Frage an Sven Herbst von Thomas A. bezüglich Wirtschaft
Wie stehen Sie zum Thema Meisterzwang / Kammerzwang im Handwerk?
Könnten Sie dies bitte insbesondere mit Blick auf andere EU Staaten wie Irland, GB, Skandinavien, oder Frankreich (in denen es diese Dinge so nicht gibt) beantworten? Ist dort (wie oft in Argumenten gehört) die Ausbildungsleistung prozentual geringer oder die Qualität handwerklicher Arbeiten schlechter?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Informationen.
Sehr geehrter Herr Anders,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Kammerzwang. Gerne beantworte ich Ihnen diese mit einem Auszug aus dem Wahlprogramm der FDP Sachsen. Zu der von Ihnen gestellten Frage zum Thema Ausbildungsleistung und Qualität handwerklicher Arbeit steht mir nach meiner Ansicht nach kein Urteil zu. Dennoch werde ich versuchen auf Ihre Frage einzugehen.
Die FDP Sachsen lehnt Zwangsmitgliedschaften ab, aber die von uns angestrebte Einführung einer freiwilligen Mitgliedschaft in berufsständischen Kammern und der Industrie- und Handelskammer ist Aufgabe der Bundesgesetzgebung. Auf Landesebene setzen wir auf die Fusion getrennt organisierter Regionalkammern zu jeweils einer sächsischen Kammer.
Dadurch erhält Sachsen effizientere Strukturen zu geringeren Kosten. Die Betätigung der Kammern ist auf die gesetzlichen Aufgaben gemäß Kammergesetz, wie Maßnahmen zur Förderung der Berufsbildung und die Ausstellung von Ursprungszeugnissen zu beschränken.
Die Doppelmitgliedschaft von Handwerksbetrieben in IHK und Handwerkskammer ist abzuschaffen. Bis dahin werden die Handelskammern verpflichtet, den Mitgliedsbeitrag von Handwerksbetrieben auf Null zu setzen, wenn diese ihre Rechte aus der Mitgliedschaft ruhen lassen.
Der Abschnitt in unserem Landtagswahlprogramm 2009, auf den Sie Bezug nehmen, steht unter dem Motto "Kammerstrukturen straffen". Dies stellt für uns das Leitmotiv bei der Umgestaltung der Kammerlandschaft in Sachsen dar. Die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft fällt in die Regelungskompetenz des Bundes. So lange diese jedoch besteht, ist auf die sparsame Verwendung der Mitgliedsbeiträge besonderes Augenmerk zu legen. Sie weisen in Ihrem Schreiben auf den gesetzlichen Aufgabenkatalog hin, der sich, basierend auf § 91 Handwerksordnung, für die Handwerkskammer ergibt. Allerdings können wir daraus keine Kausalität hinsichtlich der aktuellen Organisationsstruktur in Sachsen ableiten. Diese Position fand in zahlreichen Gesprächen mit Handwerksbetrieben ihre Bestätigung, die das aktuelle Dreikammersystem kritisch hinterfragen. Auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist aus unserer Sicht eine Straffung der Verwaltungsstrukturen in allen Bereichen zwingend geboten. Dies muss auch die Selbstverwalung des Handwerks und der Industrie umfassen. Unser Einsatz für die Abschaffung der Landesdirektionen als mittlere Verwaltungsebene sollte daher im Bereich des Handwerks und der Industrie seine Entsprechung in der von uns empfohlenen Fusion getrennt organisierter Regionalkammern zu jeweils einer sächsischen Kammer finden. In dieser Korrespondenz behördlicher und kameraler Verwaltungsstrukturen sehen wir die Chance, Kosten zu senken und gleichzeitig Kompetenzen zu bündeln. Die Fusion der ebenfalls in Selbstverwaltung organisierten Rentenversicherungsträger von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zeigt exemplarisch, dass durch derartige Zusammenschlüsse erhebliche Einsparpotentiale generiert werden können.Die sächsische FDP unterstützt alle Aktivitäten, die im Interesse der Mitgliedsunternehmen zu einer schlanken und effizienten Selbstverwaltungsstruktur bei den sächsischen Kammern führen. In den zuvor beschrieben Maßnahmen sehen wir einen Weg, um dieses Ziel zu erreichen."
2. zum Vergleich mit anderen EU-Ländern.
In den EU-Staaten sind die Organisationen, die Interessen und Belange des Handwerks vertreten, genauso unterschiedlich wie das Verständnis, was Handwerk und Handwerksbetriebe eigentlich sind. Kammerorganisationen haben nicht nur unterschiedliche Rechtsformen und Aufgaben, sie sind auch unterschiedlich in die politischen Willenbildungs- und die anschließenden Umsetzungsprozesse eingebunden.
Die FDP begrüßt ausdrücklich, dass die im Jahr 2007 verabschiedete EU-/EWR-Handwerk-Verordnung auch die Höherstufung der deutschen Meisterausbildungen für Handwerker in dem EU-System der Berufsanerkennung umsetzt. Dafür haben wir uns auf Bundesebene stark gemacht. Das Gemeinschaftsrecht erkennt jetzt ausdrücklich die hohe Qualifikation der deutschen Handwerksmeister an."