Wie stehen Sie zu Begrenzung Amtszeiten, Zeiten in Parlamenten etc. und Politikkarrieren als Lebensentwurf?
Welche Ideen haben Sie um Demokratie (in Bund, Land Kommune) für die Bevölkerung erlebbar zu zu gestalten?
Sehr geehrter Mathias Bautz,
Die Begrenzung von Amtszeiten, Zeiten in Parlamenten und Berufspolitik sind lange und viel diskutierte Themen insbesondere in Parteien und Organisationen, die sich links der Mitte verorten. In den Grünen und der PDS bzw. Die Linke, gab und gibt es unterschiedliche Regelungen von Amtszeitbegrenzungen in unterschiedlichen Gremien und Funktionen.
Politik zu machen ist in der Regel anstrengend. Politik gut und professionell zu machen ist anspruchsvoll und sehr zeitaufwendig. Viele Funktionen und Aufgaben in der Politik lassen sich nur noch schwer ehrenamtlich bewältigen, benötigen einen professionellen Apparat mit fachlicher und wissenschaftlicher Expertise, Organisation und Öffentlichkeitsarbeit. Insbesondere die Mitgliedschaft in einem Parlament erfordert die Vollzeittätigkeit zur Ausübung des Mandats. Ich habe deshalb auch im Unterschied zu anderen Abgeordneten auf eine bezahlte Nebentätigkeit verzichtet.
Meine Erfahrung hat gezeigt, dass eine Begrenzung der Zeit im Parlament problematisch ist. Als ich neu ins Berliner Abgeordnetenhaus kam benötigte ich, trotz solidarischer Unterstützung von erfahreneren Kolleginnen und Kollegen eine Zeit von mehr als einem Jahr um mich in den Strukturen und der Arbeitsweise des Parlaments zurechtzufinden. Manche mögen das schneller schaffen, manche sehen das aber möglicherweise auch sorgloser. Neulinge im Parlament haben selten die Möglichkeit in dem Fachgebiet arbeiten zu können, das sie sich wünschen. Stattdessen landet man in Ausschüssen in denen es gilt sich inhaltlich völlig neu einzuarbeiten. Ich kann also sagen, dass meine erste Legislaturperiode zum größten Teil dem Erlernen des parlamentarischen Handwerks diente und ich erst gegen Ende derselben eine gewisse Souveränität in der Ausübung des Mandats erlangte. Die zweite Legislaturperiode war davon geprägt, dass ich in meiner Fraktion neben meiner fachlichen Weiterqualifizierung auch Leitungsfunktionen übernehmen konnte. Die dritte Legislaturperiode war davon geprägt den Fraktionsvorsitz auszuüben. Sie sehen, für mich persönlich brauchte es drei Legislaturperioden um einen Status zu erreichen, dass ich den Fraktionsvorsitz auszufüllen im Stande war - und zwar in einer inhaltlichen und formalen Weise, die meinen (hohen) persönlichen Anforderungen an so eine demokratische Funktion genügte.
Eine Amtszeitbegrenzung sollte also nach meiner Überzeugung durch die Wählerinnen und Wähler erfolgen. Nicht durch abstrakte Regeln, die nicht unterscheiden, ob jemand sein Mandat gut oder schlecht ausübt.
Ich selbst hatte keinen Plan Berufspolitiker zu werden. Ich habe mich schon in meiner Jugend politisch engagiert. Ehrenamtliche Tätigkeit wurde hier und da einmal durch Jobs im politischen Betrieb ergänzt, bis ich mich entschlossen hatte für das Berliner Abgeordnetenhaus zu kandidieren. Diese Arbeit, ohne Wochenarbeitszeitbegrenzung, mit hohem Stressfaktor aber auch großer Befriedigung, wenn etwas Sinnvolles gelingt, habe ich gerne gemacht und mache sie weiterhin gerne. Ob und wie jemand das machen möchte, soll sie/er selbst entscheiden, ob phasenweise oder ein ganzes Leben und sich dann zur Wahl stellen. Dann muss man/frau damit klar kommen mit Wahl oder Nicht-Wahl.
Demokratie lebt von der aktiven Teilnahme. Ich habe mich deshalb immer für Instrumente der direkten Demokratie eingesetzt. Die Möglichkeit von Volksbegehren, Bürgerbeteiligungen und Partizipationsprozessen möchte ich fördern und bewerben. Dadurch und in der Auseinandersetzung und Diskussion mit Parlamentarier*innen, Minister*innen, Bürgermeister*innen wird Demokratie erlebbar.
Mit freundlichen Grüßen
Udo Wolf