Frage an Thomas Oppermann von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Oppermann,
betr. Flüchtlingslager.
Stimmen wir darin überein, dass die Fluchtursachen nicht kurzfristig beseitigt werden können?
Die Flüchtlinge sollen in ihrer Heimat eine Perspektive bekommen.
Deshalb folgender Vorschlag:
Die EU errichtet in Jordanien nach Zustimmung der dortigen Regierung eigene Flüchtlingslager, in denen die Menschen in Berufen ausgebildet werden,
die auf lange Zeit nach ihrer Rückkehr einen Arbeitsplatz in Syrien garantieren:
Zum Beispiel dort beim Wiederaufbau von Wohnhäusern, Krankenhäusern und Schulen.
Was halten Sie davon?
Mit freundlichen Grüßen
G. R.
Sehr geehrter Herr R.,
ich finde Ihren Vorschlag gut. Er passt gut in ein schlüssiges Gesamtkonzept für die Flüchtlingspolitik, das ich entwickelt habe.
Dazu gehören folgende Punkte:
1. Wir müssen die Außengrenzen Europas effektiv sichern.
2. Vor allem müssen wir die Fluchtursachen in den Heimatregionen bekämpfen. Dies haben Sie in Ihrer Frage zurecht betont.
Punkt 2 a könnte lauten: Wir wollen Flüchtlingen in stabilen Nachbarländern vor Ort eine Ausbildung ermöglichen.
3. Wir müssen für eine geordnete Aufnahme sorgen. Dies bedeutet, dass wir kriminellen Schleusern das Handwerk legen und stattdessen Kontingente für eine legale, sichere Einreise nach Europa festlegen.
4. Wir müssen Flüchtlinge mit Bleiberecht schneller integrieren und
Abgelehnte konsequenter zurückführen.
5. Schließlich brauchen wir ein Einwanderungsgesetz, das transparent und verständlich darstellt, wer aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland einwandern kann und wer nicht.
Alle Maßnahmen müssen wir gleichzeitig in Angriff nehmen.
Wir sind uns einig, dass unser erstes Ziel lauten muss, dass Menschen gar nicht erst zu Flüchtlingen werden. Wer Zuhause ein gutes Leben hat, begibt sich nicht auf die Flucht. Es geht dabei um vieles: um Sicherheit, Arbeitsplätze, Bildung, Nahrung, freiheitliche Grundrechte und Werte. Kurz: um mehr Entwicklungshilfe. Die EU hatte sich mal darauf geeinigt, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in Entwicklungshilfe zu investieren. Dieses Ziel haben bis dato fünf Länder erreicht, Deutschland ist nicht darunter, wir lagen 2015 bei 0,5 Prozent. Das darf nicht so bleiben.
Wir haben bereits kluge und erfolgreiche Programme wie „Cash for Work“ – also Bargeld für Arbeit. Es setzt dort an, wohin die meisten syrischen Kriegsflüchtlinge geflohen sind: in den Nachbarländern Türkei, Libanon und Jordanien. Teilnehmen dürfen Flüchtlinge genauso wie Bewohner der aufnehmenden Gemeinden. Das fördert den sozialen Frieden, schafft Infrastrukturen und unterstützt direkt die Menschen in der Region. Allein 2016 wurden damit 56000 Jobs geschaffen – und zwar zu einem Zehntel der Kosten, die wir für die Menschen in Deutschland erbringen müssten. Mit anderen Worten: Für das, was ein Flüchtling in Deutschland kostet, können wir im Nordirak zehn Familien in Lohn und Brot bringen.
Über diese Themen habe ich einen ausführlichen Gastbeitrag in der FAS im Februar 2017 veröffentlicht, den Sie hier finden: https://www.thomasoppermann.de/2017/02/05/gastbeitrag-zur-fluechtlings-und-migrationspolitik-in-der-fas/
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann