Frage an Udo Wolf von David R. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Wolf,
wenns beliebt, mal eine relativ persönliche Frage für die "gefühslbetonten" Wähler( für mich auch auf lokaler Ebene hochinteressant ,mit wem ich es zu tun habe).
Stellt Günther Grass und/oder sein Werk für Sie persönlich einen "moralischen Kompass" dar, am 1.09.06.?
Erwarte keinesfalls kulturanthroposophische Ausführungen, eine kurze Stellungnahme genügt vollauf.
Mit herzlichem Dank
und freundlichen Grüßen
David Richter
Sehr geehrter Herr Richter,
meine Antwort lautet nein. Günter Grass stellte auch vor dem 1.9. keinen "moralischen Kompass" für mich dar. Eine Person oder das Werk eines Einzelnen kann mir weder vorgeben noch abnehmen, an welchen Werten mein Handeln orientiert ist.
Mein persönlicher "moralischer Kompass" ist von vielen unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Einflüssen geprägt. Und er bedarf der immer wieder neuen bewußten Justierung. Meine Grundüberzeugungen sind geprägt von der Philosophie der Aufklärung, des Humanismus, durch Texte von Karl Marx, Rosa Luxemburg, Simone de Beauvoir und vielen mehr. Und sie werden von der unerbittlichen Kritik der Wirklichkeit weiter differenziert und entwickelt. Lebenserfahrung, gute streitbare Freunde helfen bei der Kontrolle der Richtung. Eine für mich ganz wichtige Zutat zu meinem "Kompass" ist die Erkenntnis, das weder politisch noch privat, der Zweck die Mittel heiligt.
Ganz persönlich kann ich ihnen sagen, daß ich die Literatur von Heym, Böll und Christa Wolf, der von Günter Grass vorziehe, in der Zeitung lieber den Sportteil als das Feuilleton und in meiner Freizeit, wenn welche bleibt, spannende Krimis und historische Romane lese.
Mit freundlichen Grüßen
Udo Wolf