Frage an Torsten Liebig von Ilse M. bezüglich Humanitäre Hilfe
1. Aktuell sind zivilgesellschaftliche Akteur*innen die einzigen, die im Mittelmeer Menschen vor dem Ertrinken retten. Ihre Arbeit wird aber zunehmende kriminalisiert und behindert. Wie stehen Sie und Ihre Partei hierzu?
2. Wie stehen Sie und Ihre Partei zu der Forderung nach einer staatlich organisierten Seenotrettung und, falls Sie die Forderung unterstützen, wie werden Sie und Ihre Partei sich dafür auf der baden-württembergischen Landesebene einsetzen?
Sehr geehrte Frau Majer-Wehling,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Das Abkommen über die internationale Seenotrettung datiert auf das Jahr 1910 und kennt keine Ausnahmen, weder Freund, noch Feind, noch Ursache der Not. Selbst im Zweiten Weltkrieg fühlten sich beide Seiten an dieses Gebot gebunden. Ich sehe keinen Grund, warum dieses Gebot der Menschlichkeit in der Seenotrettung heute nicht mehr gelten soll. Menschen zu retten darf niemals kriminell sein.
Eine staatlich organisierte Seenotrettung muss im europäischen Rahmen erfolgen. Rein rechtlich läge die Verantwortung innerhalb der eigenen 200 Meilen Zone bei Italien. Es ist jedoch nachzuvollziehen, dass eine solch rein formalistische Auslegung in diesem Fall nicht sachgerecht ist, da das hohe Aufkommen an Menschen in Seenot vor der Küste Italiens mit den Flüchtlingsströmen nach Europa zusammenhängen. Dementsprechend muss die italienische Küstenwache hier durch weitere Kräfte aus Europa unterstützt werden, um dem Sterben im Mittelmeer ein Ende zu bereiten. Hieran muss sich dann auch eine europäische Verteilung dieser Bootsflüchtlinge anschließen. Dies ist jedoch lediglich die Bekämpfung des Symptoms. Die Menschen werden von skrupellosen Schleppern auf diese Boote gesetzt. Die europäische Außenpolitik muss endlich zu einer einheitlichen Linie gegenüber der Lage in Libyen finden, um das lybische Volk dabei zu unterstützen, eine legitime Regierung mit Gewaltmonopol für das ganze Land zu wählen, die diesen Schleppern das Handwerk legen kann.
Konkret auf Baden-Württemberg heruntergebrochen wird es darum gehen, gegenüber dem Bundesinnenministerium deutlich zu machen, dass viele Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg eine hohe Bereitschaft haben, weitere Flüchtlinge aus Seenot aufzunehmen. Umso geeinter die Front der Länder in dieser Frage ist, umso schwerer wird es dem Bundesinnenministerium fallen, diese Willensbekundungen zu ignorieren. Als Jungsozialisiten im Landkreis Ludwigsburg haben wir in einem ersten kleinen Schritt im vergangenen Jahr eine Petition gestartet ( https://mut-zur-bruecke.eu ), die den Landkreis auffordert, sich dem Bündnis sicherer Häfen anzuschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Torsten Liebig