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Thomas Händel
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Frage von Georg M. •

Frage an Thomas Händel von Georg M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Händel,

aktuell kam es zu einem erschreckenden Unglück beim überqueren eines Flüchtlingsboots.
Und nun gibt es wieder Politiker die gleich wieder mehr legale Migration erlauben wollen. Wo soll das nur enden? Das Asylrecht war einst für Menschen angedacht, die wirklich verfolgt waren- Armutsmigration gehörte nicht dazu.
Wie sehen Sie das?

Gibt es Ihrer Meinung nach auch Verlierer aufgrund der hohen Zuwanderung nach Deutschland ( 2012 über eine Million)?
Wenn nicht, dann könnte man ja die Einreise-und Aufenthaltsbestimmungen ganz abschaffen, oder? Ganz so tun manche Politiker ja. Dabei gibt es m.W. auch viele Menschen ohne Aufenthaltstitel in Deutschland, die im Verborgenen leben.
Wieviel Zuwanderung verträgt Deutschland im Jahr und was spräche dagegen das kanadische Zuwanderungsmodell in Deutschland einzuführen?
Warum fragt man nicht das Volk, wieviel und welche Zuwanderung es möchte?

Ich stelle fest, dass eine hohe Zuwanderung vor allem den Arbeitgebern nützt, aber den einfach qualifizierten Menschen, den Kranken und den Wohnungssuchenden kann das durchaus schaden. Teilen Sie diese Meinung?

Mit freundlichen Grüßen,

Georg Mayer

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Mayer,

Armutsmigration ist keine Tragödie, Armutsmigration ist eine direkte Folge europäischer Politik. Eine Folge europäischer Handelspolitik, europäischer Rohstoffpolitik, kurz eine Folge der Ausbeutung der Ressourcen anderer Kontinente durch die europäische Wohlstandsgesellschaft. Insofern ist Europa direkt und indirekt verantwortlich für die Folgen dieser Politik. Und vor diesem Hintergrund muss Armutsmigration nach Europa betrachtet werden.

Menschenrechte sind universell und gelten nicht nur bis an die Außengrenzen der Europäischen Union oder die der Bundesrepublik. Wenn Menschen aufgrund europäischer und deutscher Politik aus ihren Heimatländern flüchten müssen hat Europa zunächst einmal die Verantwortung, diesen Menschen Schutz zu gewähren. Schutz vor Armut, Hunger und Tod. Zweitens hat Europa die Verantwortung, seine Handels- und Rohstoffpolitik dahingehend zu überdenken, dass den Menschen in den jeweiligen Herkunftsländern würdige Perspektiven geschaffen werden.

Nein, Einwanderung hat bis dato keinen Schaden angerichtet. Schaden angerichtet hat der Umgang mit Flüchtlingen in Europa und Deutschland. Schaden angerichtet hat die Begrenzung von Schutzrechten auf sogenannte Inländer. Diese Begrenzung erst treibt Flüchtlinge dazu, ohne Papiere und ohne gesetzlichen Schutz und Mindestarbeitsnormen ihre Arbeitskraft anzubieten. Erst die Verweigerung von Papieren und einer Arbeitserlaubnis sowie eine fehlende Integration in die Gesellschaft und fehlende gesetzliche Mindestlöhne geben Arbeitgebern die Möglichkeit, diese Menschen auszubeuten und sie gegen "inländische" ArbeitnehmerInnen auszuspielen.

Europa und Deutschland haben sich ihren Wohlstand nicht nur, aber auch auf dem Rücken der Herkunftsländer dieser Flüchtlinge erwirtschaftet. Nun ist die europäische Gesellschaft gefordet, diese Folgen zu erkennen und endlich umzusteuern. Militärische Abschottung und Ausgrenzung ist dabei der falsche Weg. Wir als LINKE stehen für ein offenes und in der Weltgemeinschaft gegenüber anderen Regionen der Welt fair agierendes Europa.

Unterm Strich teile ich also ihre Meinung nicht, hoffe aber mit diesen wenigen Argumenten Sie zu überdenken Ihrer Argumente angeregt zu haben.

Mit freundlichen Grüssen

Ihr Thomas Händel