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Stephanie Iraschko-Luscher
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Frage von Karin K. •

Frage an Stephanie Iraschko-Luscher von Karin K. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Iraschko-Luscher,

vielen Dank für Ihre Beantwortung unserer Frage bezüglich des Hundehaltungsgesetzes.

Über Ihre Stellungnahme zu einem weiteren Thema würden wir uns ebenfalls freuen:

Der Schutz unserer Umwelt ist uns ein wichtiges Anliegen, für das wir uns u.a. durch den Betrieb einer Solarstromanlage einsetzen. Stimmt es, dass die FDP die Fördermittel für die Erzeugung von erneuerbarer Energie streichen will?

Mit freundlichen Grüßen

Karin Klebs und Stefan Merta

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Klebs,
sehr geehrter Herr Merta,

die Nutzung Erneuerbarer Energien für den Strom- und Wärmemarkt muss im Rahmen eines ausgewogenen Energiemixes weiter vorangetrieben werden, weil es sich um Zukunftstechnologien für den Klimaschutz und für eine nachhaltige Energieversorgung handelt. Der von der rot-grünen Bundesregierung mit dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) dazu beschrittene Weg führt jedoch in die falsche Richtung. Die garantierten Fördersätze bedeuten eine auf Dauer angelegte Marktintervention mit direktem Eingriff in die Preisbildungs- und Versorgungsmechanismen des wettbewerblichen Elektrizitätsmarktes. Zudem werden einzelne Energieträger und Technologien selektiv begünstigt. Nur unzureichend werden Anreize gesetzt, um die Wirtschaftlichkeit der betreffenden Energieanlagen laufend zu verbessern. Die FDP-Bundestagsfraktion hat mit ihrem Antrag "Marktwirtschaftliche Förderung des Einsatzes erneuerbarer Energieträger" (BTag-Drs. 14/5328 vom 14. Februar 2001) beizeiten die vorgenannten Einwände und Bedenken gegen das EEG formuliert und ein alternatives Konzept zur Förderung Erneuerbarer Energien vorgelegt. Dieses Modell basiert auf einer Mengensteuerung. Damit entfällt die bisherige Regelung garantierter Preise. Das FDP-Modell geht davon aus, dass Netzbetreiber und Eigenerzeuger verpflichtet werden, eine bestimmte Menge durchgeleiteten bzw. selbst genutzten Stroms aus der Nutzung Erneuerbarer Energien zu decken. Dabei bewirkt der Marktmechanismus, dass im Wettbewerb diejenigen Anbieter bzw. Techniken zum Zuge kommen, die in der Lage sind, Elektrizität aus Erneuerbaren Energien jeweils am kostengünstigsten anzubieten. Die Erneuerbaren Energien müssen in die Lage versetzt werden, sich jeweils eigenständig am Markt zu behaupten. Ziel ist ein ausgewogener Energiemix, der Versorgungssicherheit und Kostenminimierung gewährleistet und zugleich einseitige regionale Abhängigkeiten bei der Energieversorgung vermeidet. Dabei ist die Förderung Erneuerbarer Energien auch klimapolitischen Anforderungen verpflichtet. Energie- und Klimapolitik müssen deshalb auf nationaler wie auf internationaler Ebene konsistent und sachgerecht verknüpft werden.
Einen zentralen Ausgangspunkt bietet dazu die EU-Richtlinie vom 27. September 2001. Dort wird die Zielvorgabe formuliert, den Anteil der Erneuerbaren Energien am gesamten EU-Energieverbrauch bis 2010 auf 12% zu verdoppeln. In diesem Sinne wurden für alle Mitgliedsstaaten - zunächst noch nicht verbindliche - Richtziele für den Anteil Erneuerbarer Energien am Stromverbrauch festgelegt. Für Deutschland besteht das Richtziel in einer Steigerung auf 12,5% bis 2010. Dies entspricht einer Verdoppelung gegenüber rund 6,25% im Jahr 2000. Den Mitgliedsstaaten ist dabei freigestellt, welche Instrumente sie zur Erreichung ihrer jeweiligen Richtziele verwenden. Eine für die Zukunft marktwirtschaftliche Förderung Erneuerbarer Energien muss sowohl kurzfristige als auch längerfristige Perspektiven eröffnen. Kurzfristiger Handlungsbedarf besteht hinsichtlich einer Kostensenkung und der Stärkung kommunaler Planungshoheit insbesondere bei den Windkraftanlagen. Außerdem müssen Energie- und Klimapolitik im Rahmen des internationalen Klimaschutzes sachgerecht verknüpft werden.
1. Die Fördersätze im EEG müssen im Hinblick auf teilweise bestehende Überförderungstatbestände reduziert werden. Dies gilt insbesondere mit Blick auf deutlich überhöhte Einspeisevergütungen für Windkraftanlagen an vergleichsweise ungünstigen Standorten. Um die Akzeptanz Erneuerbarer Energien nicht zu gefährden, darf darüber hinaus deren Einsatz nicht gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort erfolgen. In diesem Zusammenhang ist auch die Privilegierung von Windkraftanlagen im Baugesetzbuch dergestalt neu zu regeln, dass die kommunale Planungshoheit wieder gestärkt wird. Es soll eine regionale Bauleitplanung geschaffen werden, die verhindert, dass überall im Außenbereich, wo es derzeit keine kommunale Planung gibt, eine Genehmigung erfolgen muss.
2. Zur Kenntnis zu nehmen ist, dass bereits getätigte Investitionen und genehmigte Projekte weitreichenden Bestandschutz genießen. Bezüglich bestehender Anlagen ist das Vertrauen der Beteiligten schutzwürdig. Überdies hat die normative Kraft des Faktischen in bestimmten Regionen mittlerweile eine eigene regional- und wirtschaftspolitische Dynamik entwickelt. Die Förderung für bereits bestehende oder genehmigte Anlagen muss deshalb im Sinne eines Vertrauensschutzes im rechtlich erforderlichen Umfang beibehalten werden. Dabei müssen die Wirtschaftlichkeit und die Sicherheit der Stromversorgung gewährleistet bleiben.
