Frage an Tina Schöpfer von Philipp K. bezüglich Bundestag
Sehr geehrte Frau
im letzten Jahr ist die Föderalismuskommission gescheitert, weil keine Einigung über die Kompetenzen in der Bildungspolitik gefunden werden konnte. Trotz vieler Bekenntnisse zur Notwendigkeit der Reform und Aufforderungen aller seiten wurde bisher kein ernsthafter neuer Versuch unternommen, sicher auch wegen der Unterbrechung durch die Neuwahlen.
Ich halte diese Neuerungen für sehr dringend und interessiere mich daher für Ihre Position zur Reform der föderalen Strukturen. Wo sehen Sie geeignete Ansatzpunkte, um die staatliche Organisation wieder effektiver zu machen, ohne in Zentralismus zu verfallen?
In dieser Diskussion tauchen oft Forderungen nach Länderfusionen auf. Welche Haltung haben Sie dazu, besonders im Hinblick auf einen möglichen Zusammenschluss des Saarlandes mit Rheinland-Pfalz? Nach einigen Berichten über Expertenmeinungen brächte dies keinen umfangreichen Einspareffekt, und viele sehen die kulturellen Eigenheiten der kleineren Länder gefährdet. Parteiübergreifend wird außerdem mangelnde Gerechtigkeit im Länderfinanzausgleich angeführt, logischerweise meist aus den "reicheren" Ländern heraus.
Wie stehen Sie diesen Argumenten?
Mit freundlichen Grüßen
Philipp Krämer
Berlin (früher Homburg / Saar)
Sehr geehrter Herr Krämer,
ich bin der Meinung, dass der bundesdeutsche Föderalismus grundlegend reformiert werden muss. Die überzogene Verflechtung zwischen Bundesrat und Bundestag behindert die notwenigen Gestaltungsprozesse in Bund und Ländern. Für die Bürgerinnnen und Bürger ist nicht mehr klar, wer welche politischen Entscheidung trifft und zu verantworten hat. Die CDU-regierten Länder haben die notwendigen Reformen der Föderalismuskommission blockiert. Ich setze mich für diese Reform ein, auch um die Parlamente in Bund und Ländern zu stärken. Gesamtstaatliche Belange wie die lange überfällige Verabschiedung eines Umweltgesetzbuches muss der Bundestag, Belange der Länder müssen die Landtage entscheiden können. Die Mitwirkungsrechte des Bundesrates will ich auf die wirklichen Länderbelange begrenzen. In der Europapolitik muss der Handlungsspielraum des Bundes gesichert werden, um die deutschen Interessen in Europa wirkungsvoll vertreten zu können. In der Bildungspolitik muss der Bund weiterhin Mitwirkungsmöglichkeiten behalten. In der Hochschulpolitik darf eine Föderalismusreform nicht zur Kleinstaaterei führen: für Studierende und Lehrende muss der problemlose Wechsel zwischen Hochschulen und Bundesländern sichergestellt bleiben, bei den bisher gemeinsamen Aufgaben von Bund und Ländern wie Hochschulbau und Forschungsförderung muss es zwar Struktureformen geben, aber ohne finanzielle Abstriche, und auf internationaler Ebene muss das deutsche Wissenschaftssystem durch den Bund vertreten werden.
Die Landesparlamente sollen wieder mehr eigene Zuständigkeiten erhalten. Die Regelungskompetenz für den öffentlichen Dienst der Länder oder für bürgernahe Gestaltungsbereiche wie etwa den Ladenschluss sollen vom Bund auf die Länder übergehen. Am Staatsziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse halte ich jedoch fest. Im Bereich der inneren Sicherheit müssen die Länder zuständig bleiben. Kompetenzverlagerungen auf den Bund führen zu Doppelstrukturen und beeinträchtigen dadurch die öffentliche Sicherheit. Eine Reform der Finanzverfassung muss die Steuerautonomie der Länder stärken und zugleich den solidarischen Finanzausgleich sichern.
Über eine Länderfusion müssen die Bürgerinnen und Bürger entscheiden.
Freundliche Grüße
Tina Schöpfer