Frage an Thomas Händel von Andreas B. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Sehr geehrter Herr Händel,
ich beschäftige mich im Zuge der anstehenden Europawahl mit den einzelnen Parteien und Ihren Forderungen.
In Ihrem Wahlprogramm finden sich Ausführungen in der Sie die Auflösung der NATO und gleichzeitig eine einseitige Hinwendung Europas zu Russland fordern.
Halten Sie in Anbetracht des Erdgasstreits des letzten Winters und der Verfolgung der politischen Opposition in Russland diese einseitige Bindung für nachhaltige Menschenrechts- und Außenpolitik?
Mit freundliche Grüßen
Andreas Blau
Sehr geehrter Herr Blau,
Vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an der Politik der LINKEN. Ich teile Ihre Sorgen bzgl. des Gasstreits und der Beachtung der Menschen- und Freiheitsrechte in Russland. Die Lösung dieser Probleme liegt meiner Meinung nach allerdings nicht in der Ausgrenzung Russlands und einer weiteren Aufrüstung Europas oder der NATO. Vielmehr, und das ist die Position der LINKEN, muss die NATO durch eine neue, der Abrüstung verpflichteten Sicherheitstruktur unter Einbeziehung Russlands und der GUS-Staaten ersetzt werden. Diese zu schaffende Sicherheitsstruktur muss das Völkerrecht strikt achten und sich dem Gewaltmonopol der UNO unterwerfen. Dazu heißt es in unserem Programm:
„DIE LINKE bekräftigt ihre Opposition gegen alle Militärblöcke. Die Konflikte auf dem europäischen Kontinent zeigen die Notwendigkeit der Schaffung eines kollektiven Sicherheitssystems in Europa. Dieses ist ohne Russland nicht zu verwirklichen.
Ziel der LINKEN ist die Auflösung der NATO. EU-Interventionsstreitkräfte und EU-Battle-Groups müssen ebenso aufgelöst werden. Die Zusammenarbeit und Verquickung von NATO und EU sind zu beenden. Wir fordern die Schließung aller US-Militärbasen in den EU-Staaten. Mehr denn je muss Sicherheit in Europa auf den Prinzipien Abrüstung, strukturelle Nichtangriffsfähigkeit und politische und zivile Konfliktlösung im Rahmen der OSZE, im Einklang mit dem Völkerrecht und einem demokratisierten UN-System basieren. Die Europäische Union muss sich hier engagieren und eine enge, diskriminierungsfreie Partnerschaft mit ihren europäischen Nachbarstaaten entwickeln. Das verlangt Verständnis für die Probleme und Respekt vor den Interessen aller, sofern es sich nicht um aggressive Nationalisten und um Neofaschisten handelt.“
Nur unter diesen Voraussetzungen ist eine friedenssichernde und nachhaltige Außen- und Menschenrechtspolitik überhaupt möglich.
Mit solidarischen Grüßen
Thomas Händel