3. Allgemein muss ausreichend Spielraum zur Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten verbleiben, da beispielsweise mit Blick auf eine energetische Nutzung von Biomasse in Deutschland standortspezifisch erhebliche Potentiale bestehen, welche unabhängig von einer Netzeinspeisung dezentral genutzt und weiterentwickelt werden können. Unabhängig von der marktnahen Nutzung vergleichsweise ausgereifter und in der Anwendung fortgeschrittener Techniken ist auch im Bereich der Erneuerbaren Energien eine weitere Förderung der Grundlagenforschung unverzichtbar. Dabei geht es - beispielsweise mit Blick auf die Geothermie - um eine Weiterentwicklung energiewirtschaftlich innovativer Techniken, denen eine regional, wirtschafts-, technologie- oder strukturpolitisch besondere Bedeutung zugemessen wird. Hier sollen - im Sinne des eingangs genannten FDP-Antrags - spezifische Ausschreibungswettbewerbe um gesonderte Fördermaßnahmen durchgeführt werden.
4. Auf internationaler Ebene geht es vordringlich darum, die flexiblen Instrumente des Kyotoprotokolls (namentlich also den Emissionshandel) entschlossen in die weitere Förderung Erneuerbarer Energien einzubeziehen. Der Emissionshandel bietet eine reizvolle Gelegenheit, Leistungen der deutschen (technischen) Entwicklungszusammenarbeit zur Verbindung von Energie- und Klimapolitik zu nutzen. So sieht das Kyotoprotokoll schon seit Jahren die Möglichkeit vor, Emissionsminderungserfolge aus klimarelevanten Investitionsprojekten in Entwicklungsländern auf klimapolitische Verpflichtungen der Industrieländer anzurechnen. Dies hat die FDP immer wieder mit Nachdruck gefordert (vgl. Antrag "Kyotomechanismen für die internationale Klimapolitik Deutschlands nutzen", BTag-Drs. 14/7073 v. 10. Oktober 2001"), weil durch eine entschlossene Nutzung der internationalen Instrumente moderner Klimapolitik für eine wirksame Entlastung der Erdatmosphäre viel erreicht und zugleich die Kosten des Klimaschutzes drastisch gesenkt werden könnten. Deshalb gilt es, Möglichkeiten der regenerativen Energiegewinnung auch für die Entwicklungsländer zu erschließen. Dazu muss die Vorreiterrolle Deutschlands bei der Entwicklung moderner Energiegewinnungstechniken erhalten und vorangebracht werden. Klimarelevante Investitionsprojekte aus allen Bereichen der Nutzung regenerativer Energien sollten deshalb im Rahmen der technischen Entwicklungshilfe forciert und mit den Kyoto-Mechanismen explizit verknüpft werden. Dabei müssen die ökonomischen Chancen genutzt werden, die ein moderner Klimaschutz sowohl für die Entwicklungs- und Schwellenländer als auch für deutsche Unternehmen bietet. Große Chancen bestehen beispielsweise für die Photovoltaik in sonnenreichen Regionen der Erde - zumal dann, wenn für die Energieversorgung dort keine ausreichende Netzinfrastruktur vorhanden ist. Es gilt demnach, Deutschlands Position als Standort für die Entwicklung und den Export von energiewirtschaftlicher Hochtechnologie zu festigen und im Rahmen einer Exportoffensive weiter auszubauen. Dabei ist sicherzustellen, dass die auf solcher Grundlage erreichten Emissionsminderungserfolge auf die internationalen Reduktionsverpflichtungen Deutschlands angerechnet werden. Längerfristig muss das Leistungspotential Erneuerbarer Energien verbessert und auf nationaler Ebene der Verkehrssektor in ein klimapolitisches Gesamtkonzept integriert werden.
1. Die Förderung Erneuerbarer Energien darf nicht einseitig auf die Netzeinspeisung des aus regenerativen Trägern gewonnenen Stroms abstellen. Jenseits der europäischen Zielvorgabe gilt es statt dessen verstärkt die Möglichkeit zu nutzen, die gewonnene Energie unter Nutzung und Weiterentwicklung geeigneter Energiespeichertechniken zu konservieren. Neben anderen Techniken und Verfahren kommt dabei der Produktion und Nutzung von Wasserstoff zur dezentralen Substitution fossiler Brennstoffe besondere Bedeutung zu (vgl. Antrag der FDP-Bundestagsfraktion "Energiespeicherforschung vorantreiben - Höchsttechnologien für die Speichertechnik entwickeln" BTag-Drs. 15/1605 v. 24. September 2003). Eine auf Energiespeicherung aufbauende Nutzung Erneuerbarer Energien ist der bisherigen Netzeinspeisung in zweierlei Hinsicht überlegen: Zum einen wird den Erneuerbaren Energien hierdurch längerfristig die Perspektive eröffnet, zur energetischen Grundlastversorgung beizutragen. Zum anderen wird ein erheblicher Kostenvorteil dadurch realisiert, dass die anderenfalls erforderlich werdenden massiven und zusätzlichen Investitionen in eine Erweiterung der Netzkapazitäten und der Regelenergiereserve erübrigt werden. Eine Abkehr von der Netzeinspeisung zugunsten einer auf Energiespeicherung aufbauenden Nutzung Erneuerbarer Energien erhöht deren Leistungspotential und verringert zugleich die Kosten. So werden Möglichkeiten erschlossen, den Erneuerbaren Energien zum Durchbruch zu verhelfen und die Chancen der Erneuerbarer Energien verbessert, sich eigenständig am Energiemarkt zu behaupten.

