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Thomas Oppermann
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Frage von Günter S. •

Frage an Thomas Oppermann von Günter S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Oppermann,

vor kurzem habe ich mir von der Deutschen Rentenversicherung meine Rentenansprüche berechnen lassen. Auf Basis von 37,58 Beitragsjahren ergibt sich eine Rente von 27,6% meines Bruttolohnes. Vergleiche ich dieses mit den Pensionsansprüchen eines Beamten (siehe link: http://de.wikipedia.org/wiki/Pension_(Altersversorgung)#H.C3.B6he_der_Pension ; Abschnitt 1.2 Höhe der Pension). So muss man feststellen, dass ein Beamter einen monatlichen Anspruch auf Ruhegehalt von Faktor 1,79375 x 37,58 Jahre gleich 67,4% seines Bruttogehalts hätte. Das ist ein doch sehr überraschend großer Unterschied von immerhin 39,8 % zwischen dem Altersruhegeld eines Beamten und der Rente eines Arbeitnehmers. Auch die Hans-Böckler-Stiftung hat in einer Studie festgestellt, dass es besonders bei mittleren und höheren Einkommen erhebliche Unterschiede gibt. http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_study_36_2014 (besonders Tabelle 4, S. 16)

Dazu einige Fragen:
1) Stimmt der o.g. Sachverhalt Ihrer Auffassung nach ungefähr bzw. ist er Ihnen in dieser Form bereits bekannt?
2) Welche Argumente rechtfertigen Ihrer Meinung nach diesen großen Unterschied zwischen Altersruhegelder von Beamten und Renten von Arbeitnehmern?
3) Sollten nicht diejenigen, die die Wertschöpfung erarbeiten mindestens gleichwertige Bezüge erhalten wie beamtete Arbeitnehmer, deren Pensionen von Steuern, also der arbeitenden Bevölkerung, bezahlt werden? Zumal nichtbeamtete Arbeitnehmer ihre Rente zur Hälfte selbst vom Bruttolohn bezahlen und sie auch noch dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes mit allen dazugehörigen Konsequenzen für die Rentenminderung ausgesetzt sind.
4) Was gedenken Sie zu tun, um diesen Missstand zu beheben?

Besten Dank für Ihre Antwort.

Schöne Grüße,
Guenter Schmidgall

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmidgall,

der bisweilen vorgenommene Vergleich der durchschnittlichen Höhe von Renten und Pensionen geht aus mehreren Gründen methodisch fehl:

• Bei der Beamtenversorgung handelt es sich um eine sog. Vollversorgung, die nicht nur die gesetzliche Rente, sondern auch die Betriebsrente ersetzt.

• Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bewirkt, dass darüber liegende Einkommensanteile bei der gesetzlichen Rente unberücksichtigt bleiben. Gleichwohl werden sie in der Regel versorgungswirksam. Gerade bei denjenigen Angestellten in der Privatwirtschaft, deren Gehälter die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, sind Pensionszusagen der Arbeitgeber üblich. Oder die Gehälter werden so bemessen, dass die Angestellten selbst eine zusätzliche Altersversorgung sicherstellen können.

• Es gibt in der heutigen Rentnergeneration zahlreiche Klein- und Kleinstrenten bei Personen, die nur kurzzeitig (versicherungspflichtig) gearbeitet haben und danach beispielsweise Hausfrau wurden oder als Selbstständige nicht mehr der Versicherungspflicht unterlagen. Beamte schieden in derartigen Fällen aus dem Beamtenverhältnis aus und wurden in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert, weshalb es Klein- und Kleinstpensionen zwangsläufig nicht gibt, sondern diese auch noch in Form von Renten anfallen. Gleiches gilt für Zeitsoldaten, die stets in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden.

• Die beiden Statusverhältnisse des öffentlichen Dienstes (Beamte und Tarifbeschäftigte) sind nicht gleichmäßig über die unterschiedlichen Qualifikationen verteilt. Mehr als drei Viertel der Beamten (ohne Soldaten) gehören zu den Laufbahnen des gehobenen und höheren Dienstes, nur knapp ein Viertel gehört zu den Laufbahnen des einfachen und mittleren Dienstes.

