Frage an Therese Lehnen von Steve B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Lehnen,
ich habe eine Frage zum NSA-Abhörskandal in Deutschland. Ich habe ich das Gefühl, dass die etablierten Parteien sich überhaupt nicht ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzten möchten. Vereinzelt wird von Abgeordneten gefordert, dass überprüft wird, ob eine Industriespionage stattgefunden hat, über das Auspionieren von Privatpersonen wird weniger diskutiert. Selbst in den USA scheint eine öffentliche Debatte zu existieren, in der die Politik eingebunden ist. Die Geheimdienste stehen massiv unter Druck, in Deutschland dagegen scheint es die Politik weniger zu interessieren, eine grundlegende Diskussion zur Privatsphäre im Internet zu initiieren.
Genau zu diesem Thema hätte ich mir vom der Piratenpartei mehr öffentliches Engagement erwartet. Ich denke, vor allem für junge Wähler ist die Positionierung zu diesem Thema nicht unbedeutend ist.
Welche Haltung haben Sie dazu?
Welche Ideen haben die Piraten zu diesem Thema?
Gibt es realistische Verbesserungsvorschläge seitens der Piraten?
Wie kann man die Menschen aufklären?
Mit besten Grüßen
Steve
Hallo Steve Bergmann,
vielen vielen Dank für diese Frage, die wirklich wichtig ist. Das Eintreten gegen Überwachung und der Schutz der Privatsphäre ist seit jeher ein Kernthema der Piratenpartei.
(Vorratsdatenspeicherung, Betandsdatenauskunft etc.)
Meine persönliche Meinung deckt sich da vollkommen mit der Meinung der Piratenpartei.
Die nun aufgedeckte Überwachung durch Spionageprogramme hat mit Terrorbekämpfung nichts zu tun. Doch viele der etablierten Politiker wollen uns weismachen, dass Sicherheit wichtiger sei als die Einhaltung unsere Grundrechte. Scheinbar soll dafür die Privatsphäre bei allen Menschen weltweit aufgehoben werden. Vom einfachen Bürgern, bis zu Regierungsspitzen. Das hat nichts mit Terrorismus, nichts mit nationaler Sicherheit zu tun. Es geht um Macht.
Je mehr man über andere Menschen weiß und in deren Privatsphäre eindringt, desto weniger können diese mit anderen Menschen geheim und tatsächlich privat kommunizieren. Und desto mehr Macht hat der Staat.
Jeder hat etwas zu verbergen und jeder weiß das. Deswegen haben wir Passwörter für unsere E-Mail-Accounts oder verschließen unsere Badezimmer oder Schlafzimmertür. Das Bedürfnis nach persönlicher Privatsphäre ist zutiefst menschlich. Denn nur im Privaten wir können wirklich frei sein, Grenzen ausloten, neue Denk- und Lebensweisen finden und ausleben. Wir brauchen Räume, wo wir uns nicht beobachtet fühlen.
In einer Welt also, in der es keine Privatsphäre mehr gibt, wo alles überwacht und von einer zentralen Stelle gespeichert wird, ändert sich unser gesamtes Leben.
Zur Verbesserung der Situation ist zunächst wichtig, dass die Fakten rund um den Überwachungsskandal aufgeklärt werden und wir künftig Menschen, die unter großen Risiken die Skandale öffentlch machen, wie z. b. Edward Snowden, schützen und in Deutschland Asyl gewähren.
Wir müssen unsere Grundrechte wie z. B. das Recht auf Post und Telekommunikationsgeheimnis, das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stärken und verteidigen. Es darf nicht mehr sein, dass der Verfassungschutz am Parlament vorbei agiert. Hier muss endlich eine transparente Aufklärung erfolgen, grundrechtsverletzende Eingriffe müssen auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft werden und Abkommen mit anderen Staaten insbesondere den USA und Großbritannien müssen überprüft und gegebenenfalls auch mutig revidiert werden.
Wir lassen nicht locker und ich bin mir gewiss, wenn wir Piraten im Bundestag sind, und die mediale Öffentlichkeit uns dann schlussendlich nicht weiter ignorieren kann und darf, werden wir sehr unbequem hinsichtlich dieser Fragen sein.
Mit besten Grüßen
Therese Lehnen