Frage an Thomas Heldberg von Maria R. bezüglich Recht
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass in unserem Landkreis – gemäß der Empfehlung des Landesrechnungshofes – keine weiteren zentralen Kläranlagen gebaut werden?
Dafür, dass die Gesetze eingehalten werden, die z.B. eine Verwertung vor Ort vorsehen und Bürger in entlegenen Orten vor unzumutbaren Kosten schützen sollen?
Wie rechtfertigen Sie, dass Einzelne für einen Abwasseranschluß 30.000 Euro bezahlen müssen, obwohl diese Maßnahmen doch dem Wohl der Allgemeinheit und dem Umweltschutz dienen?
Krinitz, den 04. August 2006
Sehr geehrte Frau Rosemeyer,
erstmal vielen Dank für Ihre Frage. Das von Ihnen angesprochene Thema ist meiner Meinung nach sehr brisant, muss aber wieder auf die Tagesordnung im Landtag.
Das Kommunalabgabengesetz muss unbedingt auf seine Belastungswirkungen auf die (abnehmende) Bevölkerung geprüft werden.
Weitere Neubauten von zentralen Klärwerken im Kreis LWL sind auch meiner Meinung nach nicht notwendig, da mit ihnen sehr hohe Verbindlichkeiten, und durch die immer noch anhaltende Abnahme der Bevölkerung ansteigende Grenzkosten für die Angeschlossenen verbunden sind. Ich sehe deshalb auch in der mittelfristigen Zukunft keinen Ort (Amt oder Gemeinde), in dem es sich rentieren würde ein neues Klärwerk zu bauen. Mit „rentieren“ meine ich, dass der wirkliche Nutzen der Anlage (gesicherte umweltgerechte Aufbereitung des Abwassers zur Vermeidung von Umweltschäden) langfristig größer ist, als die durch den Neubau entstehenden Kosten. Im Falle positiver Ausnahmen, wie der Ansiedlung eines großen Unternehmens in dezentral angeschlossenen Orten, könnte ein Neubau aber von Nutzen für alle Beteiligten sein. Leider ist aufgrund der momentan in Schwerin und Berlin praktizierten Politik und dem allgemeinen Geldmangel bei den regionalen Unternehmern nicht mit großen Investitionen auf dem Dorf zu rechnen.
Eine umweltgerechte Aufbereitung von Abwasser kann aber auch durch dezentrale private Mini-Klärwerke gewährleistet werden. In meinem kleinen Heimatdorf Krinitz haben fast alle Haushalte diese vollbiologischen Anlagen auf ihren Privatgrundstücken gebaut und sind damit sehr zufrieden. In größeren Dörfern lohnt sich unter bestimmten Bedingungen auch die Installation einer zentralen Klärteichanlage, wie z.B. in Milow oder Deibow. Auch diese Anlagen halten die geforderten Umweltstandards ein. Wenn in einem Dorf oder in einer nah beieinander liegenden Gemeinde eine solche Klärteichanlage gebaut werden soll, sollten/müssen sich aber alle Bewohner daran beteiligen, um die Durchschnittskosten der Nutzung gering zu halten. Hier empfiehlt es sich im Voraus eine zumindest qualifizierte Mehrheitsentscheidung durch die Dorfbevölkerung für diese Anlage einzuholen, um späteren Frust zu vermeiden. „Unwillige“ sollten dann vom Nutzen der Anlage überzeugt werden. Meistens ist das aber das geringste Problem, sondern eher die damit verbundenen Anschlusskosten, denn die Belastung durch Steuern und Abgaben sind in Deutschland bekanntlich sehr hoch, die Einkommen in MV dagegen leider sehr niedrig. Wenn man Arbeitslos oder Hartz IV- Empfänger ist, sind die Kosten kaum aufzubringen. Das muss auch bei den Gemeindevertretern eine gewichtige Rolle bei den Entscheidungen spielen.
Die Einmalkosten eines Neubaus treten aber auch bei Privatklärwerken oder besonders bei Zentralanschlüssen, wie z.B. an die unter Umständen sehr weit entfernten Kläranlagen der ZKWAL, auf.
Bei ihrer letzten Frage verstehe ich nicht ganz den Zusammenhang, versuche aber trotzdem darauf einzugehen. Falls ich damit nicht den von Ihnen gewünschten Punkt treffe, können sie mir die Frage gerne erneut stellen.
