Frage an Torsten Kühne von Andrea L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Kühne,
nur eine kurze Frage,warum wehrt sich die CDU so gegen einen gesetzlichen Mindestlohn?
Jeder Mensch der arbeitet sollte auch vernünftig entlohnt werden. Wer keine starke Gewerkschaft hat,oder in kleinen Betrieben arbeitet,muß sich wohl oder übel ausnutzen lassen. Um seinen Job nicht zu verlieren,geht man Kompromisse ein und sucht sich noch eine 2 Arbeit, um über die Runden zu kommen.
Das ist unwürdig.
Mit freundlichem Gruß
Andrea Löhr
Sehr geehrte Frau Löhr,
vermutlich sind wir uns in der Zielrichtung einig. Auch wir als CDU und ich persönlich möchten, dass jene Menschen, die fleißig arbeiten und jeden Morgen früh aufstehen, anständig entlohnt werden und leben können.
Wo wir uns wahrscheinlich unterscheiden, sind die Wege und Mechanismen dieses Ziel zu erreichen. Ja, die CDU lehnt einen einheitlichen, flächendeckenden Mindestlohn in ganz Deutschland ab. Mit guten Argumenten. Wirtschaftsforscher warnen vor dem gesetzlichen Mindestlohn, weil er insgesamt den Faktor Arbeit teurer macht, in die Tarifautonomie eingreift und Flexibilität am Arbeitsmarkt verloren geht. Wo soll der gesetzliche Mindeststundenlohn liegen? Bei 7,50 Euro? 10 Euro? 12 Euro? Wie will man Regionen wie die Lausitz an der Grenze zu Polen und Tschechien in einen Topf werfen mit Regionen in Baden-Württemberg an der Grenze zu Frankreich und der Schweiz? Ist der Mindestlohn zu niedrig, ist er nutzlos. Ist er zu hoch, vernichtet er Arbeitsplätze.
Wir setzen uns als CDU für ein Mindesteinkommen ein. Das beinhaltet auch die Möglichkeit staatliche Transferleistungen zusätzlich zu einem geringen Einkommen zu erhalten. Es ist immer noch besser, wenn zumindest ein Teil des Einkommen auf dem ersten Arbeitsmarkt verdient wird, als vollständig von staatlichen Transferleistungen abhängig zu sein.
Die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern mit einem gesetzlichen Mindestlohn sind nicht unbedingt vielversprechend. Jugendarbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit und Armutsrisiko sind in vielen Ländern höher als in Deutschland.
Die CDU hat in den letzten Jahren zunehmend auf branchenspezifische Mindestlöhne gesetzt, zuletzt in den großen Bereichen der Pflege und der Leiharbeit. Damit haben wir gezeigt, dass wir auch im bewährten System der Tarifautonomie das berechtigte Anliegen, Arbeitnehmer vor Lohndumping zu schützen, gut erfüllen können. Insofern sehen wir keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Einheitsregelung
Auch in der Zeitarbeitsbranche hat man sich mittlerweile auf eine verbindliche Lohnuntergrenze - also einen Mindestlohn - festgelegt. Dafür hat die christlich-liberale Koalition mit der Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes die rechtliche Grundlage geschaffen.
Der derzeitig Wirtschaftsaufschwung bietet gute Chancen die Arbeitslosigkeit weiter abzubauen. Aktuell ist die Zahl der Arbeitslosen unter 3 Millionen gefallen. Der BA-Chef Weise verwies darauf, dass keine Hinweise auf eine nachlassende Nachfrage nach Arbeitskräften sehe. Im Gegenteil: Die Unternehmen begännen nun damit, sich gegenseitig die Arbeitskräfte und hier vor allem Facharbeiter abzuwerben. Das zeigt, dass insbesondere der Bildung eine Schlüsselrolle für Beschäftigung und Existenz sichernde Löhne zukommt. Statt den bisherigen Status durch höhere Transferzahlungen weiter zu zementieren, sollten deshalb durch verbesserte Bildungsangebote die Chancen für individuellen Aufstieg verbessert werden. Das wird jetzt noch weiter unterstützt durch ein Gesetz zur Verbesserung der Wiedereingliederungschancen.
In der Hoffnung Ihre Frage beantwortet zu haben, verbleibe ich mit
freundlichen Grüßen
Torsten Kühne