Bereits in der Vergangenheit wurden jedoch Änderungen des Rentenrechts wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen:

Die Regelaltersgrenze steigt seit 2012 auch für Bundesbeamte von 65 auf 67 Jahre gleitend an. Ebenso wurde die weitgehend eingeschränkte Berücksichtigung von Ausbildungszeiten durch einen entsprechenden Abzug wirkungsgleich auf die Bundesbeamtenversorgung übertragen.

Mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 wurde der sog. Riester-Faktor, der die Rentensteigerungen vorübergehend verminderte, in die damals noch bundeseinheitliche Beamtenversorgung übernommen. Damit sank das Niveau der Bundesbeamtenversorgung bis Anfang 2011 um insgesamt 4,33 Prozent. Seitdem werden die Tarifabschlüsse für den Bund (Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst - TVöD), wie schon von 1999 bis 2002, wieder jeweils um 0,2 Prozent gekürzt auf die Bundesbeamtenbesoldung und damit auf die - versorgung übertragen. Dadurch ist bereits bis Ende 2013 die Bemessungsgrundlage der Versorgung um 1,4 Prozent weniger gestiegen als die Tarifgehälter des Bundes.

Geplant war auch eine zusätzliche Kürzung der Beamtenversorgung wegen des in der Rentenversicherung ab 2005 eingeführten Nachhaltigkeitsfaktors. Der Entwurf des von uns eingebrachten Versorgungsnachhaltigkeitsgesetzes ist jedoch durch das vorzeitige Ende der Wahlperiode im Sommer 2005 gescheitert. Danach stellte sich heraus, dass der Nachhaltigkeitsfaktor in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die zunächst erwartete niveausenkende Wirkung hatte. Wir hatten deshalb 2009 mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz festgelegt, dass die Bundesregierung zum Stichtag 31. Dezember 2011 unter Berücksichtigung der allgemeinen Entwicklung der Versorgungssysteme prüft, ob die bisherigen und künftigen Einschnitte in der Beamtenversorgung des Bundes ausreichen. Das ist nach dem Prüfbericht der Bundesregierung vom 19. Juli 2012 der Fall. Wir werden die künftige Entwicklung im Auge behalten.

Über längere Zeiträume haben sich Rente und Beamtenversorgung bisher durchaus ähnlich entwickelt. Die jährlichen Veränderungen weichen aber wegen der Besonderheiten der unterschiedlichen Versorgungssysteme immer wieder voneinander ab. So stieg die Rente 2007, 2009 und 2011 stärker als die Bundesbeamtenversorgung. 2008, 2010, 2012 und 2014 verhält es sich umgekehrt. In 2013 erhöhte sich die Bundesbeamtenversorgung in den alten Ländern stärker und in den neuen Ländern schwächer als die Rente. Bei der Rentenerhöhung 2014 wirken sich in den alten Ländern letztmalig früher unterbliebene Kürzungen aus. Sonst errechnet sich die Rentenerhöhung allein aus der Veränderung der Bruttolöhne, des Beitragssatzes und des sog. Nachhaltigkeitsfaktors. Von der Beamtenversorgung des Bundes zu unterscheiden ist noch die zahlenmäßig bedeutendere der einzelnen Länder. Deren Besoldungs- und Versorgungserhöhungen orientieren sich zwar überwiegend am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), fallen aber aktuell unterschiedlich aus.

Im Übrigen hat der Bund zum 1. Januar 2007 einen Versorgungsfonds errichtet, mit dem die Versorgungslasten für neu eingestellte Beamte gedeckt werden. Damit wird der Haushalt der Bundesbehörden nicht erst in der Zukunft, sondern zeitnah mit den Versorgungskosten belastet, womit der bisherige Anreiz entfällt, wegen des scheinbaren Kostenvorteils eher Beamte als Tarifbeschäftigte einzustellen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Oppermann