Ich kann aber sagen, dass ich mich für die Kosten nicht rechtfertigen kann, da ich keinerlei Verantwortung dafür trage. Ich bin ja bisher nur ein Kandidat für den Landtag und noch nicht drin, ich wäre aber sehr gerne bereit in vier Jahren auf ähnliche Fragen als Abgeordneter zu antworten. ;-) Ich hoffe aber, dass dieses Problem bis dahin gelöst ist.
Ansonsten kann ich Ihnen als angehender Dipl. Ökonom (schreibe gerade meine Diplomarbeit) zu den Kosten der Zweckverbände kaum etwas sagen, da die Kalkulation von denen anhand ihrer Aufwendungen gemacht werden. Diese kenne ich natürlich nicht. Ich möchte aber nicht bestreiten, dass diese asymmetrische Informationsverteilung zum Vorteil des Zweckverbandes und zum Nachteil der Angeschlossenen genutzt werden kann. Man kann nur hoffen, dass die Bürgermeister in der Verbandsversammlung und die Kommunalaufsicht des Kreises ein Höchstmaß an Kontrolle bei den Zweckverbänden ausüben.
Mit den Argumenten „zum Wohl der Allgemeinheit“ und „Umweltschutz“ kann man leider auch nicht die Erhebung von Gebühren verhindern, denn Gebühren bezahlt man, im Gegensatz zu Steuern, für die direkte Nutzung eines öffentlich bereitgestellten Gutes. Man bekommt für sein Geld also eine direkt damit in Bezug stehende Gegenleistung. Diese Gegenleistung ist in diesem Falle eine bequeme Abwasserentsorgung und umweltfreundliche Wiederaufbereitung des selbst erzeugten Schmutzwassers. Ein Abwasseranschluss erhöht damit den Wert eines Grundstückes. Die Erstellung dieser, meines Erachtens wünschenswerten, Gegenleistung erzeugt wiederum Kosten, die ansonsten der Allgemeinheit zugeschlagen werden. Dadurch würden nur die Steuern für alle steigen, obwohl nur einige einen direkten geldwerten Nutzen daraus ziehen können..
Fazit: Keine zentralen Neubauten, sondern individuelle oder dorfgemeinschaftliche Lösungen suchen, um langfristige Nutzen und Kosten in Einklang zu bringen. Zu beachten sind dabei die Gewährleistung der unbedingt einzuhaltenden Umweltstandards durch die Anlagen und die finanziellen Möglichkeiten der zum Neubau verpflichteten Betroffenen.
Gebühren müssen für die Bereitstellung öffentlicher Güter erhoben werden, um die Kosten für die Allgemeinheit gering zu halten. Die Höhe der Gebühren muss aber ihrem tatsächlichen Wert entsprechen und darf nicht durch vorhandene Informationsdefizite zum Vorteil eines bestimmten Verbandes, etc. und damit gesamtwohlfahrtsmindernd erhoben werden.
Die FDP und damit im Besonderen auch meine Person werden sich auch in Zukunft für eine Senkung der öffentlichen Abgaben und Steuern einsetzen. Wie sie bestimmt aus den Medien erfahren haben, sind wir Liberalen die einzige politische Kraft in Deutschland, die sich konsequent für eine Senkung der Staatsquote und für einen Politikwechsel einsetzt, und dieses Ziel nach der Bundestagswahl auch nicht aus wahltaktischen Gründen aufgegeben hat. Diese Garantie gebe ich Ihnen auch für den Fall, dass wir nach 12 Jahren endlich wieder in den Landtag in Schwerin einziehen werden. Damit verbunden sind aber auch viele Einsparerfordernisse im Landeshaushalt und damit eine Verminderung der staatlichen Aufgaben. Unser Menschenbild geht aber davon aus, dass jeder Mensch selbst weiß, was für ihn am besten ist und deshalb in einem bestimmten gesellschaftlichen Rahmen eigenverantwortlich und rücksichtsvoll handelt. Wir brauchen keinen alles bevormundenden Staat, der meint sagen zu müssen, was gut und was schlecht für uns ist. Auch nicht im Falle von Abwasseranschlüssen, wenn es ausreichend effizientere Alternativen gibt.
P.S.: Ich hoffe damit eine Antwort auf Ihre Fragen gegeben zu haben und bitte um Verzeihung für meine volkswirtschaftliche Ausdrucksweise. Das Studium hat so seine Spuren hinterlassen.