Frage an Thomas Silberhorn von Matthias L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Silberhorn,
aus der überregionalen Presse ist mir der Standpunkt der CDU/CSU zum Thema "Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet" bekannt. Hier gibt es natürlich überhaupt kein wenn und aber, die Kinderpornographie ist abscheulich und muss bekämpft werden. Dies gilt es zunächst klarzustellen !
Ich möchte jedoch ihre Meinung zum Gesetzesvorhaben von Frau von der Leyen wissen. Sie plant eine Sperrliste für Internetseiten. Diese Sperrliste wird vom BKA gepflegt und ist durch keine weitere demokratische Stelle prüfbar. Es handelt sich hier um einen starken Eingriff in die Informationsfreiheit. Leider ist durch solche Sperren keinem Kind geholfen, da die Kinderpornographie nicht verhindert wird. Ich vergleiche das gern mit einer Straßensperre. Wenn sie die Straße abriegeln, wird dennoch hinter den Haustüren weitergehandelt.
Konkret die Fragen:
1. Sind sie der Meinung das hier wirklich etwas für Kinder getan wird ?
2. Halten sie den Eingriff in die Grundrechte hier für angemessen ?
3. Ist ihnen bewußt das eine Umgehung dieser Zensurmaßnahme in 28 Sekunden möglich ist ?
Frau von der Leyen sprach im Bundestag davon, dass nur sehr versierte diese Sperre umgehen können. Ich halte dies für absolut falsch und mache mir Sorgen - wenn alle Gesetzesvorhaben von dieser Qualität sind ...
Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit und bin gespannt auf ihre Antworten.
Viele Grüße !
Matthias Lidzba
Sehr geehrter Herr Lidzba,
unsere jetzige Rechtslage führt dazu, dass kinderpornographische Internetseiten in Deutschland leichter zu erreichen sind als in anderen Ländern. Dies ist nicht hinnehmbar. Kinderpornographie ist die Dokumentation von Kindesmissbrauch und der sexuellen Ausbeutung von Kindern. Zunehmend werden im Internet schwere Misshandlungen an Kleinkindern und sogar Kleinstkindern gezeigt. Aus Sicht der Opfer ist jede einzelne Nutzung von Kinderpornographie eine massive Verletzung ihrer Intimsphäre. Zu Recht ist es deshalb nach § 184b des Strafgesetzbuches unter Strafe gestellt, kinderpornographische Daten sich zu verschaffen oder anderen zugänglich zu machen.
Die Sperrung von kinderpornographischen Inhalten im Internet ist demzufolge ein Instrument, um Straftaten zu verhindern. Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf sollen die Anbieter von Internetzugängen verpflichtet werden, durch geeignete technische Maßnahmen den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Basis sind täglich aktualisierte Sperrlisten des Bundeskriminalamts. Die Sperrungen beziehen sich ausschließlich auf Kinderpornographie und stellen schon deshalb keinen unzulässigen Eingriff in Grundrechte dar, weil das damit unterbundene Verhalten ohnehin strafbar wäre.
Inwiefern dieses Gesetz den Konsum und die Produktion von Kinderpornographie tatsächlich verhindern kann, ist im Vorhinein natürlich schwer zu beurteilen. Die jahrelangen Erfahrungen in anderen Staaten zeigen allerdings, dass dort täglich zehntausende von Zugriffen auf kinderpornographische Angebote verhindert werden können. Wir sollten deshalb nichts unversucht lassen. Das Gesetz ist ein weiterer Baustein in unserem Bemühen, Kinder zu schützen und den Markt für Kinderpornographie so weit es geht auszutrocknen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Silberhorn
Sehr geehrter Herr Lidzba,
die Erfahrung in europäischen Nachbarländern zeigt, dass mit Internetsperren die Zugriffe auf kinderpornografische Netzangebote sehr wohl reduziert werden können. Allerdings wird für Kinder sicher mehr getan, wenn solche Angebote nicht gesperrt, sondern gelöscht werden. Der Gesetzentwurf wurde deshalb dahingehend geändert, dass eine Sperre erst dann angeordnet werden darf, wenn vorrangig eine Löschung versucht worden und gescheitert ist. Dennoch sollte nichts unversucht bleiben, um die Verbreitung von Kinderpornografie einzudämmen.
Einen Eingriff in Grundrechte sehe ich nicht. Anders als im Gesetzentwurf vorgeschlagen, dürfen Internetsperren nur gegen Kinderpornografie eingesetzt werden. Zudem kann ein vom Datenschutzbeauftragten eingesetztes Kontrollgremium die Sperrlisten jederzeit überprüfen. Im Übrigen verstoßen Internetsperren gegen Kinderpornografie schon deshalb nicht gegen Grundrechte der Internetanbieter oder -nutzer, weil die Verbreitung oder das Zugänglichmachen solcher Inhalte eine Straftat darstellt (§§ 184 b, c Strafgesetzbuch). Es geht daher auch nicht um Zensur. Vielmehr erfordert der grundrechtlich garantierte Schutz des Persönlichkeitsrechts, dass der Staat seiner Schutzpflicht gegenüber den betroffenen Kindern nachkommt.
Wie schnell Internetsperren umgangen werden können, kann ich nicht beurteilen. Aber auch eine begrenzte Wirksamkeit der eingesetzten Mittel ist, wenn wir wie hier von Straftaten reden, ein Fortschritt. Wir sollten, wie gesagt, nichts unversucht lassen. Das Hauptaugenmerk muss jedoch auf der Löschung kinderpornografischer Internetseiten liegen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Silberhorn