Frage an Thorsten Frei von Heike R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Frei,
Flüchtlineg kommen z.B aus Syrien über -Türkei-Griechenland-Mazedonien-Serbien-Ungarn-Österreich-nach Deutschland
quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-ein-fluechtling-filmt-seine-reise-nach-europa-a-1030908.html
Sehr geehrter Herr Frei,
warum flüchtet ein Mensch, zu Fuß durch 7 Staaten in denen es Frieden gibt und gibt dann bei uns noch an, wegen Kriegsangst geflüchtet zu sein?
Wie können Sie mir dies beantworten?
Heike Rogall
Sehr geehrte Frau Rogall,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Ich glaube, dass man die Antwort darauf relativ einfach und ohne politische Analyse geben kann. In Syrien flieht derzeit mehr als die Hälfte der Bevölkerung vor den Schrecken des bereits mehr als 5 Jahre dauernden Bürgerkrieges und den Gräueltaten des IS. Dass die Menschen ihre Heimat nicht ohne weiteres verlassen, zeigen allein die Zahlen. Von den 12 Millionen Flüchtlingen haben gerade einmal 5 Millionen das Land verlassen. Ganze 7 Millionen von ihnen sind sogenannte Binnenflüchtlinge, die erst einmal versuchen als Familien zusammenzubleiben und in Syrien den Gefahren auszuweichen. Wer aber den Schritt wagt, die Zelte abzubrechen, der Heimat den Rücken zuzukehren und sich auf eine gefährliche und mühselige Reise macht, der wird versuchen, die bestmöglichen Bedingungen für einen Neustart zu finden. Verstärkt wird diese Situation sicherlich noch, wenn man mit den eigenen Kindern flüchtet, weil man ihnen eine echte, bessere Zukunft ermöglichen will. Dann ist es am Ende auch unerheblich, ob man tausend Kilometer mehr zurücklegen muss. Die Bilder in Ungarn bspw. geben den Menschen leider Recht in der Bewertung ihrer Lage. Sie würden in ähnlicher Situation womöglich ähnlich handeln. Und nach dem zweiten Weltkrieg haben sehr viele Deutsche ebenso ähnlich gehandelt und sich nicht am erstbesten Ort niedergelassen.
Unabhängig davon steckt aber natürlich auch ein politisches Problem hinter ihrer Schilderung. Letztlich offenbart die ganze Lage, die Unfähigkeit und Unwilligkeit einiger Länder in der EU, sich an die Dublin-Regeln zum Umgang mit Flüchtlingen und an die den Verträgen zugrunde liegenden gemeinsamen Werte zu halten. Einige von Ihnen ducken sich vollständig weg und kommen ihren Verpflichtungen überhaupt nicht nach. Es kann nicht sein, dass einige von ihnen sogar Prämien an Flüchtlinge auszahlen, wenn sie weiter nach Deutschland reisen. Das Ganze wird dann noch mit markigen Sprüchen gegenüber Deutschland garniert. Bei der Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen zählt das Prinzip der Solidarität anscheinend nur äußerst wenig. Wenn es aber um finanzielle Hilfen geht, dann wird schnell der Ruf nach deutscher Solidarität laut. Wir müssen auf gemeinsame Regeln zum Umgang mit den Flüchtlingen pochen und diese auch restriktiv anwenden. Zuvorderst müssen wir aber die Regeln in der EU neu ausrichten, da „Dublin“ in der gegenwärtigen Form schlichtweg gescheitert ist.
Für mich bedeutet das, dass wir die Länder an den EU-Außengrenzen stärker finanziell und bei der Registratur der Ankömmlinge unterstützen müssen. Am besten wäre es sicherlich, dass dort bereits eine Entscheidung über tatsächliche Asylgründe gefällt wird. Die nach dem Asylverfahren verbleibenden Flüchtlinge müssen dann gerecht auf alle Schultern verteilt werden. Und insgesamt müssen wir uns stärker für die Bekämpfung der Fluchtursachen einsetzen. Jeder in den Krisenherden rund um Europa eingesetzte Euro amortisiert sich doppelt und dreifach, da durch weniger Flüchtlinge unsere Sozialbudgets deutlich weniger belastet werden Ich bin gespannt auf die weiteren Entwicklungen, schließlich hat dieses Thema genügend Sprengkraft, um sich zur echten Zerreißprobe zu entwickeln. Es gilt aber zunächst den EU-Flüchtlingsgipfel der EU- Staats- und -Regierungschefs am 14. September abzuwarten.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei