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Tino Sorge
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Frage von Dieter V. •

Frage an Tino Sorge von Dieter V. bezüglich Gesundheit

Hallo Herr Sorge,

"Der Grund für das Verbot von legalem Konsum von Cannabis sehen wir nicht nur in den gesundheitlichen Gefahren, die davon ausgehen. Vielmehr sind wir der Auffassung, dass der erleichterte Zugang zu Drogen erst recht zum Konsum verleitet, was mittlerweile vielfach wissenschaftlich belegt ist, und sind daher gegen eine Verharmlosung, Liberalisierung und Legalisierung illegaler Drogen."

1. Was wäre das Problem an einer Verleitung zum Konsum, wenn der Konsum nicht gefährlich wäre? Es läuft doch einzig und allein darauf hinaus. Wieso sagen Sie dann es geht Ihnen nicht nur darum? Gezielte Ablenkung von den Fakten?

2. Es ist also wissenschaftlich belegt, dass erleichterter Zugang erst recht zum Konsum verleitet. Die relevante Frage ist aber: ist auch wissenschaftlich belegt, dass die Cannabisprohibition den Zugang für Jugendliche überhaupt erschwert? Wie ich hörte kommen Jugendliche in Deutschland leichter an Cannabis als an Alkohol. Sind Ihnen dazu gegensätzliche Fakten bekannt? Was hielten Sie bzw. die CDU davon, dies mittels einer Studie wissenschaftlich zu untersuchen (falls es dazu noch keine wissenschaftlich relevanten Fakten gibt)?

3. Was aber definitiv wissenschaftlich unumstritten belegt ist, ist, dass in Ländern mit repressiver Cannabispolitik nicht weniger konsumiert wird, als in Ländern mit liberaler Drogenpolitik. Das liegt vermutlich daran, dass Abschreckung durch das Verbot auf der einen Seite durch erschwerte Prävention/Suchthilfe und Reiz des Verbotenen auf der anderen Seite vollständig relativiert werden (www.schildower-kreis.de/manifest). Genau wie der erleichterte Zugang. Falls dieser überhaupt Realität ist.

Was spricht also tatsächlich für das Verbot, wenn es letztendlich nicht zu weniger Konsum führt??? (Eine möglicherweise "falsche Signalwirkung" ist dann ja irrelevant oder nicht existent.) Bitte beantworten Sie mir diese Frage klar und direkt. Und am besten auch alle anderen. Aber auf jedenfall diese. Danke.

D. V.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Vogt,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Cannabis und Ihr Interesse an der politischen Debatte dazu.

Wir als CDU und CSU halten konsequent am Ziel eines suchtfreien Lebens fest, deshalb hat auch die Drogen- und Suchtpolitik für die Union eine hohe Priorität. Forderungen nach Drogenfreigabe sind daher keine verantwortliche Alternative zur Suchthilfe. Dies hätte fatale Auswirkungen vor allem auf Kinder und Jugendliche, denn der Gruppendruck für Drogenkonsum würde erhöht und somit die Schwächsten am stärksten gefährdet.

Gleichzeitig haben CDU und CSU einen sehr wichtigen Schritt in der Versorgung Schwerstkranker gemacht: Wir haben die gesetzliche Grundlage für Cannabis als Medizin und für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen geschaffen. Seit März 2017 können schwerkranke Menschen nach ärztlicher Verschreibung in der Apotheke qualitätsgeprüftes Cannabis erhalten, mit Kostenerstattung der Krankenkassen. Dies hilft den Betroffenen unmittelbar. Zugleich haben wir auch die Einrichtung einer staatlichen Stelle, der so genannten Cannabisagentur, beschlossen. Diese wird den Anbau von Cannabis für medizinische Zwecke in Deutschland steuern und kontrollieren. Bis Cannabis für medizinische Zwecke aus deutschem Anbau zur Verfügung steht, wird der Bedarf weiterhin über Importe gedeckt, für die die Cannabisagentur nicht zuständig ist, sondern die Bundesopiumstelle.

Wir als CDU/CSU-Fraktion legen großen Wert darauf, dass Cannabis in Deutschland ausschließlich zu medizinischen Zwecken angebaut wird und es sich um ein Arzneimittel handelt. Der Konsum von Cannabis ohne eine medizinische Indikation wird weiterhin strafrechtlich verfolgt.

Allerdings gibt es auf Grund des Bundesverfassungsgerichtsurteils von 1994, wonach der Besitz von geringen Mengen Cannabis für den Eigenbedarf nicht strafrechtlich verfolgt werden soll, in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Anwendungen dieses Urteils. Während in Berlin und Schleswig-Holstein die Verfahren in der Regel bei bis zu 15 – 30 Gramm eingestellt werden, werden in Bayern und Baden-Württemberg manchmal selbst „Anhaftungen“ und kleine Restmengen unter einem Gramm bestraft.

Wir als Union haben uns auch hier klar positioniert. Wir lehnen es ab, Verfahren bei geringen Mengen generell einzustellen oder die Strafbarkeit des Besitzes geringer Eigenverbrauchsmengen gänzlich abzuschaffen.

Mir ist auch bekannt, dass mehrere Länder in der EU bereits Wege gegangen sind, Drogenkonsumenten zu entkriminalisieren und Möglichkeiten für den legalen Erwerb von Cannabisprodukte zu schaffen. In Spanien ist der Anbau von wenigen Cannabispflanzen für den Eigenbedarf erlaubt und auf dieser Grundlage existieren Cannabis Social Clubs, um den kollektiven Anbau für den Eigenbedarf zu organisieren. Das Bundesland Bremen versucht, den Eigenanbau von wenigen Cannabispflanzen über die geringe Menge-Verordnung zu entkriminalisieren.

Auch in Deutschland haben einige deutsche Kommunen nach § 3 Abs. 2 BtMG Ausnahmegenehmigungen für wissenschaftliche Modellprojekte zur legalen Veräußerung von Cannabis beantragt oder planen solche Anträge. Bisher wurden diese Anträge aber abgelehnt. Eine Bundesratsinitiative von Bremen und Thüringen ist im Bundesrat gescheitert, mit der die Genehmigungsfähigkeit solcher Modellprojekte geklärt werden sollte.

Zuletzt wurde die vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Studie "Cannabis: Potential und Risiken. Eine wissenschaftliche Analyse" (CaPRis) veröffentlicht. Sie zeigt: Cannabinoide können zu vielfältigen kognitiven Beeinträchtigungen führen, und zwar eindeutig in der Gedächtnisleistung, der Aufmerksamkeit und der Psychomotorik. Häufiger Cannabis-Konsum führt öfter zum Schulabbruch. Auch das Risiko für Angststörungen und Depressivität wird durch Cannabiskonsum und -abhängigkeit erhöht.

Wir als Union warnen unverändert vor der Verharmlosung und einer damit einhergehenden Liberalisierung und Legalisierung illegaler Drogen. Ich vertrete die Auffassung, dass ein erleichterter Zugang zu Drogen verstärkt zum Konsum verleitet, insbesondere bei Jugendlichen. Aber ich stehe hinter unserem Beschluss, Cannabis als Arzneimittel für Schwerstkranke zugänglich zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

Tino Sorge MdB

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