Frage an Thomas Oppermann von Tom H. bezüglich Kultur
Hallo Herr Oppermann
wie stehen Sie persönlich zum Rundfunkbeitrag des Beitragsservices und unterstützen Sie und Ihre Partei eine kurzfristige Abschaffung des Zwangsbeitrags? Es liegt leider in der Natur der Einkommensverteilung, dass die Reichen über diese Zwangsabgabe nur lächeln und deshalb nicht ernsthaft an einer Abschaffung interessiert sind, aber Millionen arme und mittelständische Menschen in Deutschland wünschen sich verständlicherweise die Abschaffung. Trotzdem setzt sich keine Partei (bis auf die AFD neuerdings sogar im Parteiprogramm) für die Abschaffung ein. Warum ist das so? Das lineare Fernsehen ist tot und wird lediglich noch von der älteren Bevölkerung genutzt. Eine Abschaffung, aber mindestens eine Reformation im digitalen Zeitalter muss her. Das Thema wäre geeignet, um im Wahlkampf zahlreiche Stimmen zu sammeln. Wenn nicht die SPD, wer dann?!
Mit besten Grüßen
Tom Herrmann
Sehr geehrter Herr Herrmann,
die SPD hat intensiv an der Reform des Rundfunkbeitrages 2013 mitgewirkt und bemüht sich auch jetzt mit großem Nachdruck gemeinsam mit den zuständigen Ländern um eine dauerhafte Beitragsstabilität. Dies wird erhebliche Reformen und Spardruck bei den Rundfunkanstalten in den kommenden Jahren mit sich bringen.
Eine Abschaffung der Finanzierungsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk steht aber nicht zur Debatte.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist vielmehr ein verfassungsrechtlich gesicherter und staatsfern organisierter Garant für Unabhängigkeit, Qualität und Vielfalt von Informationen in Fernsehen, Hörfunk und im Internet. Diesen gilt es zu bewahren und langfristig weiterzuentwickeln. Gerade auch im internationalen Vergleich können wir auf das breite und qualitätsvolle Programmangebot stolz sein. Denken Sie bitte auch an die qualitativ hochwertigen – wenn auch kleinen – Sender wie arte, Phoenix, 3sat und die diversen Hörfunkwellen, die es nach reiner Marktlogik wohl nicht geben könnte. Auch sie gilt es zu erhalten. Gut recherchierte und unabhängige Informationen sind für das Funktionieren einer Demokratie unerlässlich.
Sie sprechen in Ihrer Frage zwei wichtige Aspekte an:
Für uns als SPD war bei der jüngsten Reform des Rundfunkbeitrages folgender Grundsatz besonders wichtig: Wer Sozialleistungen erhält, soll nicht mit Rundfunkgebühren belastet werden. Wer zum Beispiel Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Grundsicherung oder BAföG erhält, kann mit dem Nachweis der betreffenden Behörde die Befreiung vom Rundfunkbeitrag beantragen. Für bestimmte Härtefälle, etwa bei einem vergleichbar geringen Einkommen, sind zusätzliche Befreiungsmöglichkeiten durch die Rundfunkanstalten vorgesehen. Außerdem halten wir das System einer Haushaltsabgabe für sehr viel transparenter, einfacher und schließlich auch gerechter als das der alten gerätebezogenen Abgabe, das eine Vielzahl von Kontrollen und Bürokratie mit sich brachte.
Sie weisen zurecht darauf hin, dass sich Sehgewohnheiten ändern, wobei sich der Wandel sehr viel langsamer vollzieht als man oftmals annimmt. Die Tagesschau ist immer noch die primäre Nachrichtenreferenzquelle und die Statistik zeigt, dass der Durchschnittsdeutsche immer noch mehrere Stunden lineares Fernsehen pro Tag sieht. Gleichwohl verändern sich Ansprüche und Sehgewohnheiten allmählich. Darauf haben die Sender reagiert und neue Spartenkanäle wie ZDF neo gegründet, eine umfassendes Angebot in den Mediatheken bereitgestellt und nicht zuletzt mit dem ARD-ZDF-Onlineangebot „funk“ ein experimentelles Angebot für die junge Generation geschaffen. Sie sehen: es verändert sich einiges, wenn auch langsam. Aber auch dafür ist ein stabiler Rundfunkbeitrag notwendig, um langfristige Veränderungsprozesse im Interesse der Zuschauer, aber auch der Mitarbeiter bewältigen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann