Welche Auswirkungen haben die Forderungen im Antrag auf Rheinland-Pfalz als Grenzregion? Sehen Sie Konflikte mit Europarecht und Grundrechten, und welchen Stellenwert hat das Europarecht für Sie?
Sehr geehrter Herr Becherer,
am 29. Januar 2025 wurde im Bundestag ein Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik mit Unterstützung der AfD knapp angenommen. Dies hat eine breite Debatte ausgelöst, da es das erste Mal war, dass ein Antrag mit AfD-Stimmen eine Mehrheit fand. Zudem gibt es Bedenken zur Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und europäischem Recht.
Als Bürger von Rheinland-Pfalz, einem Bundesland mit mehreren europäischen Nachbarn, interessiert mich ihre Sicht als Bundestagskandidat, besonders die Auswirkungen auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und den Umgang mit grundlegenden Rechten. Wie bewerten Sie diesen Beschluss im Hinblick auf unsere Nachbarländer und den Stellenwert des Europarechts? Welche Bedeutung messen Sie europäischer Rechtsprechung und Grundrechten bei, insbesondere im Kontext der Migration?

Sehr geehrter Herr K.,
aus eigenen Gesprächen kann ich ihnen bestätigen, dass Nachbarländer und international tätige Unternehmen besorgt auf diese Entwicklungen blicken.
Trotzdem möchte ich klar sagen: die schrecklichen Taten haben Parallelen, aus denen es schnell Konsequenzen zu ziehen gilt. Dazu haben wir acht konkrete Maßnahmen eingebracht. Weitere Grenzkontrollen gehören jedoch nicht dazu. Diese beseitigen nicht die Ursachen, sind gegen das Asylrecht und verursachen große Kollateralschäden. Auch die wirtschaftlichen Materialflüsse aus Rheinland-Pfalz über die Grenzen und die damit zusammenhängenden Wertschöpfungsketten würden sehr darunter leiden.
Unter Annalena Baerbock ist es uns endlich gelungen, einheitliche Anpassungen europaweit zu einigen. Diese treten weitestgehend zum 1.1.2026 in Kraft. Und wir erwarten, dass sich alle europäischen Partner daran halten. Jetzt im Alleingang national gegen Europarecht zu verstoßen, jedoch von den Anderen zu erwarten, dass sie sich an die neuen Regeln in einem Jahr zu halten, halte ich für völlig falsch. Ich stehe zu den Grundrechte und gegen eine Symbolpolitik, die die wirklichen Ursachen nicht behebt.
Ein ganz wichtiger Punkt bei den Ursachen ist mir: Niemand flüchtet ohne Grund. Menschen kommen in der Regel hier an und haben Träume. Sie wollen sich ein neues Leben in Sicherheit aufbauen. Bisher haben wir ihnen dann erstmal ein Arbeitsverbot ausgesprochen. Das ist verheerend. Wer arbeiten kann, muss auch arbeiten dürfen. Mit dem Job-Turbo haben wir hier Ende Oktober einen sehr wichtigen Schritt getan. Es gilt jetzt die Auswirkungen in der Praxis eng zu begleiten und bei Bedarf weiter nachzubessern. Die Aktivität von Menschen nicht zu unterbinden, sondern sie zu ermöglichen und zu unterstützen ist aus meiner Sicht ein Kernpunkt in der Integration und der Prävention.
Ich hoffe das beantwortet ihre Frage.
Viele Grüße,
Thorsten Becherer