Frage an Thomas Bareiß von Christian S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Bareiss,
ich habe mich in den letzten Monaten intensiv mit der Killerspielproblematik auseinander gesetzt. Gerade in meinem Kollegium (Sek.I an einer Gesamtschule) wird diese Problematik intensiv diskutiert. Wir fühlen uns durch die mangelnde Unterstützung durch die Politik stark verunsichert. Sollten unsere Jugendlichen, die die Zukunft unseres Landes darstellen nicht besser vor Jugendgefährdenden Medien geschützt werden? Wie stehen speziell sie, als Mitglied des Auschusses für familie, Senioren, Frauen und Jugend zu einem möglichen Verbot von Killerspielen und wie sollte nach ihrer Meinung die Jugend vor Jugendgefährdenden Medien geschützt werden?
Ich würde mich sehr über eine baldige Antwort freuen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Christian Schlueter
Berlin, den 29. August 2007/asb
Sehr geehrter Herr Schlueter,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 28. Januar 2007 zu dem Thema „Killerspiele“, in dem Sie ausführlich Ihre Sicht und Meinung zu diesem sehr umstrittenen Punkt darlegen.
Vorrangig möchte ich festhalten, dass es bei der aktuellen Diskussion über ein Verbot der sog. „Killerspiele“ nicht darum geht, einzelne Personen zu diffamieren, sondern den Schutz von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu verbessern.
Als Mitglied des Ausschusses für Familien, Jugend und Senioren des Bundestags sehe ich mich in der Verantwortung für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor gewaltverherrlichenden Videofilmen und Computerspielen einzutreten und diesen zu stärken. Nach dem aktuellen Stand der Forschung kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein unsachgemäßer Umgang mit medialer Gewalt auch langfristige Effekte auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen haben und zu einer positiven Akzeptanz von Gewalt führen kann. Zudem besteht nach wissenschaftlichen Erkenntnissen, bei labilen Personen durchaus die Gefahr, dass sie virtuell erlebte Tötungserfahrungen auf die reale Welt übertragen werden. Trotzdem konnte Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, in einer Anhörung im Unterausschuss Neue Medien, keine Beweise liefern, die belegen, dass es einen wissenschaftlich nachweisbaren Zusammenhang zwischen Spielen am Computer und Gewaltbereitschaft gibt.
Aus diesem Grund müssen die bestehenden Schutzstandards im Jugendmedienschutz permanent auf ihre Wirksamkeit und die Umgehungsmöglichkeiten überprüft werden. Dies ist besonders deshalb notwendig, weil leider viele Eltern und Erziehungsberechtigte die ihnen obliegende Kontrolle und Erziehungsverantwortung nicht ausreichend wahrnehmen. Ebenfalls kann nicht ignoriert werden, dass eine Weitergabe derartiger Spiele an Minderjährige heute mit geringstem Aufwand – beispielsweise über das Internet – möglich ist. Daher stellt sich die Frage, ob die bestehenden Vorschriften des Jugendschutzes noch angemessen mit dem Problem umgehen oder ob Veränderungen notwendig erscheinen. Hierzu zählt auch die Diskussion über ein Verbot derartiger Filme und Spiele. Dabei ist zwischen den Interessen erwachsender Nutzer dieser Spieler und den Notwendigkeiten des Jugendschutzes abzuwägen.
Nach dem Sofortprogramm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sollen zunächst die Einstufungskriterien für Computerspiele an Kinder und Jugendliche verschärft werden. Ziel der Vorschläge ist es, zu wirksamen und durchsetzbaren Vertriebsbeschränkungen zu kommen und Verstöße hiergegen zu ahnden. Die bisherigen Regelungen des Strafgesetzbuchs sind ausreichend. Es bedarf allerdings größerer Anstrengung bei der Umsetzung. Nur 5% der Computerspiele sind „gewaltverherrlichend“. Somit verunglimpft die derzeitige Diskussion einen ganzen Wirtschaftszweig. Trotzdem muss auch ein vollständiges Verbot – sofern sich die Unwirksamkeit der jetzt geplanten Verschärfungen zeigen würde– für die Zukunft eine Option bleiben, um Kinder und Jugendliche wirksam zu schützen. Gerne übersende ich Ihnen in der Anlage die Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, damit sie sich umfassend über das zukünftige Altersfreigabeverfahren informieren können.
Ein Verbot von „Killerspielen“ ist ein Faktor in der Auseinandersetzung mit der Gesamtproblematik. Doch wir brauchen mehr: Nötig ist eine Strategie zur Entwicklung einer Medienkompetenz bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Ein unabhängiger und kritischer Umgang mit Medien ist eine große Herausforderung im digitalen Zeitalter. Dieser muss erlernt werden, er kann nicht einfach vorausgesetzt werden. Die Vermittlung von Medienkompetenz muss in den Bildungskonzepten fest verankert werden. Es ist auch eine breite gesellschaftliche Diskussion in Deutschland über die wachsende Gewaltbereitschaft von Jugendlichen notwendig.
Außerdem müssen sich auch andere Medien wie etwa das Fernsehen fragen lassen, wie sie mit dem Problem gewalthaltiger Inhalte umgehen wollen. Gewaltdarstellungen auch im Vorabendprogramm sind leider keine Seltenheit. Die Medienpolitiker der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion fordern daher eine neue Kultur von Verantwortung – von den traditionellen Medien, von den Herstellern von Videos, Computerspielen und Filmproduzenten. Gewalt darf nicht länger ein selbstverständlicher Spaßfaktor sein, weder für die Kinder noch für Erwachsene. An Gewalt darf man sich nicht gewöhnen, nicht in der virtuellen Welt und nicht im realen Leben.
Im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens werden Ihre Argumente erörtert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Bareiß MdB