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Thomas Händel
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Frage von Jochen R. •

Frage an Thomas Händel von Jochen R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Händel,

wie ich der Internetseiten "LobbyPlag" und "netzpolitik.org", sowie dem "gutjahrs blog" entnommen habe, wird zur Zeit im Europäischen Parlament an einer sogenannte Datenschutzreform gearbeitet: "General Data Protection Regulation (GDPR)".

Wie ich den oben genannten Quellen entnommen habe, nehmen scheinbar verschiedene Unternehmen und Interessenverbände dabei großen Einfluss auf die Ausgestaltung der Gesetzestexte. Genauer, Textvorlagen werden von MitarbeiterInnen dieser Unternehmen und Interessenverbänden verfasst und scheinbar in unterschiedlichem Umfang von einigen Abgeordneten in deren Gesetzestextvorschläge übernommen. Schließlich werden die Vorschläge dann zur Abstimmung im Parlament eingereicht.

In diesem Zusammenhang habe ich folgende Fragen an Sie:

1. Wie stehen Sie zum Thema "Einflussnahme auf die Politik durch LobbyvertretterInnen"?

2. Wie ist Ihre Position bzgl. der oben genannten Datenschutzreform?

Vielen Dank für Ihre Mühe.

Mit freundlichen Grüßen,

Jochen Raidl

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Raidl,

zunächst einmal vielen Dank für Ihre Anfrage.

Zu 1. möchte ich wie folgt antworten:

Es ist ein offenes Geheimnis, dass verschiedene Abgeordnete des EP sich die Inspiration für ihre Änderungsanträge lieber bei den Unternehmen als bei ihren Wählerinnen und Wählern suchen. Wir haben dies schon verschiedentlich kritisiert und entsprechende Transparenz eingefordert. Denn grundsätzlich ist dagegen zumindest de jure nichts einzuwenden. Auch wir lassen uns von Zusendungen verschiedener Organisationen inspirieren resp. vertrauen auf deren Sachverstand. Auch deren Arbeit ist unter den Begriff Lobbyismus zu fassen. Der Unterschied besteht darin, dass wir als LINKE uns unsere Anregungen lieber bei der Zivilgesellschaft, also Gewerkschaften, Verbraucherschützern, Datenschutzinitiativen holen als bei der Industrie und deren Vertretern, denen am Ende eben mehr an ihrem Gewinn als an den Interessen der Menschen in Europa liegt. Transparenz ist in diesem Zusammenhang deshalb so wichtig, weil Sie, die Bürgerinnen und Bürger natürlich a) die Möglichkeiten kennen und nutzen können müssen, ihrer Meinung Ausdruck zu verleihen und b) bei der nächsten Wahl natürlich wissen müssen, wem Sie ihre Stimme anvertrauen und wer mit dieser Stimme verantwortungsvoll umgeht.

Zu 2. bleibt mir als nur indirekt, weil nicht im entsprechenden Ausschuss damit befasst, betroffenem Mitglied des Europäischen Parlaments und direkt betroffener Bürger, auf die Position der Fraktion und der zuständigen Kollegin Cornelia Ernst zu verweisen bzw. diese zu zitieren:

"Auch wenn der größte Teil der Debatten, die zu dieser Reform geführt werden, von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet bleiben, so hat die Geschäftswelt dennoch die Bedeutung des Projekts erkannt. Vor Anfragen von Lobbyisten ist im Europaparlament wohl kein Abgeordneter gefeit; bei den meisten Gesetzen landen etwa drei bis fünf dieser Anfragen in meinem Postfach, dazu kommt meistens noch eine NGO. Aber diesmal ist das anders. Es sind zwar noch immer drei Lobbyanfragen - allerdings am Tag, seit fast einem Jahr. Bürgerrechtler, Daten- und Verbraucherschützer sind zwar auch darunter, verschwinden aber fast vollständig in der Masse. Die überwältigende Mehrheit der Lobbyisten kommt aus den USA oder aus der Werbebranche. Sie setzen sich ein für wenig Regulierung, für einen möglichst einfachen Datentransfer nach Amerika, wo es kein vergleichbares Datenschutzrecht gibt und dafür, dass weniger Daten als persönliche Daten gelten. Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, hat selbst die US-Regierung versucht, die EU-Kommission von dem Projekt abzubringen. Unnötig zu sagen, dass Nichts von dem im Interesse der europäischen Bürgerinnen und Bürger liegt.

Daten seien das neue Öl, ist oft zu hören. Fakt ist, dass sehr viele Firmen mit dem Handel und der Auswertung personenbezogener Daten milliardenschwere Umsätze machen, meistens ohne dass die Nutzer darin eingewilligt hätten oder nachvollziehen könnten, was mit ihren Daten geschieht. Datenschutz hat nicht zum Ziel, Dinge wie Facebook zu verbieten. Ziel ist es, den Menschen die Entscheidungshoheit über dieses neue Öl zu erhalten, und dafür zu Sorgen, dass Angebote wie Facebook genutzt werden können, ohne dass wir dafür die Kontrolle über unsere Daten aufgeben müssen."

Mehr dazu finden Sie auf der Homepage der Abgeordneten Cornelia Ernst. Die Delegation DIE LINKE im Europäischen Parlament und damit auch ich stützen diese Position und werden uns auch weiterhin dementsprechend dazu einbringen. Das heisst, unsere Fraktion wird sicher zu dem vorgelegten Entwurf noch Änderungsanträge in Plenum einbringen und anhand des abgestimmten Textes entscheiden, ob dieser nach den obigen Kriterien für uns zustimmungsfähig ist oder ob die Sicherheit der persönlichen Daten der BürgerInnen der EU eine Ablehnung des gesamten Vorschlag erforderlich machen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Thomas Händel