Frage an Thomas Kossendey von Peter Z. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Kossendey,
der "Charisma", "Die Bundesbahn im ungebremsten Größenrausch", Seite 18, Beilage der Nordwest-Zeitung für Senioren entnahm ich, dass Busreisen aus ökologischer Sicht beim Kraftstoffverbrauch um das Doppelte günstiger sind als Bahnreisen. Das Umweltbundesamt empfiehlt den Bus als Verkehrsmittel und trotzdem wird eine Alternative zur Bahn vom Bundestag nicht unterstützt. Warum ist das so?
Mit freundlichem Gruß
Peter Zimmering
Sehr geehrter Herr Zimmering,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu einem Artikel in der NWZ-Beilage "Charisma", der sich auf das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) § 13/2 sowie die Initiative /"Fahren Sie Bus"/ des Bundesumweltministers Gabriel bezieht.
Sie stellen eine sehr interessante Frage. Grundsätzlich ist es durchaus so, dass im motorisierten Personennahverkehr Bahn und Bus ökologisch verträglicher sind und nicht der Pkw. Unter bestimmten Umständen ist in der Tat der Reisebus das umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Dies kann man jedoch nicht pauschalisieren. Um zu klären, welches Verkehrsmittel in einer bestimmten Situation auch das Beste ist, kommt es immer auf eine differenzierte Betrachtung des Einzelfalls an. Darauf weist auch das Bundesumweltministerium hin. Hierbei spielen sowohl ökologische als auch ökonomische Aspekte eine Rolle. Besonders wichtig ist die Frage, wie hoch der Ausnutzungsgrad eines bestimmten Verkehrsträgers auf einer Strecke ist - eine voll besetze Bahn ist ökonomisch und ökologisch sinnvoller als unzählige PKW auf den Autobahnen, und ein voll besetzter Reisebus ist besser als ein halb leerer ICE.
Gerade auch vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung muss deshalb langfristig sehr genau überlegt werden, auf welchen Strecken welcher Verkehrsträger sinnvoll ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Bahn bei voller Auslastung nicht nur gegenüber PKW und Flugzeug, sondern auch gegenüber dem Reisebus überzeugende Vorteile bietet und aus meiner Sicht besonderer Unterstützung bedarf. Bevor ich Ihnen meine Gründe dafür nenne, gehe ich noch einmal kurz auf die derzeitige Rechtslage ein.
Nach dem PBefG ist eine Genehmigung für einen Buslinienverkehr zu versagen, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln bedient werden kann. Wenn beispielsweise bereits ein Zug zwei Städte zufriedenstellend verbindet, darf auf derselben Stelle kein Bus rollen. Davon gibt es Ausnahmen. Ein Parallelverkehr ist nach dem derzeitigen PBefG durchaus möglich, z.B. durch andere Taktfrequenzen oder Busverbindungen, welche die /"/nicht befriedigenden" Verbindungen der Bahn ergänzen. So werden bereits Verbindungen zwischen kleinen Städten und Nachtfahrten von Linienbussen bedient. Und auch im Nahverkehr findet Parallelverkehr statt.
Es gibt gute Gründe dafür, diese Ausnahmen derzeit nicht weiter auszudehnen. Die Bahn ist jetzt schon einer erheblichen Konkurrenz von Billigfliegern ausgesetzt. Sollten wir die bestehende Regelung aufheben und Buslinien auf den Strecken der Bahn nicht nur uneingeschränkt zulassen, sondern sogar - wie Sie es fordern - unterstützen, würde dies die Wirtschaftlichkeit der Bahn noch weiter reduzieren. Die Folgen wären aller Wahrscheinlichkeit nach Streckenstilllegungen und Preissteigerungen - beides in keinem Fall im Interesse der Kunden!
Nicht nur für die Bahn, auch für die Busunternehmen wären wirtschaftliche Folgen möglich. Aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit würde die Einführung einer Mautpflicht für Busse erforderlich sein, da die Bahn Wegekosten zahlt und die LKWs Mautgebühren. Dies wäre eine zusätzliche Belastung für das Busgewerbe. Zudem steht zu bedenken, dass ausländische Busunternehmen durch einen Wegfall des PBefG die mittelständischen Unternehmen in Deutschland verdrängen könnten, da letztere einen erheblichen Kostennachteil gegenüber ausländischem Fahrpersonal haben. Zu dieser Ansicht tendieren im Übrigen auch die Länder im Bund-Länder-Fachausschuss Straßenpersonenverkehr (BLFA). Ebenso würde dieser Effekt für beide - Bus und Bahn - eine verschlechterte Auslastung bedeuten, was wiederum zu einem höheren Kraftstoffverbrauch pro Person führt.
Und noch einen Grund möchte ich Ihnen nennen: In unserem Koalitionsvertrag haben wir das nach wie vor richtige Ziel festgeschrieben, mehr Verkehr weg von der Straße und auf die Schiene zu bringen. Hintergrund dieser Überlegung war auch, dass starker Verkehr auf den Autobahnen zu Staus, damit wiederum zu einer Mehrbelastung der Luft und - dieser Punkt ist in Anbetracht der zahlreichen Verkehrstoten jedes Jahr nicht zu unterschätzen - zu einem erhöhten Unfallrisiko führt. Eine Verlagerung des Fernverkehrs auf die Straße hätte genau diese unerwünschten Effekte zur Folge.
Ich hoffe, Ihre Frage hiermit hinreichend beantwortet und verdeutlicht zu haben, was derzeit für den Erhalt des PBefG bestehenden spricht.
Mit freundlichem Gruß
Thomas Kossendey