2. Die Erneuerbaren Energien bieten so auf nationaler Ebene vor allem auch die Chance, den Verkehrssektor besser in ein klimapolitisches Gesamtkonzept einzubinden. Hier ist die Weiterentwicklung der Wasserstofftechnologie zu fördern und durch den Aufbau einer geeigneten Versorgungsinfrastruktur voranzutreiben. Die seit längerem seitens der Automobil- und Mineralölwirtschaft dazu entwickelten Initiativen sind in diesem Sinne zu begrüßen, zumal namhafte Automobilhersteller bereits in Aussicht stellen, dass auf Wasserstoff basierende Technologien im Fahrzeugbereich innerhalb der nächsten Jahre in Serie gehen werden. In Zusammenarbeit mit den beteiligten Branchen müssen in diesem Sinne in Deutschland geeignete Voraussetzungen für eine Weiterentwicklung der Wasserstoffmärkte geschaffen werden.
3. Bis eine rein auf Energiespeicherung aufbauende Nutzung Erneuerbarer Energien realisiert werden kann, ist die Förderung Erneuerbarer Energien - insbesondere mit Blick auf neu zu errichtende Anlagen und für eine weitere Steigerung des Mengenziels - im Sinne des eingangs genannten FDP-Antrags auf ein Modell marktwirtschaftlicher Förderung durch Mengensteuerung umzustellen. Ich hoffe, dass ich Ihnen habe vermitteln können, dass auch für die FDP die Umwelt ein wichtiges Anliegen ist. Umweltpolitik muss mit Vernunft und nicht mit Ideologie betrieben werden. Was zählt, sind nicht die besten ökologischen Absichten, sondern die besten ökologischen Ergebnisse, damit auch unsere Kinder und Enkel noch eine lebenswerte Umwelt vorfinden.

Mit freundlichen Grüßen
Stephanie Iraschko-Luscher