Frage von Dorrit R. • 01.08.2021
Wie viel Prozent des BIP möchten Sie in Zukunft für die Bildung investieren und wofür sollen diese Investitionen konkret angelegt werden?
Antwort von Stephanie Henkel PIRATEN • 02.08.2021
Momentan gibt Deutschland gemessen am BIP bei den OECD Ländern unterdurchschnittlich wenig Geld (die letzte mir bekannte Kennzahl aus dem Jahr 2017 beläuft sich auf 4,2 %) für Bildung aus. Jedoch sollten diese Ausgaben mindestens im Durchschnitt der OECD Staaten liegen, besser bei mind. 6%.
Leider gibt es sehr viele Baustellen in unserem Bildungssystem. Die wichtigsten Punkte in die mehr Gelder fließen müsste, sind meiner Meinung nach:
- Die frühkindliche Bildung – Gerade in großen Städten wie hier in Dresden ist zu sehen, wie dringend mehr Betreuungsplätze benötigt werden. Deshalb brauchen wir gebührenfreie, flexible, bei Bedarf ganztägig und gut erreichbare Angebote in Krippen, Kindergärten und bei Tageseltern
- Die digitale Ausstattung von Schulen und die entsprechenden fachlichen Schulungen für Lehrende – Vor allem in der Pandemie haben wir wieder gesehen, wie schmerzlich wir in diesen Bereichen seit Jahrzehnten die Schulen vernachlässigt haben, deshalb brauchen wir sowohl eine bessere Netzanbindung als auch eine Hardwareausstattung für Schulen und Schulungsmaßnahmen für Lehrende, damit die neue Technik auch sinnvoll in den Unterricht integriert werden kann
- Medienkompetenz im Unterricht – Es reicht nicht aus, die Schüler·innen anschließend mit den technischen Möglichkeiten allein zu lassen. Die neuen Medien eröffnen selbstverständlich viel Gutes, aber die Kinder und Jugendlichen müssen auch lernen, wie sie z.B. Fakenews erkennen oder wie sie mit Hass im Netz umgehen. Da es oft an schulischen Angeboten oder Materialien fehlt, versuchen momentan Vereine wie digitalcourage solche Angebote zu liefern (sollten Sie im Bildungsbereich tätig sein, kann ich Ihnen sehr die „kurz und mündig“ Bände sowie die weiteren Materialien von digitalcourage empfehlen)
- Ein höherer Grad an Individualbetreuung – Der Arbeitsmarkt wandelt sich, viele Branchen fordern immer mehr Flexibilität. Der Schulsektor erinnert aber immer noch oft an „Fabriken, in die Kinder gesteckt werden und als funktionierende Arbeitskräfte wieder rausfallen sollen“. Alle durchlaufen dieselben Fächer in der selben Zeit. Diese Strukturen würde ich gern nach und nach aufbrechen sehen. Kleinere, an den Interessen und Fähigkeiten der Schüler·innen ausgerichtete Klassen (ähnlich eines Kurssystems in der Oberstufe, nur ein Stück weiter), könnten ein Anfang sein
- Bildung endet nicht nach dem Schulabschluss – Wir brauchen eine faire, für alle Branchen an feste Mindestgrenzen festgelegte Mindestvergütung für alle Auszubildenden und dual Studierenden, wenn dies nicht durch den Markt geregelt werden kann, dann durch staatliche Bezuschussung; außerdem brauchen wir freien Zugang zu Wissen, denn Bildung endet nie, auch nicht nach dem Abschluss
Darüber hinaus gibt es noch viel mehr Dinge, die im Bildungswesen verbessert werden müssen. Mir ist dabei ein Austausch mit Lerher·innenverbänden wichtig. Denn sinnvolle Änderungen am System können nur mit denen geplant und durchgeführt werden, die sie auch tatsächlich umsetzen sollen.