Frage an Thomas Mann von Stephan V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Mann,
aktuell wird eine Datenschutzreform vorbereitet die möglicherweise bereits im Sommer im EU-Parlament behandelt wird. Geplant ist den Datenschutz EU-weit zu vereinheitlichen und an die Erfordernisse des 21. Jahrhunderts anzupassen.
Was erwarten Sie von dieser Datenschutzreform?
Welchen Stellenwert hat für Sie die informelle Selbstbestimmung im Vergleich zu Unternehmensinteressen?
Planen Sie diese informelle Selbstbestimmung im Gesetz zu schützen? Und wenn ja, wie planen Sie dies umzusetzen?
Was sagen Sie zu der Kritik, dass die aktuellen Entwürfe hauptsächlich auf die Wünsche von datenverarbeitenden Großunternehmen angepasst werden, aber Datenschützer kaum Mitbestimmungsmöglichkeiten hätten? So soll ein Großteil des aktuellen Gesetzentwurfes aus Lobbypapieren von Großunternehmen stammen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Voeth,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu meiner Position bezüglich der von der Kommission vorgestellten Datenschutzreform, welche demnächst im Europäischen Parlament diskutiert wird.
Die derzeitigen EU-Datenschutzvorschriften stammen aus dem Jahr 1995. Da das Internet eine maßgebliche Rolle in Sachen Datenschutz und Weiterleitung von Daten spielt, ist nach 17 Jahren eine Reform dringend geboten.
Ich erwarte mir Verbesserungen hinsichtlich folgender Punkte:
§ Durch ein EU-weit geltendes Gesamtregelwerk für Datenschutz werden Unternehmen mehr Verantwortung übernehmen müssen. Bei einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten sollen sie dazu verpflichtet werden, ihre nationale Aufsichtsbehörde unverzüglich zu benachrichtigen. Dieses dürfte den Umgang mit persönlichen Daten für Verbraucher im positiven Sinne verändern.
§ Falls Unternehmen gegen Datenschutzbestimmungen der EU verstoßen, können die nationalen Datenschutzbehörden Geldbussen bis zu 1 Mio. Euro oder 2% des Jahresumsatzes verhängen. Datenmissbrauch hat damit EU-weit Konsequenzen.
Es ist wichtig und Teil meiner Arbeit, eine Balance zwischen den Interessen der Verbraucher und Unternehmer zu finden. Ein Datentransfer ist kaum mehr zu stoppen und fester Bestandteil zahlreicher Arbeitsabläufe geworden. Daher ist es notwendig, Richtlinien aufzuerlegen, damit sowohl Klarheit und Transparenz geschaffen werden.
Die informationelle Selbstbestimmung sowie sonstige personenbezogene Daten werden nach Artikel 8 der EU-Grundrechtcharta geschützt. Lobbyismus ist ein fester Bestandteil unserer pluralistischen Gesellschaft und Teil politischer Entscheidungsprozesse. Die Interessen von datenverarbeitenden Grossunternehmen sowie von Datenschützern sind gleichermaßen zu berücksichtigen. Auch hier gilt es, einen Konsens zu finden, der verschiedenen Interessen Rechnung trägt und keinen Standpunkt zu einseitig gewichtet.
Dass Gesetzesentwürfe eins zu eins von Lobbypapieren kopiert werden, kommt leider vor und wird zu Recht stark kritisiert. Es kann nicht sein, dass Abgeordnete sich nicht selber um Inhalte kümmern und Lobbyisten-Positionen nicht kritisch hinterfragen. In diesem Sinne fordere ich effizientere Kontrollmechanismen und mehr Transparenz.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Mann MdEP