien, in Mannschaften, in Vereinen und sogar bei meinen Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Nur mit dieser Fraktionsdisziplin ist es uns unter Rot-Grün gelungen, die vielen Umwelt- und Klimaschutzgesetze durchzusetzen.
In Bonn wie überall gewinnt der Kandidat mit den meisten Erststimmen, alle anderen Erststimmen verfallen. Deswegen fällt die Entscheidung 2009 wie in allen Wahlen zuvor voraussichtlich zwischen den Kandidaten von SPD und CDU. 2002 und 2005 wurde ich direkt gewählt, weil mir auch mehr als die Hälfte der Grünen-Wählerinnen und -Wähler die Erststimme gegeben haben. In diesem Jahr ist es für die Anhänger der Grünen sogar noch einfacher, mich mit der Erststimme zu wählen, weil Katja Dörner über die Landesliste auf jeden Fall in den Bundestag einziehen wird. Wer Bonn rot-grün im Bundestag vertreten sehen will, tut also gut daran, mir seine Erststimme zu geben. :-) Wenn Sie sich auf meiner Internetseite einmal die Wahlkampfseiten anschauen, werden Sie bei den Wahlaufrufen sehen, dass auch viele Umweltschützer dazu aufrufen, mir die Erststimme in Bonn zu geben.
Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber