Tanja Och
ÖDP
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Frage von Hans-Jörg R. •

Frage an Tanja Och von Hans-Jörg R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Och,

viele Betriebe beschäftigen immer mehr Leiharbeiter, dass Leiharbeit reguläre Beschäftigung ersetzt, ist da keine Ausnahme mehr. Tarifverträge werden so oft umgangen. In fast jedem 4. Betrieb werden zwar Stammbeschäftigte und Leiharbeiter für gleiche Tätigkeiten auch gleich bezahlt. Insgesamt liegt der Lohn der Zeitarbeiter jedoch durchschnittlich 29 Prozent unter dem von Stammbeschäftigten.
Auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist die Ausweitung atypischer Beschäftigung kritisch. Denn wer längere Zeit wenig verdient, kommt oft ohne aufstockende Hilfe nicht mehr aus - spätestens im Alter. Hier muss also der Staat einspringen.
Als Folge greift unsichere Beschäftigung um sich. Doch die Zunahme von Arbeitsplätzen mit geringer Arbeitsplatzsicherheit, niedrigem Lohn, befristeten Verträgen und mangelndem Kündigungsschutz nimmt nicht nur immer mehr Erwerbstätigen aus dem Leiharbeiter-Sektor die Hoffnung auf eine planbare Perspektive. Sie verunsichert auch jene Arbeitnehmer, die noch ein unbefristetes Vertragsverhältnis, ordentliches Einkommen und Kündigungsschutz genießen. Auch die "normalen" Erwerbstätigen haben Angst vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg. Denn sie erleben in ihrem Umfeld, dass sie durch Externe ersetzbar sind und rasch überflüssig werden können. Die Sorge wird noch verschärft, seit der Sozialstaat mit der so genannten Hartz-IV-Reform den Arbeitslosen nicht mehr den Status sichert, sondern nur noch die Existenz.

Wie stehen Sie zu der enormen Zunahme der Leiharbeit?

Wie stehen Sie zu der unterschiedlichen Bezahlung von Leiharbeitnehmern und Stammbelegschaft, gerade auch bei den sich immer weiter nach oben entwickelnden Gehältern der Führungskräfte und Manager und wie begründen Sie, im Falle einer Befürwortung der Leiharbeit, die niedrigere Bezahlung der Leiharbeiter?

Was würden bzw. werden Sie im Falle einer Wahl unternehmen, um prekäre Beschäftigungsverhältnisse wieder in "normale" Beschäftigung zurückzuführen?

Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Rabenstein,

leider ist der Mensch in seiner Funktion als Arbeitskraft immer leichter zu
ersetzen oder zu "verbilligen". Es zählen nicht mehr Persönlichkeiten mit
familiären und sozialen Hintergründen sondern nur noch der Profit des
Unternehmens.

Sicherlich müssen die Firmen Erträge erzielen, um rentabel zu wirtschaften
oder überhaupt weiterbestehen (und damit überhaupt erst Arbeitsplätze
anzubieten) zu können. Da Personal vor allem durch sehr hohe Lohnnebenkosten
ein großer Kostenfaktor ist, bedienen sich die Betriebe der vermittelten
Kräfte aus Zeitarbeitsfirmen, um ein von vorne herein niedrigeres Gehalt zu
bezahlen.

Die ödp sagt erstens "Ja zu Mindestlöhnen". Wir berufen uns dabei auf Art.
169 der Bayerischen Verfassung. Darin ist festgehalten, dass für jeden
Berufszweig Mindestlöhne festgesetzt werden können, die dem Arbeitnehmer
eine angemessene Lebenshaltung für sich und seine Familie ermöglichen. Es
sollte daher gelten, dass Mindestlohnsätze festgelegt werden, die dann
sowohl für Festangestellte als auch für Arbeiter aus Zeitarbeitsfirmen
Richtlinien sind. Auf diese Weise würde das Lohndumping bei "Leihkräften"
verschwinden.

Zweitens muss die Belastung des Faktors "menschliche Arbeit" durch Steuern
und Abgaben abgebaut werden. Dadurch können es sich mehr Betriebe überhaupt
leisten, reguläre Arbeitsstellen zur Besetzung auszuschreiben.

Den letzten Teil Ihrer Frage betreffend, könnte ich mir vorstellen, eine Art
"Kontrollmechanismus" einzuführen, da natürlich aus sozialen Gesichtspunkten
ein "normales" Beschäftigungsverhältnis dem Zeitvertrag vorzuziehen ist.
Beispielsweise könnte die Zeitarbeitsfirma verpflichtet werden, Meldung an
das örtlich zuständige Agentur für Arbeit zu erstatten, wenn regelmäßig und
länger
als ein Jahr von der gleichen Firma eine Arbeitskraft für die gleiche
Tätigkeit abgerufen wird. Auf diese Weise können auch
Langzeitarbeitssuchende wieder die Chance auf eine Festanstellung erhalten.

Mit freundlichen Grüßen
Tanja Och