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Frage von Dimitri I. •

Frage an Thomas Mann von Dimitri I. bezüglich Finanzen

Hallo,

Laut der Präsentation von Hans-Werner Sinn "Ist der Euro noch zu retten?" vom 19.12.2011
haben wir ein großes Problem mit der EZB, denn der EZB-Rat ist das oberste Beschlussorgan der EZB und trifft die meisten Entscheidungen mit einfacher Mehrheit, wobei jedes Mitglied eine Stimme hat, d.h. dass Deutschland genau so viel zu sagen hat wie Malta, Zypern usw. und nicht wie z.B. im Rat der EU oder dem ESM (mit inderektem deutschen Vetorecht).

Nun akzeptiert die EZB bei der Kreditvergabe die Griechischen Anleihen als Sicherheit, was dazu führt, dass Griechenland eigene Anleihen ausgeben und dafür bei der EZB zu 1% Zins Kredit finanzieren kann, ohne ESM/EFSF zu nutzen (geschweige den Kapitalmarkt).

Die Hälfte des Auslandsvermögen der Deutschen Zentralbank, besteht aus Forderungen an die EZB. Also stellen sich für mich folgende Fragen, die ich an Sie richten möchte:

1. Was halten Sie allgemein von einem Kreditverhältnis unter den EU-Partnern, denn an Kreditverhältnissen können Freundschaften scheitern.

2. Warum hat Deutschland im EZB-Rat so wenig Einfluss, obwohl die EZB nach dem Vorbild der deutschen Zentralbank agieren sollte.

Mit freundlichen Grüßen
Dimitri Idessis

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Idessis,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Es ist absolut notwendig, sich innerhalb der EU Geld zu leihen, um dem europäischen Gedanken Nachdruck zu verleihen. Gerade die Europartner sollten sich dessen bewusst sein, da sie durch die gemeinsame Währung stärker denn je miteinander verzahnt sind. Es muss eine angemessene Solidarität herrschen, sofern der Kreditnehmer kein "Fass ohne Boden" ist. Es müssen Sicherheiten existieren. Dennoch - jeder kennt es - geht man bei Freunden und Partnern manchmal darüber hinaus.

Es ist korrekt, dass die EZB nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank weisungsunabhängig und frei von politischer Einflussnahme agieren soll. Diese europäische Institution ist keineswegs ein Spiegelbild der Größe des Bruttosozialproduktes der einzelnen EU-Länder. Im EZB-Rat ist jeder Präsident der einzelstaatlichen Notenbank mit einer Stimme vertreten. Entscheidungen werden nicht nach nationalen, sondern gesamteuropäischen Interessen vertreten. Wir Deutsche haben mit der Unabhängigkeit der damaligen Deutschen Bundesbank hervorragend gelebt.

Deutsche Interessen sind in der EZB angemessen vertreten. Neben Jens Weidmann, dem Präsidenten der Bundesbank, ist Jörg Asmussen als Direktoriumsmitglied mit Sitz und Stimme präsent. Dieser ehemalige deutsche Staatssekretär im Finanzministerium ist zuständig für das Ressort Internationales der EZB. Somit entfallen zwei Stimmen auf deutsche Direktoriumsmitglieder, während den übrigen Euroländern nur eine Position zusteht.

Das Ausscheiden von Dr. Jürgen Stark bedaure ich sehr. Er hatte eine herausragende Stellung als Volkswirt der EZB und setzte sich vehement für Stabilitätsorientierung ein und gegen den überbordenden Kauf von Anleihen maroder Staaten. Die uns Deutschen zurecht nachgesagte Stabilitätskultur muss in anderen Ländern erst entstehen, besonders in denen mit erheblichen Schuldenproblemen.

Ich halte es für ermutigend, dass EP, Kommission und Rat gemeinsam vorgehen, um endlich den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu verwirklichen. Er ist die Grundlage für einen stabilen Euro. Positiv ist auch, dass sich andere Mitgliedstaaten verpflichtet haben, eine Schuldenbremse - wie es die hessischen Bürgerinnen und Bürger mit 70% bei den Kommunalwahlen beschlossen haben - in ihre Verfassungen aufzunehmen. Auf diese Weise ist nicht nur die EZB ein Hort der Stabilität, sondern ebenso - wenn auch schrittweise - die große Mehrheit unserer Mitgliedstaaten.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Mann