Frage an Stephan Heider von Oliver S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Heider,
als Einwohner des Wahlkreis Breisgau und als in der Schweiz tätiger Verkehrsspezialist (SPV) möchte ich mich bei ihnen v.a. bzgl. des Ausbaus des ÖPNV im Raum Breisach/Freiburg/Basel erkundigen (gerne aber auch nehme ich Ihre Antworten zu einer Gesamtverkehrlichen Entwicklung entgegen, danke):
1) welches sind ihre persönliche Ziele diesbzgl. bzw. welche Ziele ihrer Partei sind hierfür vorgesehen?
2) wie sollen diese dann umgesetzt werden (auch bis wann) und wie können/möchten sie persönlich dazu beitragen? Welche Massnahmen sehen sie als dringlich und hoch-prioritär an?
3) wie stehen sie zum Ausbau der Breisgau S-Bahn und in welchem zeitlichen Horizont sehen sie eine realistische Umsetzung dieses "Grossvorhabens"? Sehen sie eine realisitische Chance, dass dieser (überfälliger) Ausbau bis in den kommenden 8-10 Jahren umgesetzt werden kann.
4) Wie sehen Sie den Ausbau der "4-Spur Karlsruhe-Basel" und wie können Sie als (möglicher)MdL dieses (europaweit) wichtige Vorhaben pushen und weitere Verzögerungen beim Ausbau verhindern?
5) wie sehen sie die anstehende Ausschreibung (2014ff.) der ÖPNV-Verkehre auf der Schiene in BaWü? Wird das Land bzw. die MdL´s wiederum nur auf den Preis der eingegehende Angebote schauen od können/sollten nicht auch Kriterien wie Angebotsdichte und Qualität sowie Kundennähe der (neuen) Betreiber einen grosse Rolle bei der Vergabe von Leistungen an die Verkehrsunternehmen spielen?
Des weiteren habe ich noch eine weitere Frage bzgl. der Finanzierung der öffentlichen Haushalte - was und wo sehen sie als Kanditat dringlichen Handlungsbedarf und wie und wo sollte die Politik in der nächsten Legislatur ihre Schwerpunkte legen. Sollte der Statt weitere Investitionen (auch "auf Pump") vornehmen od muss aus Ihrer Sicht eine konsequente Sparpolitik gelten?
Vielen Dank für die Beantwortung meiner (umfangreichen) Fragen!
Freundliche Grüsse und viele Erfolg für die Landtagswahl 2011,
O.Specker
Sehr geehrter Herr Specker,
die ÖDP spricht sich eindeutig für ein modulares Verkehrskonzept aus, in dessen Mittelpunkt eindeutig der öffentliche Nah- und Fernverkehr steht. Wie die Diskussion über Stuttgart 21 aber auch etwa in Österreich über den Koralm-Tunnel zeigt, darf bei einem derartigen Konzept nicht das politische Prestigedenken zuoberst stehen, sondern die Zweckmäßigkeit inklusive einer damit einhergehenden europäischen Vernetzung.
Für den Raum Freiburg und Südbaden sind in diesem Zusammenhang folgende Prioritäten zu setzen.
Von regionaler Bedeutung mit hoher Priorität ist der Ausbau der Breisgau-S-Bahn zu sehen, um etwa eine längst fällige Anbindung von Colmar zu realisieren.
Im europäischen Kontext hat der Ausbau der Rheintaltrasse höchste Priorität, um das ökolgisch ausgerichtete schweizer Bahnprojekt nichts ins Leere laufen zu lassen.
Bei beiden Projekten sind wir bereits weit über der Zeit und aufgrund des enormen Finanzbedarfs von Stuttgart 21 ist zu befürchten, dass beide Projekte, trotz ihrer Wichtigkeit, ganz ans Ende gestellt werden und auf absehbare Zeit überhaupt nicht realisiert werden.
Was die Ausschreibungen betrifft, so ist bei dieser schwarz-gelben Koalition zu befürchten, dass wiederum nur auf den Preis geschaut wird. Eines sei aber auch gesagt, so wenig der billigste der schlechteste und der teuerste der beste Anbieter, dass bei der Vergabe primär das nachhaltige Konzept im Mittelpunkt stehen sollte. Kosten sind da sicherlich ein Entscheidungskriterium, aber ebenso Kundenzufriedenheit und damit verbunden die Zugausstattungen, die Taktung, die Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern und die Flexibilität in den Bedarfsanpassungen, um nur einige zu nennen.
Verkehrspolitisch setzt Baden-Württemberg weiter auf den motorisierten Individualverkehr und damit auf ein Konzept, das Symbol des vergangenen Jahrhunderts war. Die Vernetzung unterschiedlichster Verkehrsträger mit dem Schwerpunkt öffentlicher Raum ... hierdrin sehen wir als ÖDP´ler die richtige verkehrspolitische Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen. Und in Gegensatz zur ÖBB dürfte ein Blick auf die SBB und deren Konzepte die Deutsche Bahn AG bereits deutlich nach vorne bringen.
Zu der Thematik Investitionen in die Zukunft und deren Finanzierung muss, sollte es bei S 21 bleiben, leider konstatiert werden, dass uns Oettinger und Mappus mit dem Bau ihrer "Kathedralen" (S21 und Kauf der ENBW) für die nächsten Jahre bedeutsam beschnitten haben. Die ÖDP ist allein aus diesem Grund dafür, Stuttgart 21 nicht zu realisieren, um so nötige Mittel für wichtigere Aufgaben freizuschaufeln. Wir ÖDP´ler betrachten folgende Politikbereiche als zentrale Herausforderungen:
- die Bildungspolitik (Schule, Studium und hier v.a. eine Anpassung der Lehr- und Studienpläne)
- die Energiepolitik, wo neben Elementen einer öko-sozialen Steuerreform v.a. die regenerativen Energien weiter gefördert werden sollen, energetische Maßnahmen und es zu einer Regionalisierung der Versorgung kommt
- die Verkehrspolitik, wo wir einen gewaltigen Investitionsstau haben,
- die Förderung von Ausgründungen aus universitäten Projekten, aber auch Erwerbslosenprojekten, mit den entsprechenden Vernetzungen zu weiteren Marktteilnehmern
- die Förderung von Erwerbslosen- und Schulabbrecherprojekten um hier die Möglichkeit zur Re-Integration zu nutzen.
- die Hinterfragung der LBBW als landeseigenes Kreditinstitut.
- die Verbesserung der Situation für Familien, damit diese wieder Wahlmöglichkeiten haben, die sich am Kindeswohl orientieren können.
Grundsätzlich stehe ich auf dem Standpunkt, dass die o.g. Maßnahmen kaufmännisch solide finanziert sein müssten. Die wenigesten Privathäuser werden in bar bezahlt. Die bisherigen Ausgabenpolitik der CDU hat indes eher schon amerikanische Ausmaße angenommen, in der man von einem weiteren "Hauskauf" dringen Abstand nehmen würde. Vieles hängt an Stuttgart 21 ...
Mit besten ökologischen Grüßen
Stephan Heider