Sehr geehrte Frau Pantel, ich komme aus dem Sowi-Unterricht und stelle mir die Fragen, wie sie die Lage nach der Corona Pandemie einschätzen und wie sie dem entsprechend handeln wollen?
Sehr geehrte Frau O.,
vielen Dank für Ihre Frage aus dem Sowi-Unterricht und herzliche Grüße an Ihre Klasse. Gerne antworte ich auf Ihre Fragen etwas ausführlicher.
Unsere Maßnahmen haben die Situation im Frühjahr, als noch Unklarheit über die Entwicklung und Ausbreitung des Virus herrschte, erfolgreich verbessert. Die von Experten prognostizierten sehr hohen Zahlen in Hinblick auf die Verbreitung des Virus und die möglichen Todeszahlen haben sich glücklicherweise nicht bestätigt. Daher erscheint mir in der jetzigen Situation eine Einschränkung der Grundrechte und daher eine epidemische Lage von nationaler Tragweite mit entsprechenden gesetzlichen Regelungen nicht mehr gerechtfertigt zu sein.
Für die Zukunft wünsche ich mir mehr ausführliche Diskussionen über die tatsächliche Lage und geordnete Verfahren bei der Entscheidungsfindung. Das war leider bis zuletzt im Deutschen Bundestag nicht immer möglich. Die Arbeit am Infektionsschutzgesetz erfolgte mit kurzfristig erstellten Änderungsanträgen kurz vor Gremiensitzungen - und nicht immer unter Einbindung von Experten unterschiedlicher Fachrichtungen im Rahmen von Anhörungen im Deutschen Bundestag. Dieser Zustand, über den zu Beginn der Pandemie aufgrund der Eile noch hinweggesehen werden konnte, ist heute leider nicht mehr nachvollziehbar. Sowohl am 4. März 2021 und am 11. Juni 2021, als auch am 25. August 2021 und am 7. September 2021 habe ich im Rahmen der Änderungen am Infektionsschutzgesetz und der Verlängerung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit "Nein" abgestimmt.
Die derzeitige Abkehr von der 7-Tage-Indizenz sowie die Möglichkeit der Bundesländer, regional differenzierte Regelungen zu treffen, begrüße ich grundsätzlich. Ich halte die Möglichkeit für einzelne Bundesländer, eine Art „Ausnahmezustand“ zu verhängen aber für sehr bedenklich, gerade im Hinblick auf unsere Grundrechte. Das jetzt neu hinzugekommene Abfragerecht des Arbeitgebers über den Impf- und Serostatus seiner Angestellten eine sehr weitreichende Maßnahme. Unabhängig davon, ob diese Maßnahme sinnvoll ist, formuliert das Gesetz viele Detailfragen sehr unverständlich. Ob und wie eine Verweigerung zur Auskunft über den Impfstatus behandelt werden soll, ist unklar. Solche unklaren Regeln führen eher dazu, die Justiz und insbesondere die Arbeitsgerichte jahrelang zu beschäftigen – und beschädigen am Ende das Vertrauen in unseren Staat.
Um dieses Vertrauen geht es aber, wenn unser Staat handlungsfähig bleiben will. Wirtschaftswachstum und solide Finanzen haben die Grundlage dafür geschaffen, dass wir bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie durch große Ausgaben überhaupt staatlich handeln konnten. Es ist auch ein Gebot der Generationengerechtigkeit, dass wir zu solider Finanzpolitik zurückkehren. Es ist unser Ziel, die Handlungsspielräume für unsere Kinder und Enkel zu vergrößern, anstatt ihnen Schulden und damit Belastungen aufzubürden. Deshalb finden sich im Wahlprogramm der CDU/CSU folgende Punkte:
• Wir bekennen uns zur grundgesetzlichen Schuldenbremse. Sie hat in der Krise ihre Funktionsfähigkeit und Flexibilität bewiesen. Grundgesetzänderungen zur Aufweichung der Schuldenbremse lehnen wir ab.
• Wir wollen so schnell wie möglich wieder ausgeglichene Haushalte ohne neue Schulden erreichen und die gesamtstaatliche Schuldenquote auf unter 60 Prozent reduzieren.
• Wir werden mit Ende der Corona-Pandemie einen Kassensturz für die öffentlichen Haushalte einschließlich der Sozialversicherungen vollziehen. Das mündet in einen Fahrplan für Investitionen in Wachstum, gezielte Entlastungen und ausgeglichene Haushalte. Unsere Überzeugung ist: Nachhaltiges Wachstum schafft neue Spielräume.
• Wir werden den Bundeshaushalt zukunftsfest aufstellen und das Haushaltswesen auch auf Bundesebene nachhaltig modernisieren. Unser Ziel ist eine langfristig und generationengerecht angelegte Haushaltsführung im Bund. Dazu kann eine doppische Haushaltsführung beitragen.
• Immer wieder werden Fördermittel des Bundes nicht abgerufen oder verfehlen ihre Wirkung. Wir werden deshalb Ausgaben regelmäßig auf ihre Wirksamkeit und Notwendigkeit prüfen und entbehrliche Ausgaben streichen. So kann das vorhandene Geld für wichtigere Zukunftsaufgaben eingesetzt und mit jedem Euro mehr erreicht werden.
Die Positionen zu soliden Finanzen finden Sie in unserem CDU/CSU-Wahlprogramm unter www.ein-guter-plan-fuer-deutschland.de Dort steht ebenfalls, dass wir uns in der Zeit nach Corona gegen eine EU-Schuldenunion positionieren: „Denn für eine verantwortliche Finanz- und Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten müssen Haftung und Verantwortung in einer Hand bleiben.“ Hierzu klage ich derzeit mit sechs weiteren Mitgliedern des Deutschen Bundestages vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den sogenannten EU-Eigenmittelbeschluss, der den Einstieg in eine Schuldenunion bedeuten könnte. Wir sehen die durch das Grundgesetz garantierte Haushaltsautonomie des Bundestages in unzulässiger Weise eingeschränkt. Besonders schwer wiegt der Umstand, dass die Höhe des Risikos für Deutschland, im Falle der Nicht-Zahlungen der anderen Mitgliedsstaaten, nicht beeinflussbar ist – und Deutschland im Worst-Case-Szenario alles zahlen müsste. In diesem Fall ist der Deutsche Bundestag in seinem politischen Gestaltungsraum komplett eingeschränkt und hat keinen Einfluss auf die finanziellen Risiken – im klaren Widerspruch zum Grundgesetz. Eine genaue Prüfung dieser Sachverhalte durch die Karlsruher Richterinnen und Richter ist daher unerlässlich. Nur mit verlässlichen und soliden Finanzen werden zukünftige Generationen gute Politik in der Zeit nach Corona und in den nächsten Jahren und Jahrzehnten gestalten können.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